Immer wieder Hakenkreuze: Problem mit Nazis in Offenbach
Schon wieder haben Nazis Hauswände in Offenbach beschmiert. Anwohner sehen Verbindung zu punktuell hohen Wahlergebnissen der AfD.
Offenbach – Die Zahl rechtsextremer Vorfälle im Zuständigkeitsgebiet des Offenbacher Polizeipräsidiums haben zugenommen. Die Steigerung von 2021 auf 2022 liegt bei knapp 12 Prozent. Wer die Werte aus dem Jahr 2018 betrachtet, muss aber schlucken: Der Anstieg liegt bei 284 Prozent. Statt 39 Fällen rechtsmotivierter Kriminalität sind es 150 im vergangenen Jahr gewesen. Nur 2020 lag die Zahl mit 177 noch höher. Meist waren es Schmierereien, dicht gefolgt von der Volksverhetzung. Und es scheint auch 2023 genau so weiterzugehen.
An die Fassade eines Wohnhauses im Stadtteil Bieber in Offenbach haben Unbekannte in der Nacht zu Sonntag vor einer Woche mit dunkler Farbe unter anderem zwei Hakenkreuze gesprüht. Dazu kommt: Bis heute gibt es zu dem Fall keine offizielle Meldung der Polizeipressestelle.

Offenbach: Beamte melden Vorfall nicht im Pressebericht des Präsidiums
Thomas Leipold, Leiter der Pressestelle des Präsidiums Südosthessen, bestätigt, dass der Vorfall nicht im Pressenewsletter der Behörde erschienen ist. „Wir wählen sorgfältig aus und können nicht alles, was passiert, veröffentlichen“, erklärt er die Entscheidung seiner Behörde. Warum man sich gerade bei einer derart prominenten Straftat mit Hakenkreuzschmierereien im Stadtgebiet zur Zurückhaltung entschieden hat, kann er nicht beantworten.
Für Leser Joachim M. ist das kaum verständlich. „Ich erhoffe mir von der Polizei bei solchen Themen bestmögliche Aufklärung“, sagt er. In einem ist er sich sicher: Im Fall der Hakekreuzschmierereien hat das offensichtlich nicht funktioniert. Hätte M. sich nicht an die Redaktion gewendet, wäre der Fall nie in der Öffentlichkeit bekannt geworden.
Währenddessen verweist M. auf die vergangenen lokalen Wahlergebnisse der rechtsgerichteten Alternative für Deutschland. Er habe sich die mal genau angeschaut, sagt er. Dabei sei auffällig, dass sich ein „brauner Streifen von Tempelsee über Bieber bis Waldhof“ ziehe, beschreibt er seine Erkenntnisse. Tatsächlich: In besagten Gebieten erzielt die AfD punktuell Spitzenwerte im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet. Um die 25 Prozent kommen gleich in mehreren Wahlbezirken zusammen.
Gefährliches Gemisch in Offenbach: „Neonazis, Querdenker und andere Rechte“
Leser M. ist überzeugt, dass es kein Zufall ist, wenn gerade dort diese Schmierereien anzutreffen sind. „Ich denke, dass wir im Osten der Stadt ein Problem mit Rechtsradikalen haben“, mutmaßt er. Da habe sich aus Neonazis, Querdenkern und anderen Rechten ein gefährliches Gemisch in Offenbach manifestiert.
Dass es gerade in Gebieten mit hohem Anteil rechter Wähler zu solchen Schmierereien kommt, ist laut Fabian Jellonek von der Vereinigung Achtsegel, die im staatlichen Auftragt ein Monitoring für rechte Vorfälle betreibt, abzusehen. „Immer, wenn Leute mit einem ähnlichen Weltbild nah beieinander wohnen, fällt es ihnen leichter, aus sich herauszugehen.“ Zudem würden sich die Täter dort auskennen und sich im heimatlichen Umfeld sicher fühlen. Offenbach sei dafür ein gutes Beispiel.
Das Risiko, erwischt zu werden, sei in einem solchen Fall viel geringer als in einer fremden Stadt, in der man oft gar nicht einschätzen könne, ob jemand vorbeikommt und einen beobachtet, erklärt Jellonek. „Also bleiben die rechten Täter oft in ihrem überschaubaren Gebiet, in dem sie sich sicher fühlen.“ (Christian Reinartz)