Impfzentrum in Offenbach: Viel Personal, wenig Kundschaft, hohe Kosten

Genügend Impfstoff, zu wenig Impfwillige. Das Missverhältnis bei der Bekämpfung von Corona ist ein medizinisches Problem. Es wird aber zunehmend auch zu einem finanziellen.
Offenbach – Die im vergangenen Jahr aus dem Boden gestampften Corona-Impfzentren, in Hessen sind es 28, sind kaum noch ausgelastet, der zeitweise Leerlauf in den Einrichtungen kostet den Steuerzahler richtig viel Geld. So hat Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) jüngst die monatlichen Betriebskosten aller Zentren auf 50 bis 60 Millionen Euro beziffert.
Zwar sollen die Impfzentren bis Ende September geschlossen werden, nicht zuletzt, weil dann die Co-Finanzierung des Bundes ausläuft, der die Hälfte zahlt. Doch nimmt man die vom Landesvater genannte Summe zur Grundlage, fallen bis dahin weiter tägliche Kosten von mehr als 70 .000 Euro pro Impfzentrum an (60 Millionen Euro geteilt durch 28 Zentren und 30 Tage).
Insider berichtet aus Offenbacher Impfzentrum: Zu viel Personal für zu wenig Corona-Impfungen
Wie sich die Situation in der Offenbacher Stadthalle darstellt, beschreibt ein Insider: So wurden dort beispielsweise am Montag etwa 230 Leute geimpft, Personal wird aber für täglich rund 800 zu Impfende vorgehalten. Insgesamt sind im Impfzentrum in Offenbach 54 Personen tätig, die Mehrzahl ist auf Minijob-Basis angestellt.
Gearbeitet wird in zwei Schichten, pro Schicht sind etwa zehn Ärzte inklusive der mobilen Teams tätig. Am Montag impfte jeder Arzt im Schnitt 10 bis 15 Personen während seiner achtstündigen Schicht. Er geht dafür am Ende mit 960 Euro nach Hause. „Es ist absurd, was derzeit da abläuft. Da sträuben sich einem alle Nackenhaare“, sagt der Informant, der seinen Namen nicht veröffentlicht haben möchte.
Zu den Personalkosten kommen die Hallenmiete sowie die Entlohnung des beauftragten Sicherheitsdienstes, der dort mehrere Dutzend Mitarbeiter beschäftigt. Beglichen werden muss die Rechnung des privaten Betreibers MED11 aus Butzbach vom Land. Unterm Strich, rechnet der Insider vor, kostet eine Corona-Impfung im Impfzentrum 200 bis 220 Euro. Zum Vergleich: Ein Hausarzt kann dafür 20 Euro abrechnen. Unsere Anfrage, ob die Kosten für die Impfzentren noch im Verhältnis zu den Impfwilligen stehen, ließ das Hessische Innenministerium unbeantwortet.
Offenbacher Impfzentrum: Impfen gegen Corona ohne Termin wird gut angenommen
Immerhin: Das seit Donnerstag in Offenbach mögliche Impfen ohne Termin wird gut angenommen. Wie Martin Heinrich berichtet, der als Vertreter der Taskforce Impfen des Landes zuständig fürs lokale Impfzentrum ist, kamen am Donnerstag zwischen 16 und 20 Uhr 150 Impfwillige ohne Termin in die Stadthalle. „Damit haben wir auf keinen Fall gerechnet. Das hatten wir so lange nicht mehr.“
Heinrich geht davon aus, dass bislang bei vielen Registrierung und Terminvereinbarung als Hürde angesehen wurden. Heinrich: „Der Erfolg der Impfkampagne hängt von niedrigschwelligen Angeboten ab. Der Ansatz, alles zu öffnen, ist der richtige.“ Impfstoff und Personal seien genügend vorhanden. „Wir müssen dahin, wo die Leute sind.“ Darum hält er es auch für wichtig, mit mobilen Stationen in die Innenstadt zu gehen, etwa auf den Wilhelmsplatz.
Das sieht auch der Informant aus dem Impfzentrum so: Die freien Kapazitäten müssten noch viel mehr fürs mobile Impfen genutzt werden. „Warum nicht das wenig ausgelastete Testcenter der Kassenärztlichen Vereinigung auf dem Mainuferparkplatz in ein Drive-In zum Impfen umfunktionieren“, schlägt er vor.
Offenbach: Mobile Impfaktionen gegen Corona sind in der Stadt geplant
Grundsätzlich verfolgt auch die Stadt diesen Kurs: Wie berichtet, öffnet am kommenden Montag eine Impfstation im Bürgerbüro in der Kaiserstraße, zudem sind in den nächsten Tagen und Wochen mobile Impfaktionen im gesamten Stadtgebiet geplant.
Von Fachleuten begrüßt wird zudem, dass nun in Offenbach auch Kinder ab 12 Jahren geimpft werden können. Für Dr. Matthias Gründler, Kinderarzt im Ruhestand, hätte das schon früher passieren können. „Ich bin froh, dass endlich die 12- bis 15-Jährigen geimpft werden können. Ich fühle mich bestätigt“, sagt er. Noch vor wenigen Tagen sei seine Frage danach einfach negiert worden. Der Schlingerkurs sowie die mangelhafte Koordination und Nicht-Einbeziehung der zuständigen Berufsgruppe, sprich der Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, ist für Gründler aber unverständlich. (Matthias Dahmer)