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Drei Offenbacher Corona-Testzentren geschlossen:
In der Stadt herrscht Mangel an kostenlosen PCR-Tests

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Von: Christian Reinartz

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Diese Hightech-Maschine wertet 16 PCR-Tests in 40 Minuten aus. Eine Mitarbeiterin demonstriert, wie sie normalerweise befüllt wird.
Diese Hightech-Maschine wertet 16 PCR-Tests in 40 Minuten aus. Eine Mitarbeiterin demonstriert, wie sie normalerweise befüllt wird. © Reinartz

Warum ist die Inzidenz in Offenbach so niedrig? Liegt es an fehlenden Testzentren? Jetzt meldet sich der Geschäftsführer der Test-Betreiberfirma zu Wort.

Offenbach – Die drei wichtigsten und größten Corona-Testzentren in Offenbach sind vor einem Monat vom Regierungspräsidium Kassel dichtgemacht worden. Seitdem ist es nur schwer möglich, als Infizierter in Offenbach einen kostenlosen PCR-Test zu erhalten.

Jetzt meldet sich der Geschäftsführer der Heusenstammer Betreiberfirma Emanto, Torsten Möller, zu Wort und erklärt, was hinter der Schließung steckt, warum er vom Gesundheitsamt enttäuscht ist und wie fatal die Testlage in Offenbach tatsächlich ist.

Corona in Offenbach Testlage ist fatal

Ihre drei Testzentren am Bieberer Berg, am Ringcenter und im Stadthaus sind seit Wochen geschlossen. Was ist da los?

Vor vier Wochen ist das Regierungspräsidium Kassel (RP) bei uns vorstellig geworden und hat unsere Arbeit überprüft. Dabei wurden meiner Ansicht nach nur sehr geringfügige Mängel festgestellt. Dennoch wurden die drei Testzentren geschlossen.

Wenn etwas nicht den Bestimmungen entspricht, ist es doch richtig, die Zentren zu schließen...

Das stimmt eben nicht. Da ging es um marginale Dinge, etwa darum, dass auf der Packung der Latexhandschuhe ein gefordertes Prüfzeichen fehlte. Aber auch das hat seine Berechtigung, deshalb haben wir innerhalb von nur vier Tagen sämtliche Beanstandungen abgearbeitet. Dennoch warten wir seit Wochen darauf, dass das Regierungspräsidium uns wieder öffnen lässt. Das Ganze ist echt ein Trauerspiel. Vor allem, weil in der Zwischenzeit die Inzidenz für Offenbach völlig verfälscht dargestellt wird.

Was heißt das genau?

Die Menschen wiegen sich in falscher Sicherheit, wenn sie etwa eine aktuelle Inzidenz von 168 sehen. Dabei wäre meiner Einschätzung nach eine Inzidenz von 1400 viel näher an der Wahrheit. Aber ohne Tests bleibt die Inzidenz natürlich unten. Das ist Augenwischerei. Warum das Gesundheitsamt dieses Problem nicht ganz klar benennt, kann ich nicht nachvollziehen. Es ist eine Tatsache, dass es in Offenbach so gut wie keine Möglichkeiten zur kostenlosen PCR-Testung gibt, seit wir unsere Testzentren schließen mussten. Aber das will keiner im Gesundheitsamt wahrhaben.

Zumindest versichert die Stadt, dass es auch jetzt noch genügend Testzentren gebe, die solche kostenlosen PCR-Tests durchführen...

Glauben Sie mir, die gibt es nicht. Entweder sind sie vom Gesundheitsamt nicht zertifiziert und können diese Tests gar nicht abrechnen. Oder sie sind zertifiziert, bieten diese Tests aber erst gar nicht an und schicken die Leute weg, weil es sich für sie nicht mehr rechnet.

Erklären Sie das.

Es gibt zwar eine Verpflichtung, bei einem vorliegenden positiven Schnelltest einen kostenlosen PCR-Test anzubieten, doch für all die Anbieter, die über kein eigenes Labor verfügen, ist das viel zu aufwendig und kostspielig. Da bleibt am Ende außer Arbeit nichts hängen, weil sie die Tests in einem externen Labor auswerten lassen müssen. Also machen das die Betreiber nur ungern.

Und Sie?

Wir haben unser eigenes Labor in Heusenstamm mit einer sündhaft teuren Ausrüstung. Wir brauchen keinen externen Dienstleister, weswegen sich die kostenlose PCR-Testung auch darstellen lässt. Das ist ja einer der Gründe, warum die Stadt schon seit Beginn der Pandemie so eng mit uns zusammenarbeitet.

Im Presseamt heißt es, dass Sie „nicht Dienstleister im Sinne einer Entlohnung durch die Stadt“ seien. Es wird Wert darauf gelegt, dass Sie nur ein Betreiber von vielen sind.

Da muss ich mich sehr wundern. Die Stadt ist am Anfang der Pandemie aktiv auf uns zugegangen und hat gefragt, ob wir Testungen im großen Stil realisieren könnten. Seitdem arbeiten wir Hand in Hand mit dem Gesundheitsamt. Ich kann Ihnen einen ganzen Stapel mit direkten Beauftragungen der Stadt vorlegen, etwa für mobile Testungen. Und die wurden natürlich auch entlohnt. Mich enttäuscht es, dass das Gesundheitsamt sich so wegduckt. Immerhin hat uns Oberbürgermeister Felix Schwenke Unterstützung angeboten und Kontakt mit dem Regierungspräsidium aufgenommen, wenn auch bisher ohne Erfolg. Bei der Stadt weiß man ganz genau, dass Offenbach in Sachen PCR-Testungen in eine absolute Schieflage durch die Schließung unserer Testzentren geraten ist.

Aber warum schließt dann das RP wochenlang diese für die Stadt so wichtigen Zentren?

Mein Eindruck ist, dass zurzeit ausschließlich die großen Betreiber ins Visier genommen werden, weil nur diese relevante Mengen an Tests durchführen. Jeder einzelne Test kostet das Land Geld. Es rechnet sich also, wenn in einer Stadt wie Offenbach plötzlich keine kostenlosen PCR-Tests mehr angeboten werden. Denn die meisten Leute verzichten einfach drauf. Das würde auch erklären, warum zahlreiche kleine Testzentren mit zum Teil eklatanten Mängeln weiter aufhaben dürfen. Sie rechnen nämlich so gut wie keine PCR-Tests ab.

Aber das würde ja bedeuten, dass man in Wiesbaden bewusst eine völlig unterschätzte Inzidenz in Kauf nimmt, um Geld zu sparen...

Es ist natürlich nur eine Vermutung. Aber ich stehe ja auch in Kontakt mit anderen großen Betreibern. Und da bietet sich zurzeit ein ähnliches Bild. Meiner Meinung nach kann das kein Zufall sein.

Aber in so einem Fall müsste doch eigentlich die Stadt aufbegehren.

Das ist ja das Perfide daran. Politik und Verwaltung sind froh, dass die Inzidenzen so niedrig sind, und das Land spart Geld. Da will man vielleicht manchmal gar nicht mehr so genau hinschauen. (Christian Reinartz)

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