Jagd auf den Wels: Wo ist Wally?

Offenbach - Die mit Spannung erwartete Umsiedlung von Wels Wally wurde gestern Morgen nach rund 18-stündiger Suche im Weiher des Dreieichparks erfolglos abgebrochen. Den Fischern ging dabei ein wesentlich kleineres Exemplar durch die Maschen.
Wie es weitergeht ist unklar. Ebenso, ob sich der Küken-Killer überhaupt noch im Weiher befindet.
Das Drama um Wally fängt ganz klein an. Am 2. Juli informiert die Stadt darüber, dass ein großer Wels im Weiher des Dreieichparks räubert. Er soll außer Fischen in dem Teich auch artgeschützte Küken von Teichhühnern und Stockenten gefressen haben. Despektierlich bezeichnet ihn unsere Zeitung deshalb als „Küken-Killer“, auch der ihm von uns verpasste Name „Wally“ findet Anklang. Und schnell wird Wally zum „Problemwels“.
Die Idee ist zunächst, dass Hobby-Angler den Fisch fangen. Es gibt aber Proteste von Tierschützern. Dann entscheidet die Stadt: Der Wels soll aus dem Teich im Offenbacher Westend raus in ein anderes Gewässer, wo er artgerecht leben kann. Der Weiher gilt ohnehin als zu klein für ihn.
Nach einer Schätzung soll Westend-Wally 1,50 Meter groß sein. Sie beruht darauf, dass der Wels im Vorjahr zwecks Bestandserfassung kurz aus dem Weiher geholt worden war. Damals wurde eine Länge von 1,20 Meter gemessen.
Ein Team professioneller Fischer wird gefunden. Berufsfischer Dieter Stitz und seine drei Kollegen legen am Samstagmittag ein Riesen-Netz aus. Die Aktion stößt auf großes Interesse der Anwohner. Stunden um Stunden harren die Fischer aus - doch nichts tut sich.
Ist der Wels ein Killerfisch?
Der Wels habe verschiedene Küken gefressen, sagt Anwohnerin Helga Meyer. Deshalb sei es besser, wenn er gefangen und weggebracht werde. Ein Nachbar berichtet, er habe den Wels vergangenes Jahr während der Bestandserfassung gesehen. Er schätzt, das Tier sei damals etwa 1,30 Meter groß gewesen.
Doch ist der Wels ein Killerfisch? Fest steht lediglich: Der Weiher ist voller Fische. Am Samstagabend warten die Fischer, dass der breitmäulige Raubfisch ins Netz geht. Dann keimt die Hoffnung, dass das nachtaktive Tier in der Dunkelheit noch ins Netz geht.
Am frühen gestrigen Morgen kommt dann ein wenig Bewegung in den Fall: „Der Wels hat einen Fisch ausgespuckt und ist uns buchstäblich durch die Maschen gegangen“, sagt Stitz. „Ganz einfach.“ Er sei aber keine 1,50 Meter groß. Er schätzt die Größe des Fischs auf gerade mal einen Meter. „Das ist ein ganz kleiner“, ist er sich sicher. Und: Der Fisch habe Stress gehabt und die Netze bemerkt. Dass er einen Fisch ausspuckt, ist für den Fachmann „ganz eindeutig ein Indiz, dass da ein Raubfisch drin ist“. „Es kann auch ein Hecht sein, aber so wie es aussieht, war das ein Wels.“
Die Aktion der Stadt wird gestern Morgen etwa gegen 7 Uhr vorerst abgebrochen. Die Kosten für den bisherigen Einsatz sind unklar - von einem vierstelligen Betrag dürfte auszugehen sein.
Ob Wally doch noch gefangen werden soll, ist offen. Die Stadt will das weitere Vorgehen heute abstimmen. Stadtsprecher Fabian El Cheikh weist darauf hin, dass Wally sich möglicherweise gar nicht mehr im Weiher befindet. Berufsfischer Stitz halte es für denkbar, so El Cheikh, dass Schwarzangler den als Speisefisch beliebten Wels längst rausgeholt haben.
Gestern ist nur noch ein rot-weißes Sperrband am Dreieichpark-Weiher zu sehen, das am Boden liegt. Zwei Entenküken ziehen friedlich ihre Bahnen im Gewässer, zwei weitere picken am Ufer im Rasen. (dpa/mad)