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Kampfabstimmung um CDU-Vorsitz

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Von: Matthias Dahmer

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Der Vorstand des CDU-Kreisverbands Offenbach: Vorsitzender Andreas Bruszynski (Mitte) und seine Stellvertreter (von links): Michaela Makosz, Roland Walter, Tobias Grün und Kim-Sarah Speer.
Der Vorstand des CDU-Kreisverbands Offenbach: Vorsitzender Andreas Bruszynski (Mitte) und seine Stellvertreter (von links): Michaela Makosz, Roland Walter, Tobias Grün und Kim-Sarah Speer. © georg

Amtsinhaber Andreas Bruszynski behauptet sich knapp gegen Ex-Bürgermeister Peter Freier

Es ist ein Novum in der jüngeren Geschichte der üblicherweise an Geschlossenheit kaum zu überbietenden Offenbacher CDU: In einer Kampfabstimmung um den Vorsitz hat sich der bisherige Amtsinhaber Andreas Bruszynski knapp gegen Ex-Bürgermeister Peter Freier durchgesetzt. Beim Parteitag am Samstag votierten bei zwei Enthaltungen 19 der 37 Delegierten für Bruszynski und 16 für Freier. Zugleich geriet die Zusammenkunft im Pfarrheim von St.Nikolaus in Bieber zur schonungslosen Abrechnung mit der CDU-Politik der vergangenen Jahre und offenbarte tiefe Gräben innerhalb der 356 Mitglieder zählenden Partei.

Peter Freier, der seine Kandidatur zuvor nicht öffentlich gemacht hatte, kritisierte in seiner Bewerbungsrede, die Offenbacher Union habe derzeit keine Strategie für die Kommunalwahlen 2026. „Die Partei wird nicht geführt, das muss sich ändern“, so Freier. Die CDU müsse wieder sichtbarer werden. Zugleich betonte er, mit seiner für viele sicher überraschende Kandidatur seien keinerlei Ambitionen auf das Amt des Oberbürgermeisters oder auf ein Landtagsmandat verbunden. In dieser Hinsicht sei sein Bedarf gedeckt, zumal er seit Anfang des Jahres einen neuen Job im Hessischen Innenministerium habe.

Andreas Bruszynski, der im März 2020 nach 26 Jahren Stefan Grüttner an der Unionsspitze abgelöst hatte, warb für seinen Kurs, bei dem er auf Teamarbeit setze. Eine Kampfkandidatur, so der Parteichef, sei kein Indiz für Geschlossenheit. Die Schlappe bei der Kommunalwahl werde unter anderem durch eine Mitgliederbefragung aufgearbeitet, was bei vergangenen Niederlagen nicht immer der Fall gewesen sei. Künftig gelte es, die Position der Partei besser darzustellen und eine Strategie zur Mitgliederwerbung zu entwickeln. „Wir müssen Themen mit Köpfen verbinden, wir sind die Volkspartei“, so Bruszynski, der das Motto ausgab: „Nicht reden, sondern machen.“

Einer von Bruszynskis Fürsprechern war Fraktionschef Roland Walter: Die Offenbacher CDU habe über Jahrzehnte auch bei Wahlniederlagen ihre Führungspersönlichkeiten unterstützt. Kritik sei in persönlichen Gesprächen vorgebracht worden, es habe keine Lagerkämpfe gegeben, so Walter. Zudem habe es eine Aufarbeitung von Niederlagen, so wie sie derzeit erfolge, bislang nie gegeben. „Ich unterstütze Andreas und sein Team, und ich sehe keine Argumente für einen Führungswechsel“, betonte Walter. Auch Michael Herzberg, Vorsitzender der Bieberer Union, stärkte dem amtierenden Parteichef den Rücken: Andreas Bruszynski habe einen neuen Führungsstil eingeführt, den Ausgang der Kommunalwahl habe nicht er zu verantworten.

Für Peter Freier legten sich Ehrenvorsitzender Stefan Grüttner und Sigrid Isser ins Zeug. Dabei warfen sie vor allem Freiers Bekanntheitsgrad in die Waagschale. „Die CDU fehlt im vor-politischen Raum, bei Vereinen, Verbände oder den Kirchen. Zudem wissen die Mitglieder nicht, was die CDU leistet“, so Sigrid Isser. Die Union müsse näher an die Menschen und „viele kennen Peter“.

Vor der Kampfabstimmung hatten die CDU-Granden Matthias Graf und Stefan Grüttner schonungslos Bilanz gezogen. Man habe schon mehrfach am Abgrund gestanden, doch nun sei man „aufgedotzt im Abgrund“, fand Graf drastische Worte. Dafür, dass die CDU bei der Kommunalwahl auf 18 Prozent abgestürzt sei, drei Mandate im Stadtparlament weniger habe und nur noch dritte Kraft hinter SPD und Grünen sei, könne man nicht Landes- oder Bundespolitik verantwortlich machen. Besonders erschreckend, so Graf, seien die Verluste in den einstigen Hochburgen. Dies alles bedeute einen enormen Verlust an Gestaltungsmöglichkeiten. „Wir müssen einiges falsch gemacht haben“, befand Graf. Stefan Grüttner nahm unter anderem die Arbeit der CDU in der Tansania-Koalition ins Visier. Die Union sei angesichts der Wahlergebnisse wohl kaum wahrgenommen worden, mutmaßte er.

Zu Stellvertretern von Andreas Bruszynski wurden gewählt: Tobias Grün, Michaela Makosz, Kim-Sarah-Speer und Roland Walter. Den geschäftsführenden Vorstand komplettieren Schatzmeister Rolf Schmitz und Schriftführer Marc Oliver Junker.

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