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„Kennen jeden Mieter persönlich“

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Von: Matthias Dahmer

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Der Vorstand (von links): Theresia Keller-Schönmann, Uwe Frickel und Bärbel Resch.
Der Vorstand (von links): Theresia Keller-Schönmann, Uwe Frickel und Bärbel Resch. © dahmer

Ketteler Baugenossenschaft wurde 1950 gegründet

Es gibt Unternehmen, die laufen seit Jahrzehnten weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit. Und das erfolgreich. Dazu gehört die Gemeinnützige Ketteler Baugenossenschaft e.G. in Offenbach.

1950 als Selbsthilfeorganisation in einem Kellerraum gegründet, besitzt die Ketteler Baugenossenschaft inzwischen 52 Immobilien mit insgesamt 321 Wohnungen. Sie ist damit die kleinste Baugenossenschaft in der Stadt. Das Angebot reicht von der frisch renovierten 50er-Jahre-Anlage über zentral gelegene Mehr-Parteien-Häuser bis zum neuen Wohnhaus für vier Parteien im Landhausstil.

Die Wohnungen vermietet zu bekommen, ist kein Thema, auf Inserate in den üblichen Portalen kann die Baugenossenschaft verzichten. „Wir haben im Moment nur eine Wohnung frei.“, sagt Verwaltungsvorstand Uwe Frickel. Dass die Ketteler-Quartiere begehrt sind, ist nicht allein der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt geschuldet. Die Attraktivität beruht vor allem aus dem Genossenschaftsgedanken. Denn wer mieten will, muss vorher Mitglied werden und Genossenschaftsanteile zeichnen, die je nach Wohnungsgröße variieren. Pro Zimmer sind dies einmalig 150 Euro. Danach folgen die üblichen Regularien eines Mietvertrags.

Dafür gibt es für den Mieter dann aber auch eine „sichere, fast eigentumsähnliche Rechtsposition“, wie Theresia Keller-Schönmann formuliert, die sich im Vorstand um die Finanzen kümmert. Unter anderem erhalten Mieter lebenslanges Wohnrecht, müssen keine Eigenbedarfskündigungen befürchten und zahlen vergleichsweise niedrige Mieten. „Und wir planen trotz der derzeitigen Umstände keine Mieterhöhungen“, betont die Finanzchefin. Ohnehin arbeite man nicht gewinnorientiert, sondern decke mit den Einnahmen die laufenden Kosten und schaffe ein Polster für Modernisierungen. „Und wir nehmen für unsere Investitionen keine Kredite auf“, sagt Keller-Schönmann.

Für die sichere Rechtsposition wird im Gegenzug vom Mieter eine gewisse Solidarität verlangt. Dazu gehören für die Mieter außer den regelmäßigen Mietzahlungen die Einhaltung der Hausordnung (zum Beispiel das Reinigen von Treppe und Flur im Wechsel mit den Nachbarn) und das Interesse an einem nachbarschaftlichen Miteinander. Dies kann eine Handreichung für einen älteren Nachbarn oder die Hilfe für eine junge Familie sein.

Jüngstes, gerade fertiggestelltes Projekt der Ketteler Baugenossenschaft ist die in zwei Abschnitten erfolgte energetische Sanierung der Wohnanlage Brüder-Grimm-Straße 4-26, die insgesamt rund zwei Millionen Euro gekostet hat. Neubauten sind nicht geplant, die letzten entstanden 2015. Weitere Grundstückskäufe könne man sich aufgrund der derzeitigen Marktlage nicht leisten, sagt Uwe Frickel. „Dazu ist unsere Baugenossenschaft einfach zu klein.“ Was ihn ärgert: Obwohl die Stadt ständig appelliere, verdichtet zu bauen, habe sie eine geplante Aufstockung der nun sanierten Wohnanlage in der Brüder-Grimm-Straße in Holzbauweise verweigert.

Mit gerade mal acht Leuten stemmt die Baugenossenschaft ihr Geschäft. Außer dem nebenamtlich tätigen Vorstand, der von Bärbel Resch komplettiert wird, die sich um die Bau- und Sanierungstätigkeiten kümmert, sind dies drei kaufmännische Angestellte in Teilzeit, ein Hausmeister und eine Reinigungskraft.

Gemanagt wird das Ganze in schlichten, zu Büros umfunktionierten Wohnräumen am Odenwaldring 43a. Nur ein eher unscheinbares kleines Schild an der Hauswand weist darauf hin, dass dort die Baugenossenschaft zu finden ist, so mancher Mietinteressent hat es schon übersehen.

„Auf repräsentative Büros können wir verzichten“, übt sich Verwaltungsvorstand Frickel in Bescheidenheit. „Dafür kennen wir aber jeden Mieter noch persönlich.“

Frisch energetisch saniert: die Wohnanlage der Ketteler Baugenossenschaft in der Brüder-Grimm-Straße 20-26.
Frisch energetisch saniert: die Wohnanlage der Ketteler Baugenossenschaft in der Brüder-Grimm-Straße 20-26. © p

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