Kritik am Kurs der Offenbacher SPD

Die geplanten Einschnitte beim ÖPNV sorgen weiter für Unruhe in der Stadt. Politisch scheint es dagegen eindeutig zu sein: Die Vertreter der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wollen am 19. Mai für die umstrittenen Einsparungen – darunter die Abschaffung der Linie 106 – stimmen.
Offenbach - Die Grünen haben bereits das Konzept ihrer Dezernentin, Bürgermeisterin Sabine Groß, verteidigt, ebenso die SPD. Auffällig still verhält sich der kleinste Koalitionspartner, die FDP. Doch auch wenn die Sozialdemokraten nach außen das Konzept verteidigen, in der Partei macht sich Unmut breit, wie unserer Zeitung von verschiedenen Seiten zugetragen wurde. Gerade ältere Genossen zeigen sich verärgert über das Agieren ihrer Partei in dieser Angelegenheit. Erich Strüb, als streitbarer Sozialdemokrat in der Stadt bekannt, nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Die Schuld an der Misere sieht Strüb bei den Grünen. „Das fing mit der Anschaffung der Elektrobusse an – da wurde nicht hinterfragt, was das kostet, sondern einfach eingekauft“, sagt er.
Mit Verwunderung habe er festgestellt, dass die Grünen in der vorigen Tansania-Koalition von den Partnern nicht gebremst wurden und nun in der neuen Koalition könne er nicht nachvollziehen, dass auch seine Partei den Grünen willfahre.
Die geplanten Einsparungen beim ÖPNV seien überaus schmerzhaft, erklärt SPD-Parteichef Christian Grünewald, er könne verstehen, dass daran Kritik geübt werde. „Auch aus der eigenen Partei hat es viel Kritik gegeben“, sagt er. „Ich kann aber nur versuchen zu erklären, weshalb die Einsparungen nötig sind – ich kann niemanden überreden, begeistert zu sein.“ Auch wenn es schmerze, er stehe zu dem ausgehandelten Konzept, betont Grünewald. An der Arbeit oder an einem der Koalitionspartner will er daher auch keine Kritik üben. „Die SPD steht zur Koalition“, heißt es.
Andere über die Vorgänge informierte Mitglieder sind weniger zurückhaltend: Interessanterweise nehmen diese jedoch die Beauftragung eines Beratungsunternehmens für die Einschnitte im Mobilitätssektor von ihrer Kritik aus. Nur durch den Einsatz des Unternehmens würden den Stadtverordneten erstmals realistische Zahlen zum OVB vorliegen, heißt es. Grünewald möchte dies nicht kommentieren. Eine „Dominanz der Grünen“, wie Strüb und andere Genossen fürchten, gibt es seiner Meinung nach nicht. „Die Grünen haben aber einen klaren Kompass bei dieser Thematik, das fällt natürlich auf“, sagt Grünewald. Rücktrittsforderungen in Richtung der Bürgermeisterin, wie etwa Strüb sie stellt, stünden nicht zur Debatte, betont der Parteichef: „Wir arbeiten als Partner in der Koalition.“
Andere Vorwürfe wie der, dass die SPD zu sehr auf Oberbürgermeister Felix Schwenke zentriert sei und zum „Schwenke-Abnick-Verein“, wie einige kritische Mitglieder es nennen, verkomme, seien bekannt. „Diese Debatte gab es schon unter OB Grandke“, erklärt Grünewald. Dass es gerade ältere Mitglieder sind, die sich kritisch über den Kurs ihrer Partei äußern, verwundert nicht: Etwa bei der jüngsten Debatte um mögliche Übertragungen aus der Stadtverordnetenversammlung zeigte sich nämlich, dass die jüngeren Fraktionsmitglieder eine völlig andere Linie als die älteren verfolgten.
Einen Generationenkonflikt sieht Parteichef Christian Grünewald aber nicht, auch wenn „manche Diskussion schon entlang der Altersgrenze“ verlaufe, wie er einräumt.
Von Frank Sommer