Kritik an Einführung des qualifizierten Mietspiegels reißt nicht ab

In der Diskussion um die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels sind die Fronten verhärtet: Während Bürgermeisterin Sabine Groß und die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP diesen verteidigen, lehnen ihn Offenbacher Mieterbund und Eigentümerverein sowie CDU und Linke ab.
Offenbach - Ein Antrag der CDU, die Erstellung des qualifizierten Mietspiegels zurückzustellen, wurde wenig überraschend von der Koalition abgelehnt. Diese möchte der Bundesregierung willfahren, die in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben hat, dass Städte über 50 000 Einwohner ein solches Werk vorlegen müssen.
Bei den Koalitionsvertretern herrsche vor allem Unverständnis über die Kritiker vor: In Bund und Land hätten sich Mieterbund und die Linke eindeutig für die Einführung eines qualifizierten Mietspiegels positioniert, sagt Groß, es sei nicht verständlich, weshalb sich die lokalen Ableger daher dagegen sperren würden. Außerdem biete diese Variante mehr Rechtssicherheit für Mieter wie Vermieter als der bisher in Offenbach praktizierte einfache Mietspiegel. „Schädlich für Mieter“ sei das Oppositionsansinnen, sagt Grünen-Chef Tobias Dondelinger, der mit persönlichen Erfahrungen auf dem Mietmarkt argumentiert. Weiter heißt es von den Grünen, dass ein einfacher Mietspiegel Offenbach bisher nicht vor steigenden Mieten geschützt habe.
Die von der Opposition angegebenen Kosten in Höhe von fast einer halben Million Euro, die jedes mal für die Erstellung des Vergleichswerks anfallen, hält Groß für zu hoch angesetzt: Eine erste Markterkundung hätten Kosten von 100 000 Euro ergeben, die regelmäßig anfielen.
Eindringlich warnen dagegen CDU und Linke vor den Gefahren dieses Unterfangens – und dabei nicht nur vor den hohen Kosten der Erstellung. Auch für die Offenbacher Mieter könnte es nämlich durch einen qualifizierten Mietspiegel zu einem bösen Erwachen kommen, wie CDU-Parteichef Andreas Bruszynski betont, der als Vertragsanwalt für den Mieterbund fungierte. Ein rein unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, ohne Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten erstelltes Werk könnte nämlich durchaus zu dem Schluss kommen, dass etwa im Vergleich zu Frankfurt die Offenbacher Mieten zu niedrig angesetzt seien – die Folge wäre, dass die Offenbacher Mieten steigen müssten. „Angesichts der zentralen Lage der Stadt im Ballungsraum scheint das nicht unrealistisch“, sagt er.
Markus Philippi von den Linken gibt zudem zu bedenken, dass ein qualifizierter Mietspiegel auch Auswirkungen auf die von der Stadt zu tragenden Kosten der Unterkunft für Leistungsempfänger haben könnte und so der Haushalt weiter belasten werde. Wenn wirklich der Gesetzgeber einen solchen Mietspiegel verpflichtend mache, dann sei es auch an diesem, sich um die Bezahlung der dafür anfallenden Kosten zu kümmern. Ansonsten sei Offenbach in der Vergangenheit gut mit dem einfachen Mietspiegel gefahren, sich ohne Not auf Mehrkosten einzulassen, sei angesichts der Haushaltslage unnötig.
CDU-Mann Bruszynski ist es auch, der die Koalitionäre auf ein finanzielles Missverständnis hinweist: Die von der Koalition als Vorteil genannte einmalige Förderung durch das Land betrage zwar 70 Prozent, doch ist sie gedeckelt, was diese entweder verschwiegen oder bisher schlicht übersehen habe: Maximal 70000 Euro wird das Land beisteuern, alle weitere Kosten habe die jeweilige Kommune zu tragen. „Außerdem wird dieser Zuschuss nur einmalig gewährt: Der qualifizierte Mietspiegel muss alle zwei Jahre angepasst und alle vier Jahre komplett neu berechnet werden.
Mehr Rechtssicherheit biete ein wissenschaftliches Werk zudem nicht, sagt Andreas Bruszynski. Im Streitfall entscheide weiter das Gericht.
Von Frank Sommer