Streit um Elterntaxis: Anwohner und Schule fordern strengere Maßnahmen

Der Elterntaxi-Streit an der Anne-Frank-Schule in Offenbach eskaliert regelmäßig. Weil die Polizei und die Rektorin ratlos sind, soll jetzt die Stadt helfen.
Offenbach – Wenn’s ums eigene Kind geht, kennen sogenannte Helikoptereltern keine Rücksicht. Vor allem dann nicht, wenn es darum geht, die Kleinen möglichst sicher und ohne große Anstrengung direkt vor dem Schultor abzusetzen. Das Problem: Die Zahl der übersorgten Eltern wächst offenbar stetig und damit auch die Zahl der sogenannten Elterntaxis.
Das Phänomen gibt es freilich an nahezu jeder Grundschule in Offenbach. Ein Extremfall stellt jedoch offensichtlich die Sackgasse vor der Anne-Frank-Schule dar. Dort herrscht nahezu jeden Morgen das absolute Verkehrschaos – inklusive krakeelender Eltern, Beinahe-Unfällen und Gewaltandrohungen, wenn sich mal jemand bei den Wildparkern beschwert.
Uwe App und seine Frau Ramona haben selbst ein Kind, das die Frank-Schule besucht und ärgern sich über die rücksichtlosen Elterntaxis. „Jeden Morgen kommt es hier zu lebensgefährlichen Situationen, weil diese Leute völlig rücksichtslos vor die Schule brettern“, beschreibt Uwe App die Situation. Dann werde waghalsig gewendet, auf dem Bürgersteig geparkt oder blind rangiert. „Und das alles, während die Kinder zur Schule kommen.“

Elterntaxis in Offenbach ernten kein Verständnis: „Diese Leute sind absolute Egoisten“
Verständnis haben die beiden für die Faulheit der Elterntaxi-Fahrer nicht. „Diese Leute sind absolute Egoisten, denen es völlig egal ist, ob sie durch ihr Verhalten andere Kinder in Gefahr bringen.“ Schon mehrfach sei es fast zu Unfällen gekommen, weil wieder ein Vater unter Zeitdruck in der engen und zugestellten Sackgasse gewendet habe.
Ihre Schilderungen belegen die Apps mit einer ganzen Sammlung an Beweisfotos, die das morgendliche Chaos an „einem ganz normalen Schultag gegen 8.30 Uhr“ zeigen. Darauf zu sehen sind nicht nur Eltern, die auf jedes Halteverbot pfeifen und sogar auf Grünstreifen parken, nur um ihre Kinder direkt vor die Schule chauffieren zu können. Die Bilder zeigen auch, dass ebendiese Eltern gerne noch am Schulzaun stehen und ihren Kindern nachschauen. „Das ist mittlerweile für viele eine richtige Plauschecke geworden“, sagt App. „Da wird erstmal gemeinsam eine geraucht und sich unterhalten.“ Manchmal dauere das Ganze bis zu 30 Minuten.
Auch Hausmeister Farok Assakali und Kollege Stefan Jäger sind sauer, wegen der dreisten Elterntaxis. Jeden Morgen haben sie Probleme, etwa, wenn eine Möbellieferung ankomme. Dann komme es vor der Schule zur totalen Blockade, sagt Assakali. Die Eltern aber aufzufordern, das Halteverbot vor der Schule zu beachten, haben die beiden längst aufgegeben. Stefan Jager: „Ich sage da gar nichts mehr, weil ich keine Lust auf Ärger habe.“ In der Vergangenheit sei ihm von den Elterntaxi-Fahrern sogar gedroht worden.
Schulleiterin in Offenbach ist ratlos: „Leute sind durch vernünftige Ansprache nicht mehr zu erreichen“
Und Schulleiterin Karine Mentrel zeigt sich ratlos, ob der renitenten Chauffeure. „Es betrifft ja wirklich nicht alle Eltern, aber eben einen Teil“, sagt sie. „Diese Leute sind durch eine vernünftige Ansprache nicht mehr zu erreichen.“ Sie seien so auf ihr eigenes Wohl und die Bequemlichkeit ihrer Kinder fixiert, dass sie sich durch nichts von ihrem Vorhaben abbringen lassen würden.
Auch die Stadtpolizei hat offenbar erkannt, dass es bei der Anne-Frank-Schule hoch hergeht. „Wir haben dort einen Dauerkontrollauftrag“, sagt Lothar Haack, Leiter der Truppe. Zuletzt sei dort am 17. und 22. Februar kontrolliert worden. Er räumt allerdings ein: „Wir machen das aber uniformiert.“ Und zwar aus einem guten Grund: Würden seine Leute in Zivil an die Fahrer herantreten, könne es schnell zu unangenehmen Situationen kommen.
Nun fordern alle Betroffenen die Stadt auf, eine bauliche Lösung zu schaffen, um die Lage vor der Anne-Frank-Schule zu entschärfen. Die bereits installierten Halteverbotsschilder würden ignoriert. Auch die Kontrollen der Stadtpolizei in Uniform seien wirkungslos. „Die stellen sich mit ihrem weithin sichtbaren Einsatzwagen direkt vor die Schule“, sagt App. Die Elterntaxis würden an einem solchen Tag dann gar nicht erst vors Schultor fahren. „Wir haben wirklich alles versucht. Aber das Ganze funktioniert nur, wenn man den Leuten die Zufahrt verbaut.“ (Christian Reinartz)
Kommentar: Schulweg gnadenlos freipollern
Dass es vor Offenbacher Schulen zu Wild-West-Situation im Kampf um den besten Elterntaxi-Parkplatz kommt, ist das Ergebnis jahrelanger Zugeständnisse an eine überbesorgte Elterngeneration. Die hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Nachwuchs um jeden Preis, mit lauteren und auch unlauteren Mitteln, von den Gefahren und den Unwägbarkeiten dieser Welt abzuschirmen.
Es ist eine Taktik der Aushöhlung. Eine Taktik, die seit Jahren trefflich funktioniert, weil Schule und öffentliche Hand zu gutmütig sind. Sie legen sich nur ungern mit Eltern an, die getrieben vom Helikopter-Wahn und dem gegenseitigen Anstacheln in Whats-App-Elterngruppen, zu allem bereit scheinen.
Die Schulleiterin hat es auf den Punkt gebracht. Diese Eltern sind durch logische Argumente nicht mehr zu erreichen. Diefreidrehenden Emotionen haben längst den Steuerknüppel übernommen. Dieser Renitenz würde man auch mit einer peniblen Kontroll-Routine nicht mehr beikommen. Das einzige, was in diesem Stadium noch helfen kann: den Schulweg gnadenlos freipollern. Nur so können auf dem Boden gebliebene Eltern ihre Kinder wieder jeden Morgen ohne Angst zu Fuß losschicken. (Christian Reinartz)