1. Startseite
  2. Offenbach

Tierische Verstärkung: Therapiehund „Pelle“ hilft Offenbacher Schülern beim Lernen

Erstellt:

Von: Veronika Schade

Kommentare

Ein starkes Team in Tempelsee: Anna Stahlhut und Mischling Pelle.
Ein starkes Team in Tempelsee: Anna Stahlhut und Mischling Pelle. © p

Therapiehund „Pelle“ unterstützt die Kinder der Waldschule in Offenbach beim Lernen. Manche wachsen durch ihn regelrecht über sich hinaus.

Offenbach – Wo Pelle auftaucht, schlagen Kinderherzen höher. Der hübsche Mischling ist schon beim Gang durchs Schulgebäude an der Seite von Lehrerin Anna Stahlhut ein Star. „Darf ich ihn streicheln?“, ertönt es von allen Seiten. Klar dürfen die Kinder das – und er genießt die Zuwendung. Steht ruhig, zeigt seinen treuen Hundeblick. Vor Kurzem hat der Dreijährige seine Ausbildung zum Therapiehund abgeschlossen und ist aus dem Alltag an der Waldschule nicht mehr wegzudenken.

Die Grundschule in Tempelsee war im Jahr 2010 die erste in Offenbach mit einem Schulhund. Oskar hieß der treue Kerl, der bis zuletzt im Einsatz war und unvergessen bleibt. Zehn Jahre lang hat er Schülern zugehört, mit ihnen gespielt, ihnen Ängste genommen und durch seine Anwesenheit erfreut. Pelle ist seit 2021 sein Nachfolger – und hat mit seiner Zusatz-Qualifikation noch eine Schippe draufgelegt. „Als Therapiehund ist er jeder Situation gewachsen und in allen denkbaren Konstellationen einsetzbar. Wir dürfen jetzt auch zusammen von anderen Schulen angefordert werden, waren vor Kurzem an der Marienschule“, erläutert Anna Stahlhut.

Waldschule in Offenbach: Pelle stammt aus Portugal

Die Ausbildung, die nur knapp die Hälfte der Anwärter schafft, kostete mehrere tausend Euro. Sie wurden gänzlich vom Förderkreis der Schule übernommen. „Dafür sind wir sehr dankbar, denn die Schule könnte das allein nicht stemmen“, betont Schulleiter Tobias Stahlhut. Umgang mit Tieren ist fest im Schulkonzept verankert, was sich etwa auch in den Projekten mit Bienen und Hühnern niederschlägt. Mit Labrador Eddie von Kollegin Natalie Druckenbrod ist vergangenes Jahr sogar ein zweiter Vierbeiner dazugekommen, der sich in der Ausbildung zum Schulhund befindet. Vor Schuleintritt wird bei allen Kindern eine Allergieabfrage gemacht, berichtet Anna Stahlhut: „Sollte jemand eine Tierhaarallergie haben, können wir es so einrichten, dass kein direkter Körperkontakt zum Hund besteht.“

Dass Pelle sich so erfreulich entwickeln würde, ist keine Selbstverständlichkeit. Er kommt aus dem Tierschutz, stammt ursprünglich aus Portugal. Zwar habe sie explizit nach einem freundlichen, entspannten Hund gesucht mit dem Ziel, ihn als Schulhund einzusetzen, doch war sie ihm vor der Vermittlung nicht begegnet. Doch als er ankam, habe sie schnell gemerkt: „Er ist sehr positiv eingestellt, hat ein super Stressmanagement. Er bleibt entspannt, wenn 25 Kinder auf ihn losstürmen und ihn anfassen.“ Und ist damit für den Job der Richtige.

Therapiehund in Offenbach: „Sobald es aber zum Hund gesprochen hat, stotterte es nicht mehr“

Dass er aus dem Ausland stammt, finden die Schüler toll, besonders diejenigen, die selbst Wurzeln außerhalb Deutschlands haben. Viele von ihnen hatten bisher keinen Umgang mit Hunden, sind anfangs zurückhaltend, teils sogar ängstlich. Doch Pelle hat gelernt, niemals aufdringlich zu sein, niemanden anzuspringen oder abzulecken, nicht zu bellen. So entsteht auch bei anfangs skeptischen Kindern Vertrauen und Sicherheit – was sich in vielerlei Hinsicht positiv auswirkt. „Sie lernen, seine Körpersprache zu deuten, werden fit gemacht für den Umgang mit Hunden“, sagt die Lehrerin. „Wie oft erlebe ich draußen Kinder, die richtig Panik beim Anblick eines Hundes haben.“ Dem gegenzusteuern, sei für sie ein großer Motivator.

Bei der Vermittlung von Unterrichtsstoff profitieren die Kinder ebenfalls von der Fellnase. „Gerade auch Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten bekommen allein durch seine Anwesenheit viel mehr innere Ruhe“, so Stahlhuts Erfahrung. Sie freuen sich, wenn Pelle zu ihnen kommt, sich neben sie setzt oder legt, verhalten sich ruhiger und konzentrierter. Im Deutschunterricht übernimmt er die Funktion des Vorlesehundes, hört zu, während die Schüler vorlesen. Oder er trägt als „stille Post“ Botschaften in einem Beutel von einem Kind zum nächsten. Oder die Kinder dürfen ihm ein Leckerchen geben, nachdem sie frei erzählt haben. „Ihm etwas Gutes zu tun, ist für sie ein großer Anreiz, ihre Ängste abzulegen. Manche wachsen regelrecht über sich hinaus.“ Die Pädagogin erinnert sich an ein Kind, das Stotterer war: „Sobald es aber zum Hund gesprochen hat, stotterte es nicht mehr.“

Offenbach: Für alle 320 Waldschüler sind feste Schulhundestunden vorgesehen

Auch im Mathe-Unterricht kann Pelle eingesetzt werden – so wird etwa Division verständlich, wenn Leckerchen aufgeteilt werden. Im Sportunterricht motiviert ein Parcourslauf mit Hund gleich viel mehr. Auch Waldspaziergänge oder aktuell das „Frühlingssuchen“ tragen zur Bewegungsfreude der Schüler bei. Übungen fürs soziale Miteinander sind ebenfalls Bestandteil von Pelles Repertoire. Und wenn ein Schüler morgens nicht in die Schule gehen will, kriegt er am Tor die Leine in die Hand gedrückt – schon klappt es.

Lieben ihre Vierbeiner: Die Waldschüler und die Lehrerinnen Anna Stahlhut und Natalie Druckenbrod mit den Schulhunden Pelle und Eddie.
Lieben ihre Vierbeiner: Die Waldschüler und die Lehrerinnen Anna Stahlhut und Natalie Druckenbrod mit den Schulhunden Pelle und Eddie. © vs

Stahlhut ist Klassenlehrerin einer zweiten Klasse, die dadurch den meisten Kontakt zu Pelle hat. Doch für alle 320 Waldschüler sind feste Schulhundestunden vorgesehen – mindestens zwei bis drei pro Halbjahr, aufgeteilt auf 15 Klassen beziehungsweise Lerngruppen. Das bedeutet viel Arbeit für Pelle. „Daher braucht er seine Pausen“, weiß Stahlhut. Er hat feste Rückzugsorte, an denen er nicht gestört wird, bleibt an manchen Tagen zu Hause. Zwischendurch geht es für ihn öfter raus in den angrenzenden Wald. „Und wenn Ferien sind, kann er es kaum erwarten, wieder zur Schule zu kommen“, freut sich sein Frauchen. Außerdem ist da ja auch noch Eddie. Für noch mehr tierische Verstärkung... (Veronika Schade)

Die Fertigstellung der neuen Grundschule in Heusenstamm neben der Polizeistation verzögert sich erneut. Das teilte der Kreis mit.

Auch interessant

Kommentare