Lieferdienst-Start-up: Angriff auf Offenbachs Apotheken
Der Lieferdienst Mayd will Offenbach mit Medikamenten aus Frankfurt beliefern. Dabei beliefern die örtlichen Apotheken schon seit vielen Jahren ihre Kunden.
Offenbach – Ein Lieferdienst-Start-up mit Sitz in Berlin weitet aktuell sein Angebot auf Offenbach aus. Doch statt wie üblich Pizza oder Lebensmittel bringt der Fahrer Medikamente. Die Idee: Produkte aus dem Apothekensortiment können online bestellt werden. Innerhalb von 30 Minuten sollen sie an die Haustür geliefert werden – so lautet zumindest die vollmundige Erklärung des Anbieters mit dem Namen Mayd.
Lokale Apotheken sehen den Vorstoß des Anbieters, der deutschlandweit tätig ist, kritisch. „Da wird versucht, eine Dienstleistung anzubieten, die wir im Grunde schon immer anbieten“, sagt Franziska Hoeffer, Sprecherin der Offenbacher Apotheker und Inhaberin der Apotheke Zum Löwen. „Nur, dass Mayd keine rezeptpflichtigen Medikamente liefern darf.“ Einziger Unterschied sei, dass die örtlichen Apotheken in den meisten Fällen nicht innerhalb von 30 Minuten liefern.
Lieferdienst Mayd neu in Offenbach: Werden lokale Apotheken unterstützt?
Auch beim Hessischen Apothekerverband kann Sprecherin Katja Förster nur den Kopf schütteln. „Wir beobachten, dass solche Angebote jetzt verstärkt aufkommen“, sagt sie. „Der Nutzen für den Kunden allerdings erschließt sich uns nicht.“ Dazu kommt: Mayd behauptet, bei seinem Angebot mit lokalen Apotheken zusammenzuarbeiten und damit auch die Anbieter vor Ort zu unterstützen.

Auf Nachfrage allerdings gibt sich eine Firmensprecherin zunächst verschlossen. Ob und welche Apotheken in Offenbach bei dem Lieferdienst mitmachen, wolle sie nicht preisgeben – Geschäftsgeheimnis!
Apothekerin Franziska Hoefer jedenfalls ist überzeugt: „Nach meiner Information gibt es keine Apotheke in Offenbach, die bei Mayd mitmacht.“ Damit konfrontiert rückt Mayd dann mit der Sprache heraus: „Wir arbeiten kontinuierlich an unserer Expansion und bieten unseren Service nahezu jede Woche in einer neuen Stadt an. Dazu gehört auch der Ausbau des Netzwerks unserer Partnerapotheken. Momentan sind wir bemüht, eine Partnerapotheke in Offenbach anzuschließen und beziehen aktuell noch Waren von unseren Frankfurter Partnern.“
Offenbach: Fast alle örtlichen Apotheken haben schon Lieferangebote
Dass es schon funktionierende Lieferangebote nahezu jeder örtlichen Apotheke gibt, scheint Mayd nicht zu beeindrucken. „Während die meisten Apotheken aus wirtschaftlichen Gründen nur an ausgewählten Tagen und Uhrzeiten liefern können, bieten wir den Service an 365 Tagen zwischen 8 und 24 Uhr“, heißt es in einer Stellungnahme der Firma.
Für Franziska Hoefer ist das eine Farce. Man müsse schon sehr viel Fantasie aufbringen, um überhaupt eine Situation zu konstruieren, in der man rezeptfreie Medikamente innerhalb von 30 Minuten benötige, sagt sie. „Allerhöchstens wären das vielleicht ein paar Kopfschmerztabletten.“ Dass die Medikamente aus Frankfurt nach Offenbach geliefert werden sollen, zeigt für Hoefer, auf was das Mayd-Konzept aufbaut. „Einige wenige teilnehmende Apotheken sollen den Apotheken vor Ort ein Teil des Geschäfts abgreifen“, mutmaßt sie. „Für mich ist das eine fragwürdige Entwicklung.“ Zumal sie berichtet, dass sie aus Neugier bei Mayd angefragt habe, aber abgewiesen worden sei. „Die haben mir gesagt, dass sie schon eine Apotheke in Frankfurt haben. Das heißt, dass eine Offenbacher Apotheke dort gar nicht reinkommt.“
Neuer Lieferdienst Mayd in Offenbach: Reicht Angebot der heimischen Apotheken aus?
Bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände scheint man zumindest Unklarheiten beim Geschäftskonzept zu sehen. Sprecher Christian Splett: „Medikamente und apothekenpflichtige Produkte dürfen nur in Apotheken verkauft werden. Von dieser Regelung gibt es nur zwei Ausnahmen.“ Die eine sei, wenn Apotheken eine Versandhandelserlaubnis hätten und dann Paketdienstleister mit der Versendung beauftragen. Oder aber Apotheken könnten ihr eigenes Personal den Botendienst übernehmen lassen. Ob Mayd sich innerhalb dieser Vorgaben bewege, müsse die zuständige Aufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium Darmstadt klären. Dort scheint man den neuen Lieferdienst noch gar nicht auf dem Schirm zu haben. Sprecher Guido Martin versichert aber, man werde die Einhaltung der entsprechenden Prozesse bei den Inspektionen der Apotheken prüfen.
Christian Splett ist jedenfalls überzeugt, dass die Apotheken vor Ort bereits jetzt „wunderbar in der Lage sind, ihre Patienten vor Ort mit Medikamenten zu beliefern.“ Das habe sich in der Pandemie mehr als deutlich gezeigt. (Christian Reinartz)