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Offenbacher Busverkehr muss sparen: Wo drohen Einschränkungen?

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Von: Frank Sommer

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Hatte zu wenig Nutzer: Die Haltestelle Goerdelerstraße in Offenbach entfällt ab 4. Juli. Die Linie 106 ist dann auch Geschichte.
Hatte zu wenig Nutzer: Die Haltestelle Goerdelerstraße in Offenbach entfällt ab 4. Juli. Die Linie 106 ist dann auch Geschichte. © ron

Die Stadt Offenbach legt für den öffentlichen Personennahverkehr neue Sparmaßnahmen zur Kostenminderung vor. Was ist geplant?

Offenbach – Etwas mehr als eine halbe Million Kilometer muss der Offenbacher Busverkehr im Jahr einsparen, das ergab nun eine externe Prüfung zur Eindämmung der Kosten. So ist vorgesehen, dass ab 4. Juli die Linie 106 gestrichen wird, sieben Haltestellen im Stadtgebiet werden ebenfalls nicht mehr angefahren, dazu gibt es Linienänderungen. Außerdem müssen zehn Prozent der Stellen bei den Fahrern gekürzt werden. Entlassungen sind jedoch keine vorgesehen. 

Dass der öffentliche Personennahverkehr ein Zuschussgeschäft ist, ist bekannt. Wenn die Finanzen einer Kommune klamm sind, entwickelt sich das zu einem ernsten Problem für den Haushalt, wie es in Offenbach geschehen ist. Die Stadtverordneten haben deshalb im vergangenen Jahr eine Deckelung der Ausgaben für den Verkehr beschlossen: Bereits im vergangenen Jahr musste deshalb der Takt der Busse eingeschränkt werden.

Offenbach: Anzahl der Busfahrer soll auf 185 reduziert werden – ohne Entlassungen

Mit der Deckelung wurde auch ein Gesamtkonzept für Einsparungen gefordert, das Mobilitätsdezernentin Sabine Groß (Grüne) und Kämmerer Martin Wilhelm (SPD) nun vorgestellt haben. Die Stadtverordneten werden darüber am 19. Mai abstimmen. Erstellt wurde das Konzept vom Berliner Beratungsbüro KCW, das auf die Verkehrsplanung der öffentlichen Hand spezialisiert ist.

Nun liegt das Konzept vor: Es sieht einerseits zwar die teilweise Rücknahme der Taktausdünnung vor, dafür werden aber eine Linie und Haltestellen gestrichen und die Zahl der Busfahrer wird reduziert. „Das erfolgt aber mit Augenmaß“, betont Bürgermeisterin Groß. Zwar soll die Anzahl der Fahrer von 205 (Stand Ende 2021) auf 185 reduziert werden, doch verzichtet man dafür auf Entlassungen. „Wir werden die Stellen teils nicht nachbesetzen oder nicht verlängern, um diese Zahl zu erreichen“, sagt Groß.

Größter Kostenfaktor ist naturgemäß das Herzstück des Nahverkehrs, das Fahrangebot. Nach Kürzungen im vergangenen Jahr müssen daher noch einmal 550 000 Kilometer pro Jahr gestrichen werden. 1,3 Millionen Euro können so eingespart werden. In der Praxis bedeutet das hauptsächlich, dass die Linie 106 eingestellt wird. Außerdem entfallen sieben Haltestellen im gesamten Stadtgebiet – auch die vor dem Betriebsgelände in der Hebestraße. Die Linie 108 erhält teilweise eine neue Route, um den Wegfall der 106 auszugleichen, wenn auch nicht in Gänze. Kleinere Streckenänderungen gibt es auch bei den übrigen Linien, so sollen diese effektiver verkehren.

Offenbach: In den Abendstunden soll bis 21 Uhr wieder ein 15-Minuten-Takt gelten

Die wegfallenden 550 000 Kilometer entsprächen etwa einer Fahrleistung von 14 Prozent, sagt Christof Schaafkampf , Geschäftsführer von KCW. „Wir haben es so geplant, dass dennoch nur 1,3 Prozent der Nutzer von den Veränderungen betroffen sind“, sagt er. Um zu verhindern, dass durch die Kürzungen der ÖPNV unattraktiv wird und „in eine Abwärtsspirale“ gerät, wird vorgeschlagen, die im vergangenen Jahr beschlossene Taktausdünnung rückgängig zu machen: In den Abendstunden soll bis 21 Uhr wieder ein 15-Minuten-Takt gelten. Außerdem will Kämmerer Wilhelm 500 000 Euro für die Verbesserung der Zuwege für die Bushaltestellen bereitstellen. Gleichzeitig gebe es „einen kleinen Puffer“ von 60 000 Kilometern pro Jahr, um etwaige Anpassungen bei der Streckenführung vorzunehmen, sollte sich die geplante als problematisch erweisen.

Die seit Jahresbeginn grassierende Inflation sowie die jüngste Preisentwicklung durch den russischen Angriffskrieg und die Drohungen Russlands, die Energieversorgung zu kappen, bleiben jedoch ein Problem für den Etat der Verkehrsbetriebe: Da die Inflation rasant voranschreitet, müssen die Einsparungen stärker ausfallen, damit überhaupt ein Spareffekt entsteht. Für das gesamte Geschäftsfeld Mobilität bedeutet dies eine Reorganisation, die auf drei Jahre bis 2025 angelegt ist.

Busverkehr in Offenbach: Streckenangebot auf „das Mindestmaß“ heruntergespart

In dieser Zeit soll das komplette Angebot auf den Prüfstand: Die Berater von KCW haben etwa errechnet, dass durch den Wegfall des Leihangebots für Pedelecs und E-Autos mehr als 300 000 Euro im Jahr eingespart werden könnten, durch Verlagerung der Mobilitätszentrale vom Salzgäßchen in der Innenstadt zum Betriebshof an der Hebestraße rund 181 000 Euro im Jahr. Insgesamt sieht KCW ein Einsparpotenzial von rund 700 000 Euro pro Jahr – nun muss politisch entschieden werden, bei welchen Angeboten die Schere angesetzt werden soll.

Am Streckenangebot jedenfalls nicht, betont Groß: Dieses sei mit dem KCW-Konzept auf „das Mindestmaß“ heruntergespart, weitere Linienkürzungen seien nicht vertretbar. „Dann wäre der ÖPNV unattraktiv.“

Sparmaßnahmen im Offenbacher Busverkehr: Änderungen greifen zum 4. Juli

Ab Juli werden die Busse der Linie 106 gestrichen, außerdem entfallen dauerhaft sieben Haltestellen im Stadtgebiet. Nicht mehr angefahren werden Caritas/Buchrainweiher, Schumannstraße, Buchhügelallee, Goerdelerstraße, Markusplatz und Wetterpark (Linie 106). Außerdem entfallen der Stopp Hebestraße (Linie 102) und Bischofsheimer Weg (108). An sämtlichen Haltepunkten wurden pro Tag unter 100 Nutzer gezählt. Auf den Linien 103 und 107 gibt es nur kleine Anpassungen, die Linie 120 wird künftig über Bismarckstraße und Feldstraße geleitet. Die 102 hat einen neuen Weg über Mühlheimerstraße und Mathildenstraße zum Marktplatz und weiter Richtung Kaiserlei. Bei der Linie 104 entfällt der Abschnitt Eberhard-von-Rochow-Straße bis Bieber Bahnhof, diese Strecke wird künftig von der Linie 101 bedient. Bei der Linie 108 entfällt die Verbindung nach Waldheim, ansonsten wird ein verkürzter Weg von Rumpenheim über Mainzer Ring, Ostbahnhof, Hauptbahnhof bis Marktplatz gefahren. Sämtliche Takte werden von 15 bis 21 Uhr auf 15 Minuten erweitert, bis Mitternacht auf 30 Minuten und bis 1 Uhr auf 60 Minuten. (Frank Sommer)

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