Eltern verärgert über Corona-Lollitests in Offenbacher Kitas: „Schlechter als der Discounter-Test“

Eltern in Offenbach sind besorgt, weil die verteilten Corona-Schnelltests eine schwache Sensitivität aufweisen. Laut Bürgermeisterin Sabine Groß gibt es mit den Tests aber ohnehin keine echte Sicherheit.
Offenbach – Jennifer Grineisen hustet immer wieder während des Telefongesprächs. Im Hintergrund ist ihre fünfjährige Tochter zu hören. Sie klingt nicht viel besser. Beide haben Corona, PCR-bestätigt. „Ich bin so enttäuscht von der Stadt, weil ich wirklich gedacht habe, dass wir uns auf die Tests zumindest etwas verlassen können.“ Grineisen berichtet, dass ihre Tochter immer negativ gewesen sei. Zweimal pro Woche habe sie mit den Schnelltests, die sie von der Stadt bekommen hat, getestet, wie vorgegeben.
Auch ihre Freunde in der katholischen Kindertagesstätte in Bieber hätten immer ein negatives Ergebnis erhalten. Allerdings sei ihr die Sache komisch vorgekommen, als ihre Tochter typische Symptome zeigt. „Da war der Test am Morgen wieder negativ gewesen, also habe ich einen von Aldi direkt hinterhergemacht“, sagt Grineisen. „Der war direkt positiv.“ Später lässt sie das Ergebnis dann per PCR-Test bestätigen. „Meine Tochter war positiv, aber die Tests der Stadt haben das nicht angezeigt.“ Auch viele andere Mütter in der Kita testen ihre Kinder zeitgleich mit anderen Tests. „Allein bei uns aus der Gruppe war ein Viertel der Kinder direkt positiv, obwohl die Ergebnisse der Stadt-Tests negativ gewesen sind“, berichtet Grineisen.
Offenbach: Zweifel an der Qualität der Corona-Tests in Kitas werden laut
Zum Beweis testet Grieneisen ihre Tochter noch einmal während des Telefonats. Der Test der Stadt Offenbach bleibt negativ, obwohl ihre Tochter nachweislich infiziert ist und starke Symptome hat. Und sie geht noch weiter, schiebt den Test vom Discounter hinterher. Das Ergebnis zeigt schon nach einer Minute an, dass die Kleine Corona hat. „Diese Tests von der Stadt sind eindeutig schlechter als der Discounter-Test.“
Auch andere Offenbacher Eltern, die sich an die Redaktion gewandt haben, zweifeln mittlerweile an der Qualität der Kita-Schnelltests. Allerdings wegen einer beunruhigenden Prozentzahl im Internet. Denn dort können Interessierte die Qualität ihrer Schnelltests überprüfen lassen. Die Datenquelle dazu liefert das Paul-Ehrlich-Institut in Langen. Dort spuckt eine Abfrage folgende Werte für die städtischen Kita-Schnelltests aus: Bei sehr hoher Viruslast liegt die Sensitivität bei 77,8 Prozent, bei hoher Viruslast bei null Prozent.
„Als ich das gesehen habe, war ich erst mal geschockt“, sagt eine Mutter, die ihren Namen nicht nennen will, um keinen Ärger mit der Kitaleitung zu bekommen. „Erst habe ich gedacht, dass das normal ist bei diesen Tests, aber es gibt ganz viele andere Schnelltests, die da höhere Werte aufweisen.“

Corona-Schnelltests in Offenbacher Kitas: Stadt und Gesundheitsamt zeigen Verständnis
Bürgermeisterin und Gesundheitsdezernentin Sabine Groß kann die Verunsicherung der Eltern nachvollziehen. „Allerdings sind diese Schnelltest nicht dafür gedacht, eine absolute Sicherheit zu schaffen“, erklärt sie. „Es geht nur darum, das Risiko zu minimieren, dass jemand positiv ist.“ Dass die Werte des städtischen Tests nicht höher liegen, sei zwar unglücklich, aber nicht zu vermeiden gewesen. Mehrere Faktoren hätten dabei eine Rolle gespielt. „Als wir die Tests geordert haben, lag diese Liste des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) noch gar nicht vor“, erklärt sie den Ablauf. Dazu komme, dass der Markt für Schnelltests und insbesondere für Lollitests leer gefegt sei. „Es war ja zeitweise schon schwierig, einzelne Tests zu kaufen“, gibt sie zu bedenken: „Aber 100 000 Tests auf einen Schlag zu ordern, war wirklich schwierig.“ Nur durch gute Kontakte sei das gelungen. „Wir hatten also gar nicht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Tests zu wählen.“ Zwischenzeitlich habe es sogar so ausgesehen, dass gar keine geliefert würden. Die aktuellen Tests entsprächen jedenfalls den Mindestanforderungen und seien auf der Positivliste des PEI zu finden.
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Auch Gesundheitsamtsleiter Dr. Bernhard Bornhofen ist davon überzeugt, dass es besser ist, diese Tests einzusetzen als gar keine. „Denn wir müssen ja bevölkerungsmedizinisch denken“, sagt Bornhofen. „Das heißt, dass wir mit diesen Tests immerhin einen Großteil der Infizierten herausfischen, aber eben nicht jeden.“ Individualmedizinisch betrachtet, biete eine geringere Sensitivität natürlich keine wirklich belastbare Sicherheit.
Offenbach: Bürgermeisterin verweist auf Situation in anderen Städten
Sabine Groß verweist zudem auf die Situation in anderen Städten und Kreisen. „Wir sind eine der wenigen Kommunen, die die meisten Mittel für diese Lollitests abgerufen haben.“ Andere Städten würden erst gar nicht in diesem Umfang testen. „Für uns ist das ein riesiger Kraftakt, mit dem wir zwar keine absolute Sicherheit bieten“, sagt Groß. „Aber wir bieten im Vergleich mit anderen Kommunen das beste Angebot an.“
Jennifer Grineisen hat dafür zwar Verständnis, hätte sie sich im Vorfeld aber mehr Informationen gewünscht. „Wir wissen alle, dass Schnelltests keine hundertprozentige Genauigkeit bieten, aber dass dieser so ungenau ist, macht mich traurig, denn es geht um die Gesundheit unserer Kinder.“ (Christian Reinartz)