„Zu Beginn der Öffnungen war vor allem diese Uneinheitlichkeit in den Kreisen problematisch: Wo braucht man einen Test oder Termin zum Einkaufen, darf man draußen oder auch drinnen in Cafés sitzen? Das hat die Menschen verunsichert“, sagt Sven Rohde, Geschäftsführer des Handelsverbands Hessen. Seit Wegfall der Testpflicht erkennt der Verband zwar einen Positivtrend, trotzdem „liegen wir in den Innenstadtbereichen noch immer bei etwa minus 20 Prozent Umsatz.“ Sprich: Das Geld bei den Kunden sitzt noch nicht so locker wie vor der Pandemie und es fehlen die Bummler.
Viele Städte haben auf die sinkende Einkaufslust ihrer Bürgerinnen und Bürger reagiert. So stellte zuletzt Frankfurt seine große Restart-Kampagne vor. Damit möchte die Mainmetropole Handel, Gewerbe und Gastronomie durch Aktionen mit Partnern aus Medien und Wirtschaft unterstützen. Eine Analyse für die Einkaufsstraße Zeil zeigte zuletzt, dass mit den Schließungen seit vergangenem November die Passanten zahlen deutlich eingebrochen sind – und sich noch nicht erholt haben.
„Die Restart-Kampagne ist ein wichtiger Teil des Frankfurt-Plans, mit dem wir die Innenstadt wiederbeleben wollen“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann bei der Kampagnen-Vorstellung. Stadtrat Markus Frank ergänzte, man wolle damit einen Weg in Richtung Normalität schaffen, unterstützen und „vor allen Dingen die Aufmerksamkeit auf die Frankfurter Gewerbe richten.“
Die Stadt Hanau hat bereits vor einigen Monaten das Förderprogramm „Hanau aufLaden“ ins Leben gerufen. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden die Innenstädte auf Jahre beschäftigen. Es droht ein Ladenleersterben“, sagte Oberbürgermeister Claus Kaminsky bei der Programm-Vorstellung. „Wir wollen dem entgegenwirken und nicht nur den Bestand unterstützen, sondern auch neue Betreiber für und von Hanau begeistern.“
Inzwischen wurden die ersten drei Projekte in das Förderprogramm aufgenommen. Sie erhalten eine finanzielle Starthilfe, die neben einem Mietkostenzuschuss über mehrere Monate auch einen Werbekostenzuschuss enthält.
In Offenbach gibt es ebenfalls Unterstützung durch ein Konjunkturpaket, das die Stadtverordnetenversammlung vergangenen Oktober beschlossen hatte. „Aktuell gestartet ist eine große Gutschein-Aktion mit einem Volumen von 1,1 Millionen Euro zur Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie – und zum Nutzen der Kundschaft, die bei den teilnehmenden Geschäften 40 Prozent ihrer vorherigen Einkaufssumme in Gutscheine für den nächsten Einkauf einlösen können“, sagt Sprecher Fabian El-Cheikh. Weitere Aktionen zur Stärkung der Innenstadt stünden schon in den Startlöchern.
„Die Lage im Handel ist noch immer angespannt“, sagt Sven Rohde und verweist auf aktuelle Umfragen. Laut diesen sah sich über die Hälfte der Händlerinnen und Händler während des Lockdowns existenzbedroht, ein Viertel sieht das trotz Restart noch immer so. „Deshalb sind diese Kampagnen oder das Förderprogramm ,Zukunft Innenstadt’ vom Land Hessen so wichtig. Um den Bürgern zu zeigen, dass sie zurück in die Geschäfte und sicher einkaufen können.“
Insgesamt blicke man aber positiv in die Zukunft. So geht er nicht davon aus, dass jetzt, wo es Öffnungen gebe, weiterhin so stark online eingekauft werde. „Stationärer Handel ist riechen, fühlen, schmecken, ausprobieren und verweilen in den Innenstädten. Der Einkauf im Netz ist dagegen etwas völlig anderes. Deshalb werden lokale Geschäfte weiterhin Erfolg haben – denn der Mensch ist ein soziales Wesen.“
Um den holprigen Restart im Einzelhandel in die richtigen Bahnen zu lenken, „müssen alle gemeinsam schauen, dass wir eine vierte Welle vermeiden“, stellt Sven Rohde klar. „Und wie unsere Innenstädte der Zukunft aussehen, das ist die Herausforderung, der sich jede einzelne Stadt, Gemeinde und Kommune zusammen mit Handel und Gastronomie stellen muss.“ (Julia Oppenländer)