Nacht der Museen: Wie man einen Seehunddarm mimt

Wie in alten Zeiten: Zur Nacht der Museen pendeln am Samstagabend gut besetzte Busse zwischen Frankfurt und Offenbach. In den drei hiesigen Häusern zeigen sich die Leitungskräfte höchst zufrieden.
Offenbach – Dr. Inez Florschütz freut sich über auffällig viele junge Leute im Ledermuseum. Im Haus der Stadtgeschichte begrüßt Dr. Jürgen Eichenauer mindestens so viele Gäste wie vor der Pandemie. Und im Klingspormuseum hat sich die Besucherzahl gegenüber dem Vor-Corona-Jahr auf 400 verdoppelt, sagt Dr. Dorothee Ader. Dazu tragen Aktionen bei, die es sonst nicht gibt.
Gleich dreimal bespielt die Gruppe Improglycerin den Saal im DLM. Die Anregungen hat das Publikum vom Gang durch die Räume mitgebracht und aufgeschrieben. „Schick aus Offenbach“ steht etwa auf den Zetteln oder „Fühl mal, wie weich!“. Damit kann das Quartett des eigentlich achtköpfigen Improvisationstheaters etwas anfangen. Aber wie mimt man einen Seehunddarm? Christoph Moritz meistert auch diese Herausforderung. Kathrin Freihube, Susanne König und Hauke Scheer setzen den Begriff „Zehenschuhe“ in clownesker Körpersprache und in Reimform um.
Im Mittelpunkt steht, vielmehr liegt im DLM der Handschuh. Direktorin Florschütz führt durch die aktuelle Ausstellung, derweil Designerin Evelyn Toomistu vor aller Augen aus rotem Lammnappa Stulpenhandschuhe schneidet, näht und klebt. Die Lammfellhandschuhe daneben werden am Ende verlost.
„Schreiben Sie, wir haben 100 neue Mitglieder geworben“, sagt Sylvia Zwölfer an der Sektbar des Förderkreises und lacht. Scherz – aber das Interesse ist groß, die Spendenbox hat sich mit Scheinen gefüllt. „Projekte realisieren, Publikationen fördern, auch mal Ankäufe ermöglichen“, so umreißt Zwölfer die Ziele. Erstmals stellt sich der Verein mit etwa 150 Mitgliedern in dieser Form öffentlich vor.
Auch Katja M. Schneider offenbart, was meist verborgen bleibt. Die Künstlerin öffnet das Depot im Bernardbau, wo sie seit acht Jahren „die Magazinerin“ des Hauses der Stadtgeschichte ist. Gestenreich und temperamentvoll überträgt sie ihre Begeisterung für die Schätze. „Das gehört doch in die Ausstellung“, entfährt es einer Teilnehmerin.

Den langen Weg von der „Nulllinie“, wenn ein Objekt ins HdS kommt, über die Einordnung („Wo ist der Offenbach-Bezug?“) und die fachgerechte Aufbewahrung bis zu einer möglichen Präsentation schildert Schneider anschaulich – anhand des Rumpenheimer Feuerwehrwagens, des Faltrads von Ex-OB Horst Schneider oder einer Kugelwaschmaschine. „Mein Herzding ist aber der Kunstbestand“, verrät sie.
Dagegen ist Mathias Weis von der Resonanz auf die Lesungen zu seiner Ausstellung enttäuscht. „Dafür gab es tolle Gespräche mit den Zuhörern“, tröstet er sich.

Die von beiden Häusern betriebene, ebenfalls zu besichtigende Druckwerkstatt bildet eine Brücke zum Klingspormuseum schräg gegenüber. Selbermachen und Mitnehmen ist da angesagt. 100 Pakete hat Jürgen O. Olbrich in Packpapier gewickelt, gefüllt mit Poesiealben oder Notizbüchern aus dem Altpapiercontainer; nach zwei Stunden sind sie alle weg.
Kinder des Internetzeitalters sind fasziniert von der Möglichkeit, fantasievolle Reisepässe zu basteln und zu stempeln. Erwachsene nehmen sich bis zu zwei Stunden, ein Buch zu gestalten. „Regelrechte Skulpturen“ seien entstanden, erzählt Paula Schulenburg, museumspädagogische Mitarbeiterin.
Klingspor-, Stadt- und Ledermuseum: Sie sowie der temporäre HfG-Schauraum Diamant haben viele alte Bekannte gehalten – und neue Freunde gewonnen. (Markus Terharn)