1. Startseite
  2. Offenbach

Neue Regeln fürs Schreibenlernen

Erstellt:

Von: Veronika Schade

Kommentare

Diese vier Schriften werden derzeit noch an hessischen Schulen gelehrt. Das soll sich ändern.
Diese vier Schriften werden derzeit noch an hessischen Schulen gelehrt. Das soll sich ändern. © magazin-schule.de

Offenbach – Lesen und schreiben zu lernen ist wohl das Wertvollste, was die Schule vermittelt. Doch die Handschrift von Schulkindern verschlechtert sich seit etwa drei Jahrzehnten dramatisch. 2015 kamen bei einer Umfrage des Deutschen Lehrerverbandes mehr als 2000 Lehrkräfte zu diesem Schluss, der Ende 2018 von einer vergleichbaren Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung untermauert wurde.

In Sekundarstufen könnten nur zwei von fünf Jugendlichen 30 Minuten und länger beschwerdefrei schreiben – vom schlechten Schriftbild und der Rechtschreibung abgesehen. Viele hätten zudem Probleme, den Tafel-Anschrieb zu lesen und in angemessener Zeit abzuschreiben. Das Hessische Kultusministerium (HKM) versucht, entgegenzusteuern. In einem unlängst beschlossenen „Maßnahmenpaket zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch“ ist einer der zentralen Punkte die verbindliche Festlegung einer verbundenen Handschrift, also einer einheitlichen Schreibschrift, die eine größere Vergleichbarkeit ermöglichen und den Übergang zur weiterführenden Schule erleichtern soll. Aber warum soll in Zeiten der Digitalisierung überhaupt noch Schreibschrift gelehrt werden? In Finnland beispielsweise wurde diese 2016 aus dem Lehrplan gestrichen.

Die Wissenschaft ist sich einig: Mit der Hand zu schreiben fordert und fördert das Gehirn wesentlich mehr, als auf Tasten zu tippen. Und um eine lesbare, individuelle Handschrift zu entwickeln, spielt die verbundene Schreibschrift eine Schlüsselrolle. Weil sie fließend ist, vermittelt sie bessere Bewegungsabläufe, was den kognitiven Prozessen zugute kommt. „Sie erleichtert damit sogar das Erlernen der Rechtschreibung“, weiß Martina Kollmeyer-Winter, die als Dezernentin am Staatlichen Schulamt Offenbach unter anderem für die Lehrerfortbildung zuständig ist.

Hessen ist das einzige Bundesland, an dessen Grundschulen vier Handschriftarten gelehrt werden. Laut einer Umfrage des HKM nutzen rund 30 Prozent die Vereinfachte Ausgangsschrift, ebenfalls 30 Prozent die Schulausgangsschrift und weitere 30 Prozent die Grundschrift, die nicht als gebundene Handschrift zählt. Knapp zehn Prozent lehren die Lateinische Ausgangsschrift, die seit 1953 vor allem an westdeutschen Schulen Standardschrift war. Bisher konnten sich die Schulen selbst für eine Schrift entscheiden.

Das soll sich ändern. Bereits zum nächsten Schuljahr will das HKM den Erlass aus dem Maßnahmenpaket umsetzen. Ab dann sind nur noch die aus der DDR übernommene Schulausgangsschrift oder die Vereinfachte Ausgangsschrift im Schriftspracherwerb zulässig. „Das stößt bei Schulen, die bisher andere Schriften gelehrt haben, nicht immer auf Begeisterung“, sagt Kollmeyer-Winter. So müssten neue Materialien angeschafft werden, was teuer werde. Selbst innerhalb einer Schule gebe es unter Lehrern Diskussionen, weil sie unterschiedliche Schriften vermitteln. „Das ist nicht sinnvoll, an einer Schule unterschiedliche Schriften zu lehren“, findet die Dezernentin. Die Kinder zu einer ordentlichen Handschrift zu führen bleibt also eine Herausforderung – aber eine besonders wichtige...

Von Veronika Schade

Auch interessant

Kommentare