1. Startseite
  2. Offenbach

Neues Gymnasium in Offenbach: Lerncluster statt Klassenraum

Erstellt:

Von: Frank Sommer

Kommentare

Der öffentliche Durchgang ist beim Siegerentwurf zu erkennen.
Der öffentliche Durchgang ist beim Siegerentwurf zu erkennen. © Hess/Talhof/Kusmierz Architekten mit Burger Landschaftsa.

Dem Frontalunterricht hat die Pädagogik seit Jahren den Kampf angesagt. Doch das ist teils gar nicht so einfach, da schon die räumlichen Gegebenheiten in den vor Jahrzehnten erbauten Schulen eine gewisse Präferenz für diesen Stil erkennen lassen. Bei Neubauten können moderne Lehrformen dagegen von Anfang an berücksichtigt werden – so auch beim neuen Offenbacher Gymnasium am Güterbahnhof.

Offenbach - Statt langer Flure mit Klassenräumen zu beiden Seiten setzt man dort auf Lernlandschaften und Clusterlösungen. Vorangetrieben hat diese Entwicklung die Bonner Montag-Stiftung „Jugend und Gesellschaft“: Sie beschäftigt sich mit neuen Konzepten für Schulen und hat mit weiteren Interessenvertretern vor Jahren „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten“ entwickelt. Offenbachs Hochbau-Bereichsleiterin Anna Heep hat bei der Stiftung eine Weiterbildung zur Schulbau-Beraterin absolviert und bringt dieses Wissen in neue Projekte der Stadt, wie den Neubau an der Geschwister-Scholl-Schule oder eben dem neuen Gymnasium, ein.

„Wir arbeiten mit raumübergreifenden Lösungen für die Schüler: Eine Reihe von Räumen um einen Flur wird als Lernlandschaft für Arbeit in der Klasse, in Gruppen oder für individuelles Lernen gestaltet“, sagt Heep. Die Räume werden nicht mehr monofunktional geplant, sekundiert auch Till Förster vom Planungsamt.

Das sei pädagogisch überaus sinnvoll, bestätigt das Stadtschulamt: „An Grundschulen wird inzwischen individuelles Arbeiten mit Tages- und Wochenplan gefördert – da können wir doch nicht in der fünften Klasse des Gymnasiums zu einem starren Konzept mit zugewiesenen Räumen zurückkehren“, sagt Stadtschulamtsleiter Thomas Löhr.

Sowohl beim Architekturwettbewerb fürs Gymnasium als auch bei der eben beginnenden Planung für den Bau werde dieses Konzept umgesetzt. „Wir schaffen ein Raumgefüge mit gemeinschaftlichen Zonen, in denen die Schüler lernen können“, sagt Planer Förster. Auch in anderen Bundesländern oder im Ausland, etwa den Niederlanden, werde des umgesetzt, betont Heep. Die Lernzonen können auch genutzt werden, um für Projektarbeit die Klassenverbände aufzubrechen und stufenübergreifend zu arbeiten.

Möglich ist die Nutzung der Flure für offene Lernlandschaften erst nach Änderungen beim Brandschutz, wie Heep erläutert: Vor Jahren wäre das nicht möglich gewesen, nicht einmal das Anbringen von Bildern auf Fluren war gestattet.

„Da der Platz begrenzt ist, muss jeder Meter in Absprache mit dem Schulamt sinnvoll geplant werden“, sagt Heep. Dabei war schon die Standortsuche aufwendig: Nicht nur, dass es an geeigneten wie bezahlbaren Flächen in der Stadt mangelt, auch der Fluglärm spielt eine Rolle. Da der alte Güterbahnhof in der Tagschutzzone 2 liegt, war eine Sondergenehmigung des Regierungspräsidiums nötig. 13 Standorte für eine weiterführende Schule standen zur Prüfung, neun schieden aus. Auch eine Variante „auf Stelzen“ am Mainvorgelände sei geprüft worden, heißt es. Schließlich einigte sich die Politik auf das ehemalige Güterbahnhof-Gelände, das „Quartier 4.0“.

Umso erstaunter ist man bei Bau- wie Schulamt über die Kritik der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: Nachdem bereits 2020 das Grundstück erworben und kürzlich der Architekturwettbewerb beendet wurde, wird von dieser der Standort zur Diskussion gestellt.

Problematischer dürfte der von der Politik geforderte öffentliche Durchgang zwischen den Schulgebäuden und dem dahinterliegenden Quartierspark werden. Wie sich dieser auf das Schulleben auswirkt, wird sich erst nach Inbetriebnahme des Gymnasiums zeigen.

Zum Gebäudekonzept der Schule gehören eine Drei-Felder-Sporthalle, Aula, Begegnungsflächen, Cafeteria, Bibliothek sowie Musikraum und Raum für darstellendes Spiel.

Von Frank Sommer

Auch interessant

Kommentare