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Neun-Euro-Ticket: Keine Auswirkungen auf Offenbacher Fahrgastzahlen

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Von: Frank Sommer

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Für neun Euro sämtliche Nah- und Regionalverbindungen nutzen: Im Juni, Juli und August war das mit dem durch die Bundesregierung finanzierten Ticket möglich.
Für neun Euro sämtliche Nah- und Regionalverbindungen nutzen: Im Juni, Juli und August war das mit dem durch die Bundesregierung finanzierten Ticket möglich. © DPA

Eines der Angebote des Entlastungspakets der Bundesregierung erhielt besonders viel Aufmerksamkeit: das Neun-Euro-Ticket. Doch auch wenn vielerorts noch vor Ablauf des Angebots dieses als Erfolg bezeichnet wurde, dies mit konkreten Zahlen zu belegen, fällt so manchem Verkehrsunternehmen schwer.

Offenbach - In Offenbach kann Anja Georgi, Geschäftsführerin der Offenbacher Verkehrsbetriebe, dafür mit Zahlen zu Verkäufen wie ÖPNV-Nutzung aufwarten. „Man muss zwei Arten von Nutzern unterscheiden“, sagt Georgi, „Monats- und Jahreskartennutzer und die Kunden, die einzelne Tickets gekauft haben.“ Reduzierte Monats- oder Jahreskarten wurden nicht mitgezählt, ansonsten wurden in Bussen und Vorverkaufsstellen rund 35 000 Neun-Euro-Tickets in Offenbach erworben. Die Verkäufe an Offenbacher Fahrkartenautomaten kann der RMV nicht beziffern, im gesamten RMV-Gebiet wurden 2,3 Millionen der Tickets verkauft.

Was die Fahrgastzahlen anbelangt, hat sich das Neun-Euro-Ticket mehr auf den Regional- als auf den Stadtverkehr ausgewirkt. Eine Beobachtung, die auch Verkehrswissenschaftler Jürgen Follmann von der Hochschule Darmstadt bestätigt. „Die Regionalbahnen waren während des Angebotszeitraums voll“, sagt er. Der RMV erklärt, dass es vor allem im Regionalverkehr und bei touristisch genutzten Routen eine stark erhöhte Nachfrage gab.

Für den Stadtverkehr Offenbach sind die Zahlen eher vergleichbar mit denen des Vorjahres: Zu Beginn des Aktionszeitraums im Juni gab es etwas mehr Fahrgäste als noch 2021 (knapp 1  114 000 gegenüber einer Million), im Juli waren die Zahlen mit rund einer Million Nutzern nahezu identisch, im August mit 769 000 sogar etwas niedriger als im Vorjahr. Eine deutliche Auswirkung der Ticketreduzierung auf den lokalen Offenbacher ÖPNV lässt sich mittels der Fahrgastzahlen nicht nachweisen.

Doch zu erfahren, wie das Ticket genutzt wurde, welche Erfahrungen die Bürger machten und was sie sich als Nachfolge-Aktion wünschen, beschäftigt Verkehrsforscher Follmann. Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage der Hochschule ergab, dass in Darmstadt etwa zehn Prozent den ÖPNV mehr im Berufsalltag genutzt haben. Strecken in Richtung Odenwald, für den Freizeitverkehr, wurden dagegen stärker nachgefragt. „Man spürt, es gab im Juni erst einen Hype, doch der lässt dann nach“, sagt er.

Die Ergebnisse haben Follmann überzeugt, eine Untersuchung für den Großraum Rhein-Main und Rhein-Neckar zu starten, bis Ende September können die Bürger noch einen Online-Fragekatalog beantworten. „Bereits am ersten Tag hatten wir über 1300 Anfragen“, sagt Follmann. Die Studie soll Länder und Verkehrsverbände beraten, wie eine Nachfolgelösung ausgestaltet werden sollte.

Schon jetzt hält Follmann es für sinnvoll, den Preis des Nachfolgeangebots weder zu niedrig noch zu hoch anzusetzen, um Akzeptanz zu erzielen. Er plädiert für ein einfach strukturiertes Angebot mit gestaffeltem Preis – vergleichbar mit Telekommunikationsangeboten. „Wir könnten wie bei einer Flatrate mit den Kategorien S, M und L arbeiten“, sagt er. S stünde für lokale Nutzung und sollte am günstigsten sein, „um 29 Euro wären sinnvoll“. M beinhalte die regionalen Strecken über Landesgrenzen und L stünde für eine bundesweite Nutzungsmöglichkeit.

Ein großer Vorteil des Tickets sei, dass der überwiegende Teil der bisherigen Tarifgrenzen überflüssig würde. Es sei schlicht nicht zu vermitteln, weshalb etwa zehn Kilometer in östlicher Richtung mit dem Bus oder S-Bahn zu fahren teurer sei als zehn Kilometer in westlicher Richtung, bloß weil in einem Fall mehrere Tarifgrenzen überschritten würden.

Was die Finanzierung anbelangt, so sei es wichtig, dass auf die Städte keine zusätzlichen Lasten zukämen, betont Mobilitätsdezernentin Sabine Groß. Eine Entlastung sei wünschenswert, da auf lange Sicht die Städte in den Ausbau und Personal investieren müssten. „Dass der Takt so verdichtet wäre, dass man keine Fahrtzeiten mehr auswendig kennen muss, wäre natürlich der Idealfall.“

Follmann plädiert, um den Busverkehr schon jetzt attraktiver zu machen, für zeitliche Entzerrung: In Darmstadt habe die Hochschule ihre Anfangszeiten um eine halbe Stunde vorgezogen, um den Studenten- vom Schülerverkehr zu trennen – überfüllte Busse animieren nämlich wenig zum Umstieg auf den ÖPNV.

Wie hoch der Einnahmeausfall für Offenbach durch das Neun-Euro-Ticket ist, könne vom RMV erst zum Jahresende beziffert werden, erklärt Groß. Die Ausgleichszahlung des Bundes wird somit erst für Jahresende oder Anfang 2023 erwartet.

An der Studie der Hochschule Darmstadt können sich Interessierte noch bis Monatsende beteiligen unter: t1p.de/gxsa5

Von Frank Sommer

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