Offenbach: Am einzigen Schwimmbad wird nicht gespart

Schmalhans bleibt weiter Küchenchef, was den städtischen Geldbeutel anbelangt: Für große Wünsche oder Sperenzien fehlt der Stadt auch weiterhin das nötige Geld. Kämmerer Martin Wilhelm (SPD) hat am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung den neuen Haushalt vorgestellt: Dieser ist zwar genehmigungsfähig, doch für große Sprünge reicht es nicht.
Offenbach - Die gute Nachricht: Obwohl kräftig gespart werden muss und so manche Einnahmequelle längst nicht so sprudelt wie erhofft, muss die Grundsteuer nicht erhöht werden – zumindest solange nichts Unvorhergesehenes in der Bundespolitik oder der Pandemielage geschieht. Doch dazu später.
Für den Ergebnishaushalt 2022 plant Wilhelm mit Einnahmen von von rund 543,1 Millionen Euro, während die Ausgaben mit 564,5 Millionen Euro veranschlagt sind – es bleibt also ein Minus von 21,4 Millionen Euro. Laut Prognose des Landes kann die Stadt für 2022 mit 77 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen rechnen und mit 60 Millionen Euro durch die Einkommenssteuer.
Dafür sinkt (wir berichteten) der Betrag, den die Stadt aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA) erhält um knapp 15,5 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro. Die Senkung der Grundsteuer um 100 Punkte durch die vorige Tansania-Koalition kritisiert Wilhelm heftig, da diese nicht gegenfinanziert war – schon vergangenes Jahr machte das Wort des „Wahlgeschenks“ die Runde.
Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass es ohne die von der SPD einst heftig abgelehnten Grundsteuererhöhung der Tansania-Koalition noch düsterer aussähe auf der Einnahmenseite.
Von der alten Koalition will Wilhelm zudem ein Liquiditätsloch von 39 Millionen Euro geerbt haben, bis 2024 seien weder Ergebnis- noch Finanzhaushalt ausgeglichen gewesen. Nur durch eine Ausnahmeregelung wegen Pandemie sei der letzte Haushalt überhaupt genehmigt worden. Gleichzeitig kritisiert der Kämmerer, dass Offenbach weiterhin vom Bund angeordneten Aufgaben nachkommen muss, ohne dass der Bund dafür aufkommt.
In der Folge verordnet Wilhelm der Stadt auch weiterhin ein strenges Sparprogramm: Die Ausgaben werden drastisch gekürzt, besonders beim Stellenplan der Verwaltung und im öffentlichen Nahverkehr ist, wie berichtet, der Rotstift angesetzt worden.
Von den Sparmaßnahmen ausgenommen sind Schulsanierung und Vereinsförderung: An der Neuausrichtung des einzig verbliebenen Schwimmbades für die knapp 140 000 Einwohner zählende Stadt wird nicht gerüttelt. Mit 17,7 Millionen Euro soll das Schwimmbad deutlich verbessert werden.
„Mit größter Anstrengung haben wir es geschafft, eine Grundsteuererhöhung zu vermeiden“, sagt Wilhelm, „einen Puffer für Unvorhergesehenes gibt es aber nicht.“ Nur mit strenger Disziplin könne eine Steuererhöhung vermieden werden – außer, der Stadt brächen Einnahmen weg.
Für diese Befürchtung sorgen ausgerechnet die Überlegungen der möglichen Berliner Ampel-Koalitionäre. Deren Vorschlag der „Superabschreibungen“ für Unternehmen, um den im Sinne des Klimaschutzes geforderten Wirtschaftsumbau zu finanzieren, bereitet gerade klammen Kommunen wie Offenbach höchste Sorge: Wenn nämlich die wenigen Unternehmen, die in Offenbach diese Gemeindeabgabe stemmen, durch die „Superabschreibungen“ ihre Gewerbesteuer drücken, bräche ein Großteil dieser für die Stadt lebensnotwendigen Einnahme einfach weg.
Kommunen mit deutlich mehr und potenteren Gewerbesteuerzahlern mögen das halbwegs abfedern können, Offenbach jedoch nicht. Auch ein Einbruch der Wirtschaft durch einen neuerlichen Corona-Lockdown hätte verheerende Folgen für die geplanten Einnahmen.
Sollten die Berliner Planungen also den Offenbachern keinen Strich durch die Rechnung machen, ist der nächste ausgeglichene Haushalt erst für 2024 angesetzt.
Von Frank Sommer