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Klage wegen Flüchtlingsunterbringung: Offenbach kontra Main-Kinzig-Kreis

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Von: Frank Sommer

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Im September 2015 war Improvisationskunst gefragt bei der Verteilung der Flüchtlinge: Vom Parkplatz Ringcenter aus wurden die Hilfesuchenden zur Notunterkunft in die Edith-Stein- oder Anne-Frank-Schule gebracht. Archi
Im September 2015 war Improvisationskunst gefragt bei der Verteilung der Flüchtlinge: Vom Parkplatz Ringcenter aus wurden die Hilfesuchenden zur Notunterkunft in die Edith-Stein- oder Anne-Frank-Schule gebracht. Archi © P

Offenbach nimmt auch ohne Landeszuweisungen Flüchtlinge auf und zeigt wenig Verständnis für die Klage des Main-Kinzig-Kreises.

Offenbach – Es gärt auf allen Ebenen in der Flüchtlingsfrage: Auf Bundesebene wurde gestern zum Flüchtlingsgipfel geladen, Länder, Kreise und Kommunen beklagen eine Überforderung. Anfang der Woche hat der Main-Kinzig-Kreis das Land wegen der Verteilung der Flüchtlinge verklagt und dabei explizit auf Offenbach Bezug genommen: Der Main-Kinzig-Kreis nehme mehr Menschen auf als die Großstädte Frankfurt und Offenbach.

Zwar sei es richtig, dass Offenbach keine Zuweisung von Flüchtlingen aus Erstaufnahmeeinrichtungen durch das Land erhalte, heißt es aus der Stadtverwaltung. Das hänge aber damit zusammen, dass die Stadt die Aufnahmequote nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel seit Langem übererfülle. Der Schlüssel regelt auf Basis von Bevölkerungszahlen und Steuereinnahmen die Aufnahme von Asylbewerbern – für Hessen liegt die Verteilquote bei 7,3 Prozent. „Aktuell besteht für die Stadt Offenbach eine Übererfüllung bei den Zuweisungen von 967 Personen“, sagt Sozialdezernent Martin Wilhelm (SPD).

Offenbach: Weiter steigende Flüchtlingszahlen seit Krieg in der Ukraine

Für Offenbach sei jedoch zu bedenken, dass durch den legitimen Familiennachzug die Anzahl von geflüchteten Menschen in der Stadt weiter ansteige, wenn auch in einem geringen Maß. Hinzu kämen die Menschen, die seit vergangenem Jahr wegen des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine flüchteten. Nach wie vor kämen wöchentlich eigenständig ukrainische Staatsangehörige zur Anmeldung in die Stadt.

Zur Übererfüllung nach dem Königsteiner Schlüssel käme somit der Zuzug ukrainischer Flüchtlinge. „Vor diesem Hintergrund ist es sachlich unangemessen, mit dem Finger auf Offenbach zu zeigen“, sagt Wilhelm mit Blick auf die Klage des Main-Kinzig-Kreises.

Finanzierung: Offenbach fordert mehr Hilfe vom Bund für Unterbringung der Flüchtlinge

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Kommunen, Kreisen, Land und Bund ist jedoch nicht nur die Frage der Verteilung der Flüchtlinge, sondern auch die der Übernahme der Kosten: Wer unter Sozialgesetzbuch II (SGB II) fällt, für den übernimmt der Bund Regelleistung, Krankenkasse und Kosten der beruflichen Eingliederung.

Bei den Kosten der Unterkunft (KdU) ist der Bund zum Ärger der Kommunen jedoch nur mit 69 Prozent beteiligt, auch in Offenbach dringt man schon länger auf einen kompletten Ausgleich. Aus dem städtischen Etat müssen zudem einmalige Hilfen wie die Erstausstattung einer Wohnung oder Bekleidungshilfen bestritten werden. Und während Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vollständig vom Bund erstattet werden, gibt es bei der Hilfe zum Lebensunterhalt keine Erstattung.

Flüchtlingsunterkunft
Vor allem seit dem Ukraine-Krieg sind die Flüchtlingszahlen weiter gestiegen. © Arne Dedert/dpa

Auf wenig Begeisterung bei den Kommunen stieß Ende März der Vorschlag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), dass diese Unterkünfte für Flüchtlinge in Reserve vorhalten sollten. „Offenbach hat bekanntlich keine leer stehenden Wohngebäude, die es für solche Zwecke nutzen könnte“, schreibt die Stadt. Vorhalten könne die Stadt daher keine Räumlichkeiten – sollten die Flüchtlingszahlen aber stark ansteigen, könnten rasch Unterkünfte errichtet werden. Diese wären aber nur Notlösungen, etwa in Turnhallen. (Frank Sommer)

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