Bahn- und Busärger in Offenbach: Den Anschluss zu erwischen ist ein Glücksspiel
Die Anschlusszeiten von S-Bahn und Bussen ärgern Offenbacher ÖPNV-Nutzer. Die Taktung klingt in der Theorie gut - scheitert aber an der Praxis.
Offenbach – Es ist ein zeitloses Ärgerthema: die Verknüpfung von S-Bahn- und Bus-Angebot insbesondere in den Abendstunden. Was in der Theorie in Sachen Taktung gut klingt, ist in der Praxis offenbar schlecht gemacht. Anschaulich beschreibt der Offenbacher Stephan Rossius, der geschäftlich viel mit betroffenen Bahn- und Buskunden zu tun hat, die aktuelle Situation:
„Es sind einfache Bürger mit wenig Geld. Sie wohnen in Offenbach, Bürgel oder Rumpenheim. Sie sind unter anderem im Schichtdienst tätig, zum Beispiel am Flughafen, in Krankenhäusern oder in Kaufhäusern auf der Zeil. Sie besitzen wohl ein Auto, fahren aber nicht damit zur Arbeit nach Frankfurt, da es entweder keine Parkplätze gibt oder die Parkhäuser zu teuer sind. Einige fahren im Sommer mit dem Rad, aber gerade in der Innenstadt finden sie keinen sicheren Platz für ihre Räder“, berichtet Stephan Rossius von seinen Gesprächen.

Lange Wartezeiten beim Umsteigen: Offenbacher gehen oft lieber zu Fuß
Folglich bleibe diesen Pendlern nur die öffentlichen Verkehrsmittel S-Bahn und Bus. Rossius: „Das wirkliche Problem entsteht, wenn man mit der S-Bahn zu später Uhrzeit in Offenbach ankommt.“ Als Beispiel präsentiert er ein Foto der Bus-Anzeigetafel an der S-Bahn-Station Offenbach- Ost – aufgenommen am Freitag, 23. Dezember 2022, um 22.13 Uhr, kurz nachdem eine S-Bahn aus Frankfurt angekommen war: Der nächste Bus der Linie 102 Richtung Kaiserlei kommt in 56 Minuten, auf den 103er in Richtung An den Eichen muss man 75 Minuten warten, der 108er nach Bürgel ist gar erst für 23.38 Uhr, also in fast eineinhalb Stunden angesagt.

„Alle, mit denen ich gesprochen habe, laufen in Anbetracht dieser Taktung zu Fuß nach Hause, da niemand bereit ist, so lange auf den Bus zu warten. Am S-Bahnhof Offenbach-Ost gibt es zudem weder Park & Ride, noch sichere Plätze für Fahrräder noch ein Hopper-System“, sagt Rossius. Am Marktplatz sei die Situation nicht besser. Der 101 fahre dann ab, wenn die S-Bahn aus Frankfurt ankomme. Nur eine S-Bahnhaltestelle von Offenbach-Ost entfernt, in Mühlheim, würden die ÖPNV-Nutzer im Übrigen dank entsprechender Infrastruktur viel besser behandelt.
Ärger bei der Bus- und S-Bahn-Taktung: Kein Hopper für Offenbach
Bürgermeisterin und Mobilitätsdezernentin Sabine Groß, der Stephan Rossius seine Erfahrungen ebenfalls hat zukommen lassen, kann sich die auch fotografisch dokumentierten Missstände nicht erklären. Habe man doch trotz erforderlicher Einsparungen besonders in den Abendstunden die Taktung der Busse mit Rücksicht gerade auf die von Herrn Rossius genannten Personengruppen wieder verbessert. So gelte montags bis freitags bis circa 21 Uhr der 15-Minuten-Takt, bis Mitternacht ein 30-Minuten-Takt und bis etwa 1 Uhr würden die Busse dann stündlich fahren. Der ideale Anschluss von S-Bahn und Bussen, mutmaßt die Dezernentin, bestehe vor allem am Marktplatz, der als „Bus-Stern“ gelte. Man könne das Angebot wohl nicht an allen Punkten abstimmen.
Dem Einsatz von Kleinbussen, welche – ähnlich dem im Landkreis teilweise eingeführten Hopper-System – die zeitlichen Lücken füllen könnten, erteilt Sabine Groß eine Absage: Das sei eher etwas für ländliche Regionen. In Offenbach sei die Verteilfunktion der Busse so ausgebaut, dass ein Hopper nichts bringe. Außerdem könne man so etwas nicht kostenlos anbieten, was mit Blick auf die weniger betuchte ÖPNV-Kundschaft nicht fair sei. Berechnungen hätten ergeben, gäbe es in der Stadt einen Hopper zu den gleichen Konditionen wie im Kreis, würden zusätzlich zur Monatskarte nochmal mindestens 20 Euro für den Nutzer fällig.

Auch unfreundliche Busfahrer regen Offenbacher auf
Etwas, das nicht in Zahlen zu fassen ist, die ÖPNV-Nutzer aber mindestens ebenso aufregt wie verpasste oder unzumutbare Anschlussverbindungen, ist offenbar das Verhalten von so manchem Busfahrer. Ignoranz gegenüber Fahrgästen, die versuchten, noch den Bus zu erreichen und denen nicht mehr die Tür geöffnet werde, seien an der Tagesordnung, berichtet Stephan Rossius weiter von seinen Gesprächen. In einem Fall habe ein spätabendlicher „Fahrerwechsel“ rund 15 Minuten gedauert, das Gespräch der beiden Busfahrer habe sich nur um private Dingen gedreht.
Grundsätzlich würden die Busfahrer geschult, entgegnet Sabine Groß. Bei Unfreundlichkeit sollten sich die betroffenen Fahrgäste die Buslinie und die Uhrzeit notieren und den Vorfall den Offenbacher Verkehrsbetrieben melden. (Matthias Dahmer)
Im Sommer feierte das 9-Euro-Ticket in Offenbach einen großen Erfolg. Auf die Offenbacher Fahrgastzahlen hatte es aber nur geringe Auswirkungen.