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Offenbach: Corona-Leugner hetzen mit Hakenkreuz-Graffitis gegen Juden

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Von: Christian Reinartz

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Ein Hakenkreuz-Herz wird von einer Reinigungskraft entfernt.
Ein Hakenkreuz-Herz wird von einer Reinigungskraft entfernt. © Peterek

Ein kruder Mix aus Corona-Leugnerei, Judenhass und Hakenkreuz-Herzen beschäftigt derzeit Offenbach. Mittlerweiel ermittelt auch der Staatsschutz.

Offenbach - Es ist ein kruder Mix aus Corona-Leugnerei, Judenhass und Hakenkreuz-Herzen, der in den vergangenen Tagen von unbekannten Tätern in der Innenstadt von Offenbach auf Mauern und Hauswände gesprayt worden ist. Von etwa zwanzig bis dreißig einzelnen Graffitis weiß man bisher. Und immer wieder werden neue entdeckt.

War man am Freitag (12.11.2021) noch von einer ausschließlich rechten Motivation der Täter ausgegangen, verdichtet sich nun das Bild, dass es wohl Querdenker waren, die eine starke Affinität zur Nazi-Szene haben oder sich derer Symbole bedienen. So oder so ermittelt mittlerweile der Staatsschutz. Und auch das Landesamt für Verfassungsschutz in Wiesbaden ist involviert.

Bei Jüdischer Gemeinde in Offenbach wächst die Verunsicherung

Unterdessen macht sich in der Jüdischen Gemeinde Offenbach Verunsicherung breit. „Das macht etwas mit einer Gemeinde. Wir haben ein ganz schlechtes Gefühl, weil hier auf einmal wieder die üblichen Vorurteile bedient werden“, sagt Henryk Fridmann, geschäftsführender Vorstand der Gemeinde. Schon im Mittelalter seien die Juden für Pest- oder Cholera-Ausbrüche verantwortlich gemacht worden. „Es ist schwer zu sehen, dass es heutzutage trotz aller Aufklärung nur eine Pandemie braucht, damit sich derselbe Mechanismus erneut in Gang setzt und die Leute einen Sündenbock suchen.“ Sorgen bereitet Fridmann auch, dass die „Grenze zwischen Querdenkern und Rechten immer mehr aufweicht.“

Auch Impfstoff-Warnungen samt rassistischem Beiwerk sind zu Hauf zu finden.
Auch Impfstoff-Warnungen samt rassistischem Beiwerk sind zu Hauf zu finden. © Peterek

Einer, der sich mit solchen Verschwörungsmythen auskennt ist Holm Gero Hümmler. Der Physiker hat erst vor wenigen Wochen ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Fakt und Vorurteil – Kommunikation mit Esoterikern, Fanatikern und Verschwörungsgläubigen“. Er gilt als der deutsche Experte in Sachen Verschwörungstheorien. Für ihn zeigen die Vorfälle in Offenbach vor allem eines: „Diese Leute fühlen sich in der aktuellen Stimmung wesentlich sicherer als früher, weil sie denken, sie haben einen breiten gesellschaftlichen Rückhalt.“ Er geht nicht davon aus, dass es sich bei den Tätern um „richtige Alt-Nazis handelt, die Fakeln zum Geburtstag von Rudolf Heß anzünden.“ Richtige Rechte interessiere die ganze Corona- und Impfdiskussion gar nicht. „Ich wäre nicht im geringsten überrascht, wenn am Ende herauskommt, dass das ganz normale Leute aus dem bürgerlichen Milieu waren“, sagt Hümmler.

Nach Graffitis in Offenbach: Täter dürfen keine juristische Milde erwarten

Überhaupt sei es von der Verschwörungsgläubigkeit zum Judenhass nicht weit. „Die Idee einer Weltverschwörung gibt es nicht ohne Antisemitismus“, stellt der Experte klar. „Das Narrativ der jüdischen Weltverschwörung ist immer dabei. Und genau das sehen wir jetzt auch bei der Querdenkerbewegung.“ Anfällig für solche Parolen sind übrigens mehr Menschen als man denkt. „Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass etwa 30 Prozent der Bevölkerung grundsätzlich empfänglich für solche Verschwörungsmythen sind“, sagt Hümmler. „Die würden natürlich nicht alle gleich ein Hakenkreuz an die Wand sprayen. Aber sie geben durch ihre verquere Weltanschauung den Tätern gesellschaftlichen Rückhalt.“

Juristische Milde dürfen die Täter unterdessen kaum erwarten. Allein die Vielzahl und die Größe der Schmierereien, aber auch der enthaltene Judenhass, machen eine Haftstrafe laut der zuständigen Staatsanwaltschaft in Darmstadt mehr als wahrscheinlich. Gehe es doch bei den Graffitis in Offenbach allem Anschein nach nicht nur um den Gebrauch verfassungswidriger Symbole, sondern auch um Volksverhetzung. (Christian Reinartz)

Die Graffitis sind nicht der erste Vorfall, den man auf Corona-Leugner zurückführen kann. Denn vor einigen Monaten wurden bereits Schilder in Offenbach, die auf die Maskenpflicht hinweisen, beschmiert und zerstört.

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