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Finanzamt Offenbach wird digitalisiert: Elektronische Steuererklärung verärgert viele Menschen

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Von: Frank Sommer

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Briefkästen beim Finanzamt Offenbach.
Das Finanzamt Offenbach wird digitalisiert. © Sommer

Die Steuererklärung soll größtenteils nur noch digital erfolgen. Das verärgert vor allem ältere Hauseigentümer. Eine Übersicht.

Offenbach - Die Digitalisierung schreitet voran, doch nicht alle sind davon begeistert. Wie berichtet, setzt das Hessische Finanzministerium auf die Digitalisierung der Finanzämter, die Steuererklärung soll größtenteils nur noch elektronisch erfolgen. Was die Grundsteuer betrifft, soll die Meldung ausschließlich digital möglich sein: Leser aus Stadt und Kreis Offenbach meldeten sich in unserer Redaktion, nachdem sie entsprechende Briefe erhalten haben.

Hintergrund ist die Neuberechnung der Grundsteuer ab dem Jahr 2025: Vom 1. Juli bis 31. Oktober dieses Jahres müssen alle Eigentümer von Grundstücken oder Eigentumswohnungen selbst die entsprechenden Daten beim Finanzamt melden – und zwar ausschließlich über das Online-Steuerportal Elster.

„Ich finde es unverschämt, dass es keine Alternative gibt für Menschen, die sich damit nicht auskennen“, sagt Leserin Elke M., „man kann doch nicht davon ausgehen, dass jeder ein PC-Profi ist“. Bei Fragen werde man lediglich auf ein Chat-Portal verwiesen, sagt Leserin Gudrun H., „es gibt nicht mal mehr einen Menschen als Ansprechpartner“. Ihren vollen Namen möchten sie nicht in der Zeitung lesen.

Digitale Steuererklärung: Viele Senioren in Offenbach müssen nun Geld für einen Steuerberater zahlen

Auch der Haus-, Wohnungs- und Eigentümerverein Haus und Grund bestätigt, dass sich viele Mitglieder wegen des Zwangs, die Erklärung elektronisch abzugeben, beschwert hätten. „Unsere Klientel besteht zu großen Teilen aus älteren Menschen mit einem kleinen Mietshaus – einige haben privat gar keinen Internetanschluss“, heißt es vom Vorstand. Denn gerade für ältere Menschen würden Vorgaben, nur noch online ihre Erklärungen einreichen zu dürfen, sehr problematisch sein.

Nun müsse man extra Geld für einen Steuerberater ausgeben für etwas, das zuvor unkompliziert selbst durchgeführt werden konnte – ein Umstand, der auch am Selbstwertgefühl nagt und die Empfindung verstärkt, von der Gesellschaft abgehängt worden zu sein.

„Leider ist schon seit den 90er Jahren zu beobachten, dass Ämter oder Verwaltungen sich nach Möglichkeit nicht mehr selbst mit den Anliegen beschäftigen wollen und es zu einem Serviceabbau kommt – und der trifft besonders ältere Menschen“, sagt Gerhard Lux vom Offenbacher Seniorenrat. Natürlich habe die Digitalisierung große Vorteile, doch müsse man sehen, dass es dabei auch Verlierer gebe, und gerade ältere Menschen könnten dazu zählen. „Natürlich gibt es Senioren, die sich ganz hervorragend mit Smartphone und Internet auskennen, aber es gibt auch die anderen und das sollten Verwaltungen und Ämter nicht vergessen“, sagt Lux.

Neue Grundsteuerberechnung

Für die Neuberechnung der Grundsteuer (die bisherige Berechnung fußt auf Daten von 1964) besteht die gesetzliche Pflicht, ab 1. Juli eine Erklärung zum Grundsteuermessbetrag abzugeben. Alle Eigentümer müssen selbst tätig werden und Daten zur Lage und Größe des Grundstücks sowie zur Wohn- und Nutzfläche über das Steuerportal Elster angeben, Der Meldungszeitraum endet am 31. Oktober. Der neue Offenbacher Hebesatz wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Weitere Infos unter t1p.de/o651.

Offenbach: Digitale Steuererklärung verärgert Bürger – Finanzamt sieht die Situation anders

Bei den Finanzämtern und dem zuständigen Ministerium wird das Problem nicht gesehen: Dort wird die Umstellung auf Digitalisierung als mehr Nähe zum Bürger bezeichnet. „Ich werde jetzt einen Steuerberater beauftragen müssen“, sagt Leserin M., denn mit dem Elster-Portal sei sie nicht zurechtgekommen. Resignierende Aussagen wie diese hört man beim Eigentümerverein Haus und Grund nun öfter.

„Früher hatte man seinen Sachbearbeiter vor Ort und wusste, an wen man sich zu wenden hat, das fällt nun weg“, heißt es vom Vorstand. Dass es doch noch zu einem Umdenken seitens der Behörde kommt, bezweifelt man dort ebenso wie beim Seniorenrat: Es sei eben ein weiteres Kapitel beim lange festzustellenden Serviceverlust. (Frank Sommer)

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