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Ärger wegen neuem ÖPNV-Konzept: Stadt begründet Vorgehen

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Von: Frank Sommer, Martin Kuhn

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Der Planungsentwurf zur sogenannten Liniennetzoptimierung: Laut aktuellem Planungsstand entfallen einige Haltestellen. Rot markiert l sind die bestehenden, gelb l gekennzeichnet sind neue Haltestellen (Stand März 2022). Karte: © planmobil, Bearbeitung: mk
Der Planungsentwurf zur sogenannten Liniennetzoptimierung: Laut aktuellem Planungsstand entfallen einige Haltestellen. Rot markiert l sind die bestehenden, gelb l gekennzeichnet sind neue Haltestellen (Stand März 2022). Karte: © planmobil, Bearbeitung: mk © -

Der ÖPNV in Offenbach steht vor gravierenden Veränderungen. Nun Begründet die Stadt ihr Vorgehen und nennt Details.

Offenbach - Da hat die Stadt, respektive ihre Tochtergesellschaften, mal ein Fass aufgemacht: Die angedachten Einsparpotenziale fokussieren sich für viele Offenbacher auf die Einstellung der Buslinie 106. Grundlage ist der Beschluss der Stadtverordneten, die Finanzierung des ÖPNV auf 13 Millionen Euro jährlich zu deckeln. Der Weg dorthin ist wohl vermintes Terrain – was etliche Leser-Zuschriften verdeutlicht haben. Um’s kurz zu machen: „Flankierende balancehaltende Maßnahmen“ (Bus-Beschleunigung, bessere Zuwegung der Haltestellen) interessieren nicht die Bohne.

ÖPNV-Konzept in Offenbach: Stadt begründet Vorgehen mit Nutzer-Zahlen

Nun legt die Stadt Zahlen vor, die das Aus der Linie 106 begründen: „Die Busse dieser Linie waren bisher schwach in der Auslastung (an der Haltestelle Buchhügel stiegen 2021 täglich im Schnitt 105 Nutzer ein und aus, am Wetterpark 84 und an der Goerdelerstraße 17), zudem verlief die Linie teils parallel zu anderen durchs Stadtgebiet (Klinikum bis Marktplatz, Ketteler-Krankenhaus bis Offenbach-Ost).“ Teilstrecken werden künftig durch eine geänderte Linienführung der 108 übernommen (Buchhügel nördlich der Rhönstraße). Wer von der Sprendlinger Landstraße in Richtung Marktplatz fahren möchte, weicht auf die Regionalbusse X83 und 551 aus.

Die Stadt geht in die Offensive, wenn’s um die diskutierten Beratungsentgelte geht. Für die Einbindung des in der Mobilitätsbranche „renommierten Beratungsunternehmens“ KCW zur Ausarbeitung von strukturellen Einsparpotenzialen habe die Stadtwerke Holding einen Betrag von rund 200 000 Euro zur Verfügung gestellt. „Es ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen zwar eher unüblich, die Vergütung privatwirtschaftlicher Leistungen zu publizieren, wir möchten diesen Betrag aber im Sinne der vollständigen Transparenz vor der Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung nennen“, so Stadtsprecher Fabian El Cheikh.

ÖPNV-Konzept in Offenbach: Die Kosten

Angesichts der Gesamtkosten für den ÖPNV und dem längerfristigen Einsparpotenzial, das sich durch alle identifizierten Maßnahmen ergibt, sei die Beauftragung „trotz dieser einmaligen Zusatzkosten sinnvoll und zielführend“ gewesen. Externe Beratungsleistungen seien hilfreich, um durch einen unabhängigen Blick von außen insbesondere strukturelle Verbesserungspotenziale zu identifizieren, „die oftmals aus der eigenen Arbeit heraus nicht sofort augenfällig werden“. Darüber hinaus seien auch Hinweise aus der Mitarbeiterschaft von OVB und NiO zur Effizienzsteigerung bei den Leistungen der Mobilitätsunternehmen berücksichtigt worden.

Für die Ausführung der Planung der einzelnen Buslinien wurde zudem das Beratungsunternehmen Plan-Mobil beauftragt. Plan-Mobil war zuvor schon von der Stadt zu Rate gezogen worden und wird auch im Kreis Offenbach für den öffentlichen Nahverkehr eingesetzt.

Caritas in Offenbach ist enttäuscht über ÖPNV-Konzept und Wegfall von Buslinie 106

Zu den großen Verlierern bei der Streichung der Linie 106 zählt das Caritas-Zentrum im Südwesten der Stadt, das nicht mehr von der Linie angefahren wird. „Nicht nachvollziehbar“, nennt Caritas-Direktor Michael Klein die Entscheidung der Stadt. Gerade für die Bewohner des Seniorenheims, die noch mobil sind, ist die Bushaltestelle und die Linie 106 bisher eine wichtige Verbindung. „Dass die nun wegfällt, sorgt bei Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern für Unruhe“, sagt Klein, „zur genannten Ausweichlinie führt nicht einmal ein befestigter Weg“.

„Bei uns steht das Telefon nicht mehr still, gerade ältere Offenbacher sorgen sich wegen des Wegfalls der Linie 106“, sagt Sigrid Isser von der Seniorenhilfe. Dass die Anbindung zum Caritas-Seniorenzentrum und zum Else-Herrmann-Haus gestrichen wird, ist für sie nicht nachvollziehbar. „Warum wurde der Seniorenrat bei einem solchen gravierenden Einschnitt vorher nicht in die Planung eingebunden?“, fragt Isser.

ÖPNV in Offenbach: Und die Zukunft?

Die Richtschnur ist der Nahverkehrsplan – federführend von der Stadtwerke-Tochter Nahverkehr in Offenbach (NiO) erarbeitet. Mit der Erstellung des Plans 2023-2027 wurde vor zwei Jahren begonnen. Von Oktober bis Dezember 2020 gab es eine Bürgerbeteiligung – bedingt durch die Corona-Pandemie fand sie online statt. Gut 140 Ideen haben Bürger dabei eingebracht. Im Laufe dieses Jahres wird es eine weitere Bürgerbeteiligung geben – ein noch nicht feststehender Termin, auf den die kritischen Stimmen gespannt warten.

Aufgrund des großen Interesses hat die Stadt die wichtigsten Fragen rund um das Konzept gesammelt und beantwortet. Diese sind zu finden unter: offenbach.de/faq-finanzierungsdeckel-oepnv. Dort werden auch die ab Juli vorgesehenen Maßnahmen erläutert. (Martin Kuhn und Frank Sommer)

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