Laut EVO deutlich weniger Stromausfälle: Nachfrage nach Heizlüftern dennoch „bedenklich“

Die Stromversorgung in Offenbach wird immer stabiler, Stromausfälle kommen seltener vor. Ein Sprecher der EVO findet die große Nachfrage nach Heizlüftern dennoch bedenklich.
Offenbach - In den vergangenen zehn Tagen gab es gleich zwei Stromausfälle in Offenbach. In sozialen Medien wird nun diskutiert, ob sich Stromausfälle häufen: Dass im Zuge der Energiewende auch öfter mögliche Ausfälle in der Debatte genannt werden, ist sicher wenig hilfreich, das Vertrauen in die Stromsicherheit zu stärken.
„Der Eindruck täuscht, aber in den vergangenen 20 Jahren hat sich die Zahl der Stromausfälle im Bereich der EVO fast halbiert“, sagt Harald Hofmann, Sprecher des Energieversorgers. Damals habe die Ausfallzeit pro Kunde und Jahr noch rund 20 Minuten betragen, heute seien es rund zwölf Minuten. „2021 gab es in Offenbach acht Minuten Stromausfall pro Kunde, in Mainhausen praktisch gar keinen“, sagt Hofmann.
Geringe Gefahr eines Stromausfalls: Nachfrage nach Heizlüftern trotzdem „bedenklich“
Generell schätzt er die Gefahr eines Stromausfalls nicht so groß ein – sofern sich die Bürger vernünftig verhielten. „Wenn es heißt, dass die Nachfrage nach elektrischen Heizlüftern um 1 000 Prozent gestiegen ist, dann ist das bedenklich“, sagt Hofmann. Denn Heizlüfter hätten einen gewaltigen Strombedarf: Wenn sehr viele Haushalte diese in großem Umfang nutzen, steigt die Gefahr einer Überlastung des Stromnetzes und damit die eines Ausfalls. Die ganze Stadt sei dadurch weniger bedroht, aber durch den übermäßigen Einsatz solcher Stromfresser könnten kurzfristig ganze Straßenzüge vom Netz gehen. Die Gefahr einer lokal begrenzten Störung sei deutlich größer als die eines kompletten Ausfalls. Problematischer sei der Blick auf den Gasmarkt: 13 Prozent des Stroms in Deutschland werde durch Erdgas erzeugt, in den Wintermonaten liege der Anteil höher. Wenn das Gas knapp wird, kann somit ein Versorgungsengpass auch beim Strom drohen, erläutert Hofmann.
Was die Wärmeversorgung angeht, sieht sich die EVO gut aufgestellt: Das eigene Fernwärmenetz speist sich aus der Wärme des Müllheiz- sowie des Kohlekraftwerks, der Erdgasanteil wurde um 88 Prozent reduziert und spielt laut EVO keine bedeutende Rolle mehr. „Wir haben unser Kohlelager frühzeitig gut gefüllt“, betont Hofmann: 15 000 Tonnen Kohle lagern am Hafen in Offenbach, dazu wurde extra ein neues Lager in Stockstadt für weitere 35 000 Tonnen gemietet.
Kliniken und Banken bei Stromausfall
Krankenhäuser zählen wie Polizei und Feuerwehr zur kritischen Infrastruktur und verfügen über Notstromversorgung. Im Ketteler-Krankenhaus sind Operationssäle, Intensivstation, Aufzüge, relevante Lüftungsanlagen und medizinische Gasversorgung durch ein Notstromaggregat gesichert, außerdem verfügen lebenserhaltende Geräte über einen Akku. Auch im Sana-Klinikum ist die Versorgung für 24 Stunden sichergestellt und kann bei Bedarf verlängert werden. Mit monatlichen Probeläufen wird die Einsatzfähigkeit der Aggregate getestet. Wenn der Strom ausfällt, während man sich etwa in einem Supermarkt befindet, gilt zunächst: Ruhe bewahren. Die elektrischen Türen haben eine mechanische Notfallöffnung, das Personal ist dafür zuständig. Fällt der Strom aus, während die EC-Karte im Geldautomaten ist, so wird der Vorgang abgebrochen und die Karte bei Wiederanlaufen des Stroms eingezogen, wie die Sparkasse Offenbach mitteilt. Kunden müssen deshalb nicht vor dem Gerät warten, bis die Stromversorgung wieder funktioniert, sollten sich aber beim Geldinstitut melden, um die Karte anschließend zurückzuerhalten.
Sollte doch in Stadt oder Kreis Offenbach der Strom ausfallen, sei die EVO gut gerüstet, betont Hofmann. Techniker seien immer in Rufbereitschaft, um im Notfall zu den Anlagen zu fahren, die Ausfall melden. „Im Vergleich zu anderen Netzbetreibern haben wir den Vorteil, dass unsere Leute aus der Fläche bereits ausgerüstet starten.“ Die EVO-Techniker dürfen nämlich die Fahrzeuge mit der Notfallausrüstung mit nach Hause nehmen, müssen somit nicht erst zum Hauptgebäude fahren. Damit würden wertvolle Minuten gewonnen. „Auch Kollegen, die keine Rufbereitschaft haben, melden sich, sobald sie von einer Störung erfahren“, sagt er, das Zusammenspiel funktioniere gut.
Zwei Hauptleitungen als Schutz gegen Komplett-Ausfall
Dass, wenn es zu Ausfällen kommt, meist nur ein Teil des Stadtgebiets betroffen ist, hängt mit dem Sicherheitskonzept zusammen: Das sogenannte „N-minus-1“-System, eine Bezeichnung für Ausfallwahrscheinlichkeiten, sorgt dafür, dass jede Ortschaft über mindestens zwei Hauptleitungen aus unterschiedlichen Richtungen versorgt wird. Dass eine Kommune somit komplett ohne Strom ist, wird damit sehr unwahrscheinlich. „Da müsste schon sehr viel zusammenkommen“, sagt Hofmann.
Die kritische Infrastruktur jeder Kommune sei besonders geschützt und verfügt über Notstromaggregate. Aber auch Straßenbeleuchtung oder Verkehrsampeln seien oft durch die Versorgung nach dem „N-minus-1“-Prinzip gesichert: Ein Teil mag ausfallen, doch durch eine andere Hauptleitung kann der andere Teil weiter funktionieren. (Von Frank Sommer)
Einen größeren Stromausfall gab es in Offenbach zuletzt im März. Tausende Menschen waren für Stunden ohne Energie.