Fahrrad-Demo der Initiative Radentscheid auf der Waldstraße am Samstag

Eine Überraschung für die Verkehrsteilnehmer der vielbefahrenen Waldstraße am Samstagvormittag: Plötzlich war auf dem Abschnitt zwischen Marienstraße und Christian-Pleß-Straße die rechte Fahrspur für Autofahrer mit Pylonen abgesperrt und stattdessen ein Radweg eingerichtet. VON JAN SCHUBA
Offenbach – Doch diese Verwunderung währte nur kurz: Nach guten zwei Stunden war dieser Radweg wieder verschwunden. Der sogenannte „Pop-Up-Radweg“ war im Rahmen einer Demonstration geschaffen worden, mit der die Initiative Radentscheid gemeinsam mit dem Offenbacher Ortsverein des ADFC und der Initiative Stadtbiotop auf ein zuverlässiges Sicherheits- und Mobilitätskonzept für Radfahrer hinarbeitet. .
Mit sicheren und eindeutig gekennzeichneten Radwegen solle die Stadt autofreier gemacht und „den Radfahrern die gleichen Rechte wie den Autofahrern“ gegeben werden, erläutert Harry Neß das Ziel der Maßnahme, bei der die zweispurige Waldstraße für Autofahrer kurzfristig auf eine Spur verengt wird. „Wir gehen zur Zeit davon aus, dass aktuell viele von den öffentlichen Verkehrsmitteln auf das Fahrrad umsteigen - da ist es einfach notwendig, sichere Radwege zur Verfügung zu stellen“, erklärt Jochen Teichmann, Sprecher der Initiative Radentscheid und Koordinator der Aktion.
Für die Demonstration am Samstag wurde der Abschnitt auf der Waldstraße bewusst ausgewählt: „Gerade hier sind aktuell viele Radfahrer unterwegs, auch viele Menschen, die die Nebenstraßen nicht kennen – der Verkehr ist sehr dicht in den zwei Spuren, da ist einfach kein sicheres Fahren möglich.“ Mit der Aktion will die Initiative mit ihren Unterstützen illustrieren, „wie einfach es für Kommunen wäre, auf ganz schnelle Art und Weise Radwege aufzustellen, auch kurzfristig und temporär – aber natürlich auch für längere Zeit.“
Beschwerden über den die Straße einengenden „Pop-Up-Radweg“ von Autofahrern bleiben aus, bei einigen Radfahrern sorgt der ungewohnte Weg für kurze Irritationen – einer fährt mit seinem Drahtesel vorbei und reiht sich nach ordnungsgemäßem Handzeichen lieber auf die Autospur ein, bevor er wahrnimmt, was hier eigentlich vorgeht. „Daran merkt man, dass man als Fahrradfahrer immer denkt, man muss Platz machen“, sinniert Babette Jenschke, Pressesprecherin der Initiative Radentscheid. „Wir wollen, dass die Leute umdenken können: Ich bin Verkehrsteilnehmer wie jeder andere auch - ich darf auch Platz und einen sicheren Weg haben.“ Viele Vorbeigehende nehmen die Aktion äußerst positiv auf, Anwohner erzählen, was sie schon alles mit Autos und Radlern erlebt haben – die Idee scheint also auch für einen eventuell langfristig eingerichteten Radweg an dieser Stelle Anklang zu finden.

Ausprobieren darf den „Pop-Up-Radweg“ jeder, der vorbeikommt – und so werden etliche Runden von der Waldstraße über Christian-Pleß-Straße, Senefelder und Marienstraße zurück zum Ausgangspunkt gedreht.
Der Bedarf und die rechtlichen Möglichkeiten für sichere Radwege seien gegeben, sagt Teichmann. Mit einem Bürgerbegehren sollen dann auch die politischen Mühlen in Gang gesetzt werden. Sobald die Forderungskataloge offenstehen, soll mit dem Sammeln von Unterschriften begonnen werden.
Bei der Demonstration geht es nicht nur um die Waldstraße, die Samstag als Exempel gewählt wurde, die Initiative widmet ihr Engagement dem gesamten städtischen Radverkehr. Jüngstes Beispiel ist die Forderung nach Schließung der Seitenstraßen des Wilhelmsplatzes: „Bis jetzt wurden lediglich sechs Parkplätze weggenommen, aber das ist keine Verbesserung der Situation“, erklärt Teichmann.
Der „Pop-Up-Radweg“ war übrigens keine exklusive Überraschung für Offenbach – in 30 Städten gibt es derzeit ähnliche Aktionen zum Beweis, dass das Erschaffen von sicheren Radwegen kein Hexenwerk ist. Für die Mitwirkenden vom Radentscheid, dem Stadtbiotop und dem ADFC ging es am Nachmittag weiter nach Frankfurt – um die gleiche Aktion auch an der Messe zu präsentieren.
VON JAN SCHUBA