Sensation in der Wirtschaft: Weltkonzern zieht von Frankfurt nach Offenbach

Das Weltunternehmen Samson zieht nach Offenbach. Das heißt auch, dass künftig mehr Geld in die Kassen der Stadt fließen soll.
Offenbach – Der weltweit renommierte Ventil-Hersteller Samson zieht in den nächsten fünf Jahren mit seiner gesamten Produktion von Frankfurt nach Offenbach. Für die Stadt bedeutet das eine der wichtigsten Industrieansiedlungen der vergangenen 60 Jahre und Zuzug eines Gewerbesteuerzahlers mit einem Jahresumsatz von weit über einer halben Milliarde.
Felix Schwenke kann seine Euphorie kaum bremsen. „Es ist kein guter Tag, es ist der beste Tag für Offenbach seit Langem“, freut sich der SPD-Oberbürgermeister, als er die Verkündigung einer wirtschaftlichen Sensation eröffnet.
Die nackten Fakten rechtfertigen die von den Magistratskollegen Peter Freier (CDU, Bürgermeister, Stadtkämmerer) und Paul-Gerhard Weiß (FDP, Planungsdezernent) geteilte Überschwänglichkeit: Nach beispiellosem industriellen Niedergang siedelt ein innovatives, zukunftsträchtiges Weltunternehmen der Ventil- und Regeltechnik in den kommenden drei bis fünf Jahren nach Offenbach um; Samson bringt bis zu 2.000 hoch qualifizierte Mitarbeiter mit; sein Jahresumsatz von derzeit 660 Millionen Euro wird über die Gewerbesteuer ein Segen für die klamme Stadtkasse in Offenbach sein.
Weltunternehmen Samson kommt nach Offenbach: Stadt hofft auf weitere Ansiedlungen
14,3 von 36 Hektar ehemaliges Allessa-Gelände hat das Frankfurter Traditionsunternehmen Samson von der Stadt erworben – über den Kaufpreis ist Stillschweigen vereinbart worden. „Schneller als erwartet, kommt die Entwicklung des ehemaligen Chemiestandortes zu einem innovativen Technologiestandort einen riesigen Schritt voran“, jubelt eine städtische Pressemitteilung über einen so nicht erträumten „Türöffner für die Ansiedlung weiterer Betriebe“ auf dem künftigen „Innovationscampus“.
Tatsächlich hat sich eine Mischung aus Wagnis und Weitblick fast umgehend ausgezahlt: Erst im Frühjahr 2020 kaufte Offenbach der Schweizer Firma Clariant für knapp sieben Millionen Euro die Fläche zwischen Mühlheimer, Ketteler- und Mainstraße für einen wahren Schnäppchenpreis ab; von den früheren Nutzern hinterlassene Altlasten sind nun auf kommunale Kosten zu beseitigen.
So kamen Bedürfnis und Angebot zusammen. Wie Samson-Vorstandsvorsitzender Andreas Widl erläutert, ist der Stammsitz im Frankfurter Osthafen nicht mehr geeignet, um profitables Wachstum zu ermöglichen. Die seit 1916 genutzten 130 .000 Quadratmeter sind von drei öffentlichen Straßen durchzogen. Widl: „Weder Anordnung und Ausstattung der Infrastruktur, Warenfluss entlang unserer tiefen Wertschöpfung noch neue Anforderungen an eine hochmoderne Produktion lassen sich auf dem bestehenden Gelände zukunftsfähig abbilden.“
Innerstädtische Entwicklungsfläche: Offenbach hat einen Vorteil gegenüber Frankfurt
Was Frankfurt nicht bieten konnte, hält Offenbach vor: die größte zusammenhängende innerstädtische Entwicklungsfläche der Region für eine gewerbliche Nutzung. HfG-Professor Frank Georg Zebner, der Mitgründer des Projekts „Designpark Offenbach“, machte auf Samsons Raum-Nöte aufmerksam und empfahl OB Schwenke, „mal hinzufahren“. Der über die Parteigrenzen hinweg einmütige Offenbacher Magistrat ließ sich nicht lange um eine Offerte bitten.
Samson wollte auf die grüne Wiese im Ballungsraum und bekommt die grüne Wiese in Offenbach. Für Vorstandschef Widl ein glücklicher Zufall, wie es ihn so häufig nicht gibt. „Es ist aber keine Entscheidung gegen Frankfurt, sondern eine für Rhein-Main“, sagt Vorstandskollege Dominik Deller.
Weltkonzern Samson in Offenbach: Ein Traum für den Stadtkämmerer
3,5 Kilometer Luftlinie vom gegenwärtigen Standort von Samson entfernt, investiert das Unternehmen 250 Millionen Euro in eine hochmoderne Fabrik. Nach einer ein- bis zweijährigen Planungsphase zieht zunächst die Elektronikproduktion um, in etwa fünf Jahren soll alles mit Ausnahme eines Entwicklungszentrums über den Main verlagert sein.
Offenbachs speziell für das frühere Allessa-Areal gegründete Stadtwerke-Tochter Innovationscampus GmbH & Co. KG mit Chefin Daniela Matha hat Vorleistungen zu erbringen. Eine noch nicht bezifferte Millionensumme ist für die Sanierung von Grundwasser und Altlasten vorzuschießen. „Die äußere Erschließung ist unsere Aufgabe, und die werden wir gern erfüllen“, sagt Planungsdezernent Weiß.
In den Augen seines Kollegen Bürgermeister Freier sind schon Eurozeichen zu ahnen, als er sich über die zu erwartende Wertschöpfung begeistert: „Heute ist auch ein besonderer Tag für einen Stadtkämmerer – was wir uns nie zu träumen gewagt hätten, ist real geworden.“ (Thomas Kirstein)