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Offenbach als Drehkreuz der Rüstungsindustrie: Vater und Sohn exportieren Militär-Teile am Zoll vorbei

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Vater und Sohn sollen Militärflugzeug-Teile am Zoll vorbei in den Iran exportiert haben © Symbolbild: dpa

Offenbach – Produktion in Malaysia, Export in den Iran – und dazwischen der Vertrieb in Offenbach: Ein nicht alltäglicher Prozess ist gestern vor dem Landgericht Darmstadt eröffnet worden.

Der 47-jährige Masoud B. wird angeklagt, in 23 Fällen gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Der Iraner und sein weiterhin flüchtiger Sohn sollen von November 2006 bis September 2008 Militärflugzeug-Ersatzteile in ihr Heimatland exportiert haben – insgesamt 256 Artikel mit einem Gesamtwert von 758.559 Euro. Zehn Teile davon wurden vom Zoll am Frankfurter Flughafen beschlagnahmt, weitere 64 sind verkauft, aber noch nicht exportiert worden.

Ausfuhr ist genehmigungspflichtig

Das Pikante an der Sache: Alle Produkte stehen auf der Ausfuhrliste der Außenwirtschaftsverordnung. Soll heißen: Ihre Ausfuhr ist genehmigungspflichtig. Doch eine Erlaubnis ist nie erteilt worden. Offiziell vertrieb die Import-Export-Firma – B. und sein Sohn waren Geschäftsführer – von ihrem Firmensitz in Offenbach aus Ersatzteile für Pkw, Lkw, landwirtschaftliche Maschinen und Industrieanlagen. Inoffiziell soll sie Drehkreuz für Rüstungsindustrie und Militäranlagen im Iran gewesen sein. Die zehn vom Zoll beschlagnahmten Teile hätten sogar in Atomwaffenträgersysteme verbaut werden können.

Fast eine Stunde verliest Staatsanwalt Dr. Sebastian Müller die Anklageschrift. Viele der Ersatzteile mit englischen Namen wie „Oil Press Indicator“, „Wire Rope Assemblies“ oder „Nose Landing Gear“ waren für Transportflugzeuge wie die Lockheed C-130 und die Boeing C-135 Stratolifter. Auch Teile für Überschallkampfjets wie die McDonnell F-4 Phantom und das Aufklärungs- und U-Boot-Jagdflugzeug Lockheed P-3 Orion stehen auf der Liste. Das Unternehmen des Angeklagten kaufte die Teile über die International Aero Space Quality Group, eine globale Organisation von Unternehmen, die Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsprodukte sowie -dienstleistungen anbieten, und verkaufte sie in den Nahen Osten weiter. Geliefert wurde per TNT oder über ein weltweit tätiges Logistikunternehmen mit Sitz in der Schweiz.

Prozess schon wieder ausgebremst

Nach der umfangreichen Anklageschrift wird der Prozess auch schon wieder ausgebremst: Die Verteidigung stellt einen Antrag auf Unterbrechung der Verhandlung, weil ihr die Zusammensetzung der 18. Strafkammer erst am Freitag mitgeteilt wurde. Laut Strafprozessordnung kann diese Mitteilung auch erst unmittelbar vor Prozessbeginn erfolgen, doch der Anwalt hat das Anrecht auf genügend Zeit, um die Besetzung zu prüfen. Diese reichte jedoch zur Überprüfung der Schöffen-Wahlunterlagen, die beim Amtsgericht abgelegt sind, nicht aus. Die Kammer billigt ihm eine Woche zu und kann den Prozess nun erst am dritten Verhandlungstag fortsetzen. Das ist ärgerlich, gehört aber zu den Spielregeln eines Strafprozesses. Leider gibt es aber immer wieder Anwälte, die es sich scheinbar zur Taktik gemacht haben, die Prozessordnung weit möglichst auszureizen. Ob das immer dem Wohl des Mandanten dient, wenn der Prozess künstlich in die Länge gezogen wird, ist fraglich. Vonseiten der Staatsanwaltschaft kommen nur selten solche Anträge – die arbeitet meist auf einen reibungslosen Ablauf hin.

Dass der lange zurückliegende kriminelle Handel jetzt zur Anklage kommt, liegt daran, dass der Vater erst im Dezember 2018 in Rom verhaftet werden konnte. Wo sich der Sohn zur Zeit aufhält, ist unbekannt. Beide wurden jahrelang mit internationalem Haftbefehl gesucht. Für den Prozess sind acht Verhandlungstage bis in den Mai geplant.

VON SILKE GELHAUSEN

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