„Scheinen zu machen, was sie wollen“: Hitzige Diskussion um Werbung in der Innenstadt

Zu aggressiv sei die Werbung in der Offenbacher Innenstadt, kritisieren die Einwohner in den sozialen Medien. Nun wird auch in der Politik Kritik laut.
Offenbach – An der Offenbacher Innenstadt entzünden sich regelmäßig Diskussionen: In sozialen Medien wurde nun das Erscheinungsbild in Frage gestellt. Zu aggressive Werbung auf der Straße, wenig wertiges Erscheinungsbild der Geschäfte, kein Stil, so einige der Vorwürfe.
Dabei hatten die Stadtverordneten Ende November 2018 eigens eine „Werbeanlagen- und Gestaltungssatzung Innenstadt“ mit großer Mehrheit beschlossen, um den Werbewildwuchs einzudämmen und das Erscheinungsbild der Innenstadt aufzuwerten. Dass Handlungsbedarf bestand, darin waren sich alle Akteure einig, schließlich haben der Gewerbeverein Treffpunkt und die Initiative Karree Offenbach gemeinsam mit der Stadt die Satzung erarbeitet.
Werbung in Offenbach: „Viele Einzelhändler machen, was sie wollen“
Doch auch Jahre nach Inkrafttreten der Regeln hat sich an der Situation in der Fußgängerzone wenig geändert, wie ebenfalls von Parteivertretern beklagt wird, die damals an der Erstellung der Satzung beteiligt waren. Schaue man sich in der Innenstadt um, falle auf, dass „viele Einzelhändler irgendwie zu machen scheinen, was sie wollen“, sagt Dominik Leiendecker von den Freien Wählern. „Die Befolgung der Regeln der Offenbacher Gestaltungssatzung für die Innenstadt findet im Wesentlichen nicht statt. Dies ist umso bedauerlicher, als der Magistrat große Investitionen in Maßnahmen aus dem Zukunftskonzept Innenstadt zur Belebung der City plant,“ sagt Roland Walter (CDU).
Beide Parteien bemängeln, dass die Verordnung nicht durchgesetzt werde, Leiendecker spricht in diesem Zusammenhang von einem „zahnlosen Tiger“. Die CDU hat für die Stadtverordnetenversammlung kommende Woche einen Antrag gestellt, um die Satzung künftig besser anwenden zu können: So soll die Stadt die Gewerbetreibenden besser über das Regelwerk und Fördermöglichkeiten informieren.
Offenbach: Satzung gilt nur für neue Werbeanlagen
Doch ein „Geburtsfehler“ der Satzung dürfte das Hauptproblem darstellen, woran auch der CDU-Antrag wenig ändern wird: Als die Satzung beschlossen wurde, hat man für bestehende Werbeanlagen Bestandsschutz gewährt, nur für seitdem neu beantragte Werbeanlagen gilt das Regelwerk. Da so manche der von Bürgern und Parteien beanstandete Missstände wie Verkaufsständer auf der Straße, Kundenstopper oder besonders auffälligen Reklameschilder unter Bestandsschutz fallen, gibt es keine Handhabe, Verbesserungen durchsetzen zu können.
Das ist der Verwaltung bewusst, wie Stadtsprecher Fabian El Cheikh schreibt: „Ein Großteil derjenigen Anlagen, die allgemein nicht als ansprechend wahrgenommen werden, existieren bereits länger und dürfen daher weiter bestehen.“ Die Satzung könne folglich erst mit den Jahren ihre sichtbare Wirkung entfalten, sagt er.
Offenbach: Kritik an lascher Kontrolle der Werbung
Allerdings: Dass neue Anlagen regelwerkkonform sind, wird nur teilweise kontrolliert. Laut Stadt sind für die Kontrolle die Bauaufsicht wie das Amt für Planen und Bauen zuständig – diese Ämter sind bekanntlich unterbesetzt, da sich für viele Stellen kaum Fachkräfte finden lassen. Man schaue im Rahmen der Kapazitäten teils fallbezogen, teils systematisch, ob die neuen Werbeanlagen der Satzung entsprechen, sagt El Cheikh.
„Beide Ämter haben die Angelegenheit im Blick, allerdings müssen wir eingestehen, dass die Aufgabe äußerst zeit- und personalintensiv ist und die Personaldecke in beiden Ämtern für ein intensives und zügiges Einschreiten nicht ausreichen.“ Zudem wechsle die Nutzung der Läden in der Fußgängerzone so rasch, dass ein behördliches Verfahren nach einer Beanstandung oftmals schon wieder überholt sei. (Frank Sommer)
Beim Umbau des Offenbacher Marktplatzes kam es zu Verzögerungen.