Städtische Angestellte machen sich wegen ungeimpfter Kollegen Sorgen

In der Offenbacher Stadtverwaltung geraten Geimpfte und Impfskeptiker aneinander. Die einen fordern eine 2G-Regelung, die anderen verunsichern Mitarbeiter.
Offenbach – Die Stadtverwaltung spiegelt zumindest in Teilen die Stadtgesellschaft wider: Hier wie dort wird um den richtigen Umgang mit der Corona-Pandemie gerungen. In der Bürgerschaft gibt es Impfverfechter wie Impfskeptiker – und diese Ansichten gibt es ebenso bei städtischen Mitarbeitern.
Nun haben sich Mitarbeiter aus gänzlich unterschiedlichen Bereichen der Stadt an unsere Redaktion gewandt, da sie sich von der Stadtspitze im Stich gelassen fühlen: Geimpfte und Ungeimpfte würden teils dicht an dicht in zusammenarbeiten, bei einigen herrscht Angst, dass die ungeimpften Kollegen das Corona-Virus einschleppen könnten. „Einen Impfdurchbruch brauche ich wirklich nicht – ich denke da auch an meine Familie, die dann davon betroffen wäre“, sagt ein städtischer Mitarbeiter, der – wie sämtliche seiner Kollegen – nicht namentlich genannt werden möchte.
Angestellte in Offenbach kämpfen mit Verunsicherungen durch Impfskeptiker
Ein anderer kritisiert, dass er mit Impfskeptikern zusammenarbeiten muss, die mit lautstarken Äußerungen über mögliche Nebenwirkungen für Verunsicherung unter den Kollegen sorgen. Und eine weitere Mitarbeiterin der Stadt kritisiert, dass die Stadt zwar in Richtung Bürgerschaft mit einer groß angelegten Werbe-Offensive das Impfen propagierte, in Richtung der Belegschaft der Eifer jedoch deutlich geringer ausgefallen sei.
Auf die Vorwürfe angesprochen, heißt es seitens der Stadt, dass sich bisher noch keine Mitarbeiter in dieser Sache an den Personalrat gewandt hätten, auch beim Gesundheitsamt habe es keine Anfragen gegeben.
Impfskeptiker in der Stadtverwaltung: Offenbacher Gesundheitsamt muss aufklären
Allerdings weiß Stadtgesundheitsamtsleiter Dr. Bernhard Bornhofen sehr vereinzelt von verunsicherten Mitarbeitern zu berichten, die sich mit Fragen rund ums Impfen an ihn gewandt hätten. Besonders junge Frauen hätten ihm nach entsprechenden Berichten in sozialen Medien die Frage gestellt, ob die Impfung unfruchtbar machen oder eine Schwangerschaft verhindern könne.
Reaktionen des Körpers seien immer möglich, pflegt Bornhofen darauf zu antworten, doch könnten auch psychische Belastung, schwere körperliche Anstrengung oder etwa eine Flugreise dazu führen, dass kurzzeitig keine Schwangerschaft möglich sei. Allein die Impfung verantwortlich zu machen, sei eindeutig zu kurz gegriffen. „Den Ängsten muss man mit Fakten und Erkenntnissen begegnen“, sagt Bornhofen.
Auch gegenüber unserer Zeitung machten vereinzelt Mitarbeiter ihre Bedenken bezüglich einer Impfung bekannt: Ein Mitarbeiter etwa, der täglich Kontakt zu Bürgern habe, habe sich gegen eine zweite Impfung entschieden, da er Nebenwirkungen befürchte. Eine Haltung, die bei geimpften Mitarbeitern auf Unverständnis stößt und dort wiederum zu Ängsten führt. Die Stadt müsse mehr tun, um über die Impfung aufzuklären, heißt es von diesen.
Bürgermeisterin in Offenbach ratlos beim Thema Impfskeptiker
„Ich kann das ungute Gefühl der Mitarbeiter nachvollziehen“, sagt Bürgermeisterin und Gesundheitsdezernentin Sabine Groß (Grüne), „aber als Stadt sind uns da die Hände gebunden.“ Denn die Stadt darf die Mitarbeiter weder nach ihrem Impfstatus befragen noch eine verpflichtende Corona-Schutzimpfung anordnen. „Das ist ja die aktuelle politische Diskussion – das Thema betrifft nicht nur die Stadtverwaltung, sondern alle Unternehmen.“ Solange es von der Bundesregierung keine weiterführende Regelung gebe, besitze man keine Handhabe.
Dass die Stadt nicht genug gemacht hätte, damit sich Mitarbeiter impfen ließen oder um sie vor Gefahren zu schützen, möchten weder Groß noch die stellvertretende Stadtsprecherin Kerstin Holzheimer so stehen lassen: Immer wieder sei auf die Wichtigkeit der Impfung hingewiesen worden, selbst städtischen E-Mail-Signaturen seien mit dem Hinweis versehen, „sich und andere schützen, impfen lassen“.
Mit dem OP-Newsletter alles aus Offenbach direkt in Ihr Postfach
Sie wollen mehr News aus Offenbach erhalten? Dann ist unser Newsletter genau das Richtige für Sie!
Ringt um Antworten: Stadt Offenbach bot Angestellten frühe Impfungen
Oberbürgermeister Felix Schwenke habe in internen Merkblättern die Mitarbeiter dazu aufgerufen, Kontakte auf ein Minimum zu beschränken, verantwortlich zu handeln und sich so bald als möglich impfen zu lassen.
„Als Stadt haben wir alle möglichen Schutzmaßnahmen ergriffen, Trennwände montiert, Masken ausgeteilt und die Möglichkeit gegeben, sich auf einer Impfliste einzutragen“, sagt Groß. Tatsächlich konnten sich städtische Mitarbeiter, als das Impfzentrum in der Stadthalle geöffnet war, als Ersatz für Bürger, die ihren Impftermin verfallen ließen, einspringen. In einer städtischen Präsentation seien zudem alle Bediensteten über die Schutzimpfung aufgeklärt worden, und die externe Kampagne sei über das Intranet auch den Mitarbeitern verfügbar.
Offenbacher Stadtmitarbeiter wünschen sich 2-G-Regelung auch für Mitarbeiter
Wünsche einzelner Angestellter, etwa dass nur Geimpfte Kontakt zu Bürgern hätten oder dass der Zugang zum Rathaus auf Geimpfte beschränkt werde, muss Groß eine Absage erteilen. Die Stadt habe es zwar geprüft, doch die Rechtslage sei eindeutig: Als Dienstleister für die Bürger dürfe die Stadt keine 2G-Regel für den Zugang zu den Ämtern einführen. „Ich kann allen, die sich unwohl fühlen mit der Situation, nur raten, das zu machen, was ich auch praktiziere: Die Maske aufzusetzen, wenn zu viele in einem Raum sind“, sagt Groß.
Nicht verschwiegen werden soll, dass sich auch städtische Mitarbeiter bei unserer Zeitung gemeldet haben, die sich zufrieden mit dem Engagement der Stadt zeigen. Das Angebot der Impfpriorisierungsliste sei etwa sehr früh eingegangen, sagt eine Mitarbeiterin. Jüngst sei zudem die Grippeimpfung rasch und unkompliziert angeboten worden. Allerdings hätten sich auch da Kollegen kritisch zur Impfung geäußert. (Frank Sommer)