Offenbach schafft Finanz-Anreiz zur Entsiegelung von Flächen

„Gärten des Grauens“ ist eine beliebte Seite in den sozialen Netzwerken: Dort wird unter vor allem ästhetischen Gesichtspunkten schonungslos mit dem Phänomen „Schottergärten“ abgerechnet. Doch nicht nur ästhetisch, auch ökologisch sind versiegelte oder nicht begrünbare Flächen in Städten problematisch. „Versiegelte Flächen heizen sich besonders stark auf, verhindern die dezentrale Versickerung von Niederschlag und Grundwasserneubildung und schaden der Biodiversität“, wie der Magistrat schreibt.
Offenbach - Gleich zweimal stand das Thema auf der Tagesordnung der jüngsten Stadtverordnetenversammlung: Um Eigentümern die Entscheidung zur Entsiegelung von Flächen zu erleichtern, hat der Magistrat vorgeschlagen, finanzielle Anreize dafür zu schaffen. Bis maximal 50 Euro pro Quadratmeter sollen künftig Planungs-, Material- und Baukosten für Entsiegelungen gefördert werden, bei Vollentsiegelung werden 30 Prozent, bei Teilentsiegelung 15 Prozent der Kosten gefördert. Die Obergrenze liegt bei 5 000 Euro pro Grundstück. Ansprechpartner für die Bürger in Sachen Förderung wäre das Offenbacher Umweltamt.
„Wir benötigen endlich eine Förderrichtlinie für Entsiegelung“, sagt Grünen-Fraktionschefin Sybille Schumann, „Entsiegelung schützt vor Überschwemmung wie vor Dürre.“ Es müsse alles getan werden, damit wieder mehr Niederschlag im Boden versickere statt verdunste – durch trockene Böden entstünden ökologisch wie finanziell große Schäden für die Stadt.
Der Flaschenhals bei dem Antrag ist jedoch das zur Verfügung stehende Budget: „Die insgesamt verfügbaren, bereitgestellten Mittel orientieren sich nach der Haushaltslage der Stadt“, heißt es in dem Antrag, 25 000 Euro sind etwa für das Jahr 2022 im Haushalt für die Entsiegelungsförderung bereitgestellt. Diese könnte zwar bei großer Nachfrage ausgeweitet werden, der Ansatz bliebe jedoch gleich.
Ein Punkt, den die Linke heftig kritisiert und der Initiative dann auch ihre Zustimmung versagt. „25 000 Euro sind ein sehr endlicher Betrag“, sagt deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Markus Philippi. Die Koalition nehme das Thema offenbar nicht sonderlich ernst, sonst hätte sie das Budget dafür höher angesetzt, folgert die Linke.
Trotz der Kritik: Ein Blick in die Region zeigt, dass man von einem einheitlichen Vorgehen in Sachen Entsiegelung weit entfernt ist. Erst jüngst hatten die Stadtverordneten im nahen Seligenstadt das Thema ebenfalls auf der Tagesordnung, doch finanzielle Anreize wurden nicht beschlossen. Andere Städte wie etwa Hanau haben bereits vor Monaten auf ein Kataster für Flächen zur Entsiegelung gesetzt.
Die Mehrheit der Offenbacher Stadtverordneten stimmte für das Anreizprogramm, die Linke nicht.
Mit der „Katastrophenvorsorge für die Offenbacher Bevölkerung“ hatte die CDU ganz am Ende der Sitzung einen weiteren Antrag zur Thematik gestellt, der jedoch wegen der fortgeschrittenen Zeit nicht diskutiert wurde. Zudem hatten federführend die Grünen für die Ampel-Koalition den Antrag abgeändert: Statt verschiedener Mechanismen zum „Schutz der Bevölkerung vor negativen Folgen bei Überflutung durch Starkregen für Menschen, Grundwasser, Infrastruktur und Gebäude“ setzen die Grünen auf ein Gesamtkonzept.
„Schwammstadt“ nennt sich dieser Plan, bei der man das Prinzip des Schwamms auf Städte überträgt: Schwämme nehmen Wasser auf, speichern es und geben es langsam an die Umgebung ab. Entsiegelung von Flächen und Areale, auf denen Regenwasser natürlich in den Boden eindringen kann, ohne in die Kanalisation abgeleitet zu werden und dann bei Starkregen für Überlauf zu sorgen, ist das grundlegende Prinzip der Schwammstadt. Auch konsequente Begrünung der Stadt als Schutz vor Überhitzung zählt dazu.
Mit den Stimmen der Ampel-Koalitionäre wurde das Schwammstadt-Konzept für Offenbach beschlossen, die den Ursprungsantrag stellende CDU versagte diesem aber ihre Stimmen. Offenbach folgt damit anderen Großstädten wie etwa Leipzig, die bereits dem Schwammstadt-Konzept folgen.
Von Frank Sommer