Knotenpunkte
Ampelsteuerung in Offenbach: Damit der Verkehr am Kaiserlei flutscht
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Verkehr ist ein Reizthema. Auch in Offenbach. Moderne Technik soll vermehrt helfen, lange Staus und Rückstaus zu verhindern.
Offenbach – Kreuzung statt Kreisel – und der Verkehr flutscht: Daher gab es viele Bedenken, als ausgerechnet der Kaiserleikreisel zur Doppelkreuzung umgebaut wurde. Doch die Furcht, dort noch länger im Stau zu stehen als zuvor, hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil. Mit Erstaunen nehmen viele Offenbacher wie Frankfurter zur Kenntnis, dass sie trotz Ampeln kaum Wartezeit haben und den Knotenpunkt relativ rasch passieren können.
Möglich macht’s moderne Verkehrstechnik. Dank Digitalisierung kann die Stadt eine intelligente Ampelsteuerung verwenden, um den Verkehr flüssig zu halten – auch zur Steigerung der Effizienz im Busverkehr setzt die Stadt darauf. „Grüne Welle und Verkehrsverflüssigung sind schon seit den 1990er Jahren ein Thema. Aber durch das gestiegene Verkehrsaufkommen und geänderte Tempovorgaben haben die alten Programme an den Ampeln nicht mehr funktioniert“, sagt Bürgermeisterin und Mobilitätsdezernentin Sabine Groß.
Früher hatten die Ampeln feste Programme: Für eine vorab eingestellte Zeit wurde für eine Richtung freie Fahrt gegeben. Ob hohes oder niedriges Verkehrsaufkommen: Waren 60 Sekunden für eine Spur programmiert, zeigte die Ampel 60 Sekunden Grün an – auch wenn wegen Stau kein Wagen fahren konnte oder sich überhaupt kein Auto auf der Spur befand.
Verkehr in Offenbach: Moderne Ampelschaltungen reagieren auf Verkehrsaufkommen
Heute lässt sich der Verkehr wesentlich dynamischer regeln – dank der Möglichkeiten von Digitalisierung: Moderne Ampelschaltungen reagieren auf das Verkehrsaufkommen und passen die Signal-Dauer dem Fahrzeug-Aufkommen an.
Das ist freilich eine ebenso aufwendige wie teure Methode. Daher kann eine Stadt wie Offenbach, deren Haushalt notorisch klamm ist, nicht flächendeckend ein solches System einführen. „Wir haben uns deshalb entschieden, auf den Hauptverkehrsstrecken auf digitale Verkehrslenkung zu setzen“, sagt Ivonne Gerdts, Leiterin des Amts für Mobilität. Von den 145 Ampelanlagen im Stadtgebiet wurden und werden etwa die Hälfte umgerüstet. In reinen Wohngebieten sei dies nicht notwendig, man konzentriere sich auf die Haupttangenten. Diese sind neben Strahlenbergerstraße und Kaiserleipromenade der südliche Anlagenring vom Taunusring bis zur Unteren Grenzstraße, Sprendlinger Landstraße, Mühlheimer Straße, Berliner Straße und Mainstraße.
Auf der Waldstraße beginnt aktuell die Umrüstung. Als erster Knoten ist die Anlage an der Kreuzung Bismarckstraße dran. „Das ist je nach Örtlichkeit mehr oder weniger aufwendig“, sagt Gerdts. Zwölf Anlagen müssen auf der Waldstraße in der Summe umgestaltet werden.
Damit Verkehrsrechner die Ampeln nach dem jeweiligen Aufkommen steuern können, braucht es Sensoren und Detektoren: An den Ampeln sind kleine Kameras angebracht, die die Verkehrslage erfassen und an die Rechner schicken. Es seien Lagebilder, keine Abbildungen, die von den Kameras erstellt werden, sagt Gerdts. Induktionsschleifen im Boden und Radardetektoren senden ergänzende Daten an die Rechner.
Verkehr in Offenbach: Detektoren mit Wärmebildkameras können Fußgänger-Schaltungen verändern
So wird die Verkehrslage an den Knotenpunkten erfasst. Die Zahl und Wartezeit der einzelnen Verkehrsteilnehmer fließt in die Berechnung ein. Zu bestimmten Umlaufzeiten, etwa alle 80 bis 90 Sekunden, je nach eingestellten Vorgaben, wird mittels der Sensoren und Detektoren die Situation abgefragt und berechnet.
An der Mathilden- und der Hafenschule gibt es außerdem einen Modellversuch über die Verlängerung der Grünzeiten für Fußgänger: Detektoren mit Wärmebildkamera erfassen, ob und wenn ja wie viele Fußgänger warten, und regulieren entsprechend die Grünphase.
Je nach Tageszeit und Fahrtrichtung (stadtein- oder -auswärts) werden die Ampelsteuerungen dem Verkehrsfluss angepasst. So sind die Pendlerströme in die Steuerung programmiert: Ganz frei entscheidet das Programm somit nicht, sondern es muss sich an bestimmte Vorgaben halten. Innerhalb dieser Grenzen wird jedoch auf den Bedarf reagiert. Andere Kommunen setzen teils auf Systeme, die noch stärker auf die Echtzeitbedingungen eingehen. „In Offenbach sind wir aber gut aufgestellt mit diesem System“, findet die Bürgermeisterin.
Für Busse gilt die Besonderheit, dass sie, wenn sie sich der Kreuzung nähern, eine verlängerte Grünphase anfordern können – wenn dafür aber Fußgänger oder Fahrzeuge auf anderen Spuren über Gebühr länger warten müssten, kann die Anlage auch entscheiden, dass keine längere Grünphase gewährt wird. Der Verkehrsrechner fürs gesamte System steht im Hochsicherheitstrakt bei der EVO. Das Mobilitätsamt kann in Echtzeit Daten jeder Anlage abrufen und die Steuerung kontrollieren. (Frank Sommer)
Die Grenzen der Technik
Grüne Welle kann stets nur gezielt ausgewählte, einzelne Fahrtrichtungen bevorzugen, in der Regel die Hauptverkehrsrichtungen. Wer von einer Seitenstraße in einen Streckenabschnitt mit Grüner Welle einbiegt, wird deshalb in der Regel davon nicht profitieren. Außerdem muss die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit eingehalten werden, da gleichmäßiges Fahren die bestmögliche Nutzung der Grünen Welle ermöglicht und Schadstoffemissionen reduziert. Ein weiter steigendes Verkehrsaufkommen bringt die Technik zudem an die Grenzen: Wenn ganze Straßen durch extrem hohes Verkehrsaufkommen überlastet werden, ist die Lenkungswirkung an Knotenpunkten kaum noch möglich und es entstehen dennoch Rückstaus.
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