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Lokale Agenda in Offenbach fordert bessere Unterstützung für Balkon-Solarkraft

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Von: Frank Sommer

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Spart mittels der Sonnenkraft Geld: Axel Irriger zeigt Barbara Levi-Wach seine Solar-Balkonanlage.
Eine lokale Agenda in Offenbach setzt sich für die bessere Einbeziehung von Balkon-Solarkraft in der Politik ein. © Frank Sommer

Eine lokale Agenda in Offenbach fordert eine bessere Unterstützung für die Balkon-Solarkraft. Sie wirbt außerdem für mehr Dezentralisierung bei der Stromversorgung.

Offenbach – Eine ebenso simple wie geniale Idee: Ein Haushaltsgerät, das auf dem Balkon Strom erzeugt, der mittels Steckdose einfach ins heimische Energienetz eingespeist wird. Axel Irriger produziert so schon seit 2020 Strom auf seinem Balkon im Mathildenviertel. „Nach fünfeinhalb Jahren wird sie sich amortisiert haben“, sagt er.

Die dezentrale Energieversorgung als wesentlicher Bestandteil der Energiewende habe ihn interessiert, deshalb habe er sich 2018 bereits mit dem Thema auseinandergesetzt. Da er technisch affin ist, konnte er sich die Anlage größtenteils selbst zusammenbauen. Drei Solarmodule hängen seit zwei Jahren an seinem Balkongeländer und produzieren Strom. Ob er seinem Balkon Flachbildfernseher gönne, fragten Nachbarn anfangs scherzhaft angesichts des Aussehens der Module. „Inzwischen ist das Interesse sehr groß und es gibt viele Anfragen zu den Solaranlagen“, erklärt er.

Lokale Agenda in Offenbach: Abdeckung der Grundlast durch Solarkraft möglich

Die sogenannte Grundlast, der generelle Energieverbrauch des Haushalts, könne mit den Solaranlagen gut abgedeckt werden – wenn die Sonne scheint. „Wenn nicht, geht der Energiegewinn natürlich auf 100 oder 200 Watt zurück“, sagt er.

Dennoch, Kühlschrank, Computer oder Netzwerk würden durch seine Anlage grundsätzlich versorgt, er speist zudem Energie ins Netz ein. „Die Anlage hat sich bei meiner Stromrechnung schon sehr deutlich bemerkbar gemacht“, erklärt er.

Lokale Agenda in Offenbach: Dezentrale Stromversorgung muss ausgebaut werden

Auch die Lokale Agenda wirbt für den Einsatz der dezentralen Stromerzeugung. „Durch die Energiekrise überlegen die Leute, wie sie unabhängiger werden können“, sagt Barbara Levi-Wach von der Initiative. Seit 2018 sind solche Solaranlagen in Deutschland erlaubt, doch erst seit vergangenem Jahr gilt bei der Anmeldung ein vereinfachtes Verfahren. „Ich musste meine Module noch als normale Photovoltaikanlage anmelden“, berichtet Irriger. Seitenweise habe er Formulare ausfüllen müssen über Maximalleistung und die einzelnen Komponenten. Da er sich mit der Thematik auskenne, sei es für ihn machbar gewesen.

Das sei jetzt zwar etwas einfacher, sagt Susanne Meirich von der Lokalen Agenda, doch bürokratische Hürden gebe es noch genug. „Das muss wesentlich unkomplizierter und mehr an den Bedürfnissen der Bürger ausgerichtet werden“, sagt sie, „schließlich ist die dezentrale Stromerzeugung Teil der Energiewende.“

Lokale Agenda in Offenbach kritisiert Unterschiede bei Vorschriften im Vergleich zu anderen Ländern

Zudem sei Deutschland in Europa einen Sonderweg gegangen bei den Haushalts-Solarmodulen: Während die EU-Richtlinie Module bis zu 800 Watt gestattet, wurde in Deutschland die Leistung auf 600 Watt reduziert. „In Österreich sind 800 Watt erlaubt, warum nicht auch hier?“, fragt Meirich.

In Österreich ist auch eine normale Schukosteckdose zur Einspeisung des Stroms ausreichend, in Deutschland aber heißt es seitens des Verbandes VDE, dass ein Wieland-Stecker, der von einem Elektriker installiert werden muss, die bessere Wahl wäre – ein klarer Fall von Lobby-Beeinflussung, welche Bürger verunsichert, erklärt die Lokale Agenda.

Lokale Agenda in Offenbach empfiehlt auch gebrauchte Solarmodule - Neuanschaffungen sind teuer

Rund 800 Euro hat Irriger insgesamt für die Anlage samt Montage gezahlt, wobei er viel selbst machen konnte. Nach oben hin gibt es preislich keine Grenze. „Gerade in der aktuellen Situation schießen die Preise ins Kraut“, sagt er.

Doch sowohl Irriger wie auch die Lokale Agenda haben einen Tipp parat, wie man auch günstig zu einem Balkon-Kraftwerk kommt. „Es müssen nicht immer neue Solarmodule sein“, erklärt Christoph Reiß von der Agenda, auch Gebrauchtgeräte, gerade auch von Firmen, die ihre Solaranlagen abgeschrieben haben, könnten eine Alternative sein.

Offenbacher lokale Agenda kritisiert mangelnde Informationen zur Themtik Solarkraft

An Informationen zur Thematik mangele es leider, sagt Levi-Wach: „Angesichts der Energiekrise müsste viel mehr und besser informiert werden.“ Irriger bestätigt, dass es schon mühsam war, Informationen zusammenzutragen. Auf der EVO-Webseite ist etwa zu der Thematik nichts zu finden. „Bei uns haben sich Leute gemeldet, die wütend waren, dass sie auf Anfragen bei EVO oder Mainova keine Infos bekommen haben“, sagt Levi-Wach.

Eine Rückfrage beim Energieversorger ergibt, dass nur auf der ENO-Seite zu Strom vom Balkon informiert wird, dort findet sich auch das Formular. „Das könnte sehr viel nutzerfreundlicher sein“, sagt Reiß. Überhaupt fordert die Agenda ein stärkeres Engagement von Energieversorger und Stadt: Reiß schlägt etwa vor, dass die EVO als Partner für die Bürger bei Haushalts-Solaranlagen auftreten könnte. „Die können im Großhandel ganz andere Preise erzielen, sie haben Elektriker als Partner, die dann vor Ort kommen – über eine Online-Portal mit standardisiertem Angebot könnte man kaufen und sich anmelden: Das wäre günstig, einfach und keiner würde überfordert“, sagt Reiß. Wenn Stadt und EVO wirklich an der Energiewende gelegen sei, dann wäre das sicher die beste Lösung, um viele Bürger mit ins Boot zu holen, sagt Levi-Wach.

Meirich erinnert daran, dass gerade mit Blick auf eine Gesetzesvorlage für 2023 ein solches Rundum-Sorglos-Paket sinnvoll wäre: Geplant ist, dass bei „fehlerhafter Installation“ drastische Strafen angedroht werden. „Das schreckt doch die Leute ab, so bekommt man keine Energiewende hin“, erklärt sie. (Frank Sommer)

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