Streit um Kabel für E-Auto: Familie fühlt sich von der Stadt Offenbach „verhöhnt“

Weil ein Kabel von der Haustür zum Fahrzeug öffentlichen Grund berühren würde, kann eine Familie aus Offenbach ihr E-Auto nicht laden. Die Stadt sieht keine Lösung.
Offenbach – Christoph und Swantje Tautermann stehen kopfschüttelnd auf dem Gehweg vor ihrem Mietshaus im Landgrafenring. Es ist eine Mischung aus Ärger und Hilflosigkeit, die die beiden dazu gebracht hat, mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen. „Wir fühlen uns von der Stadt regelrecht verhöhnt“, sagt der 51-Jährige. Doch der Reihe nach:
Die Tautermanns beschließen schon vor Monaten, ein E-Auto zu kaufen. „Wir wollen schließlich unseren Beitrag für eine sauberere und nachhaltigere Umwelt leisten“, begründet seine Frau Swantje die Entscheidung. Da ahnt das Paar noch nicht, dass diese Anschaffung sie eine Menge Nerven kosten wird. Denn eine Möglichkeit, ihr Auto zu Hause zu laden, haben sie bis heute nicht. Christoph Tautermann erklärt: „Die Stadt erlaubt uns nicht, ein Kabel während des Ladevorgangs vom Haus zu unserem Auto zu legen, weil das ja öffentlichen Grund berühren würde.“
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Eigene Stellplätze auf Privatgrund besitzen die Tautermanns nicht, weil ihr Mehrfamilienhaus keinen Innenhof besitzt und direkt an den Bürgersteig grenzt. „Dafür bezahlen wir aber auch seit Jahr und Tag der Stadt Geld für fünf vorgeschriebene Stellplätze im öffentlichen Raum.“
Das Paar sieht deshalb keinen Grund aufzugeben. „Wir wären ja bereit, das Ganze baulich zu lösen“, beteuert das Ehepaar – und wäre auch bereit, dafür auch richtig Geld in die Hand zu nehmen. „Wir hätten einen professionell verschraubten Kabelkanal bezahlt oder auch eine unterirdische Verlegung“, sagt Christoph Tautermann. „Aber die haben das alles abperlen lassen.“ Bei der Straßenverkehrsbehörde habe ihm der Sachbearbeiter sogar gesagt, dass es gar keinen entsprechenden Antrag für sein Anliegen gebe, versichert er.
Offenbach: Streit um Elektroauto auch Thema in der Politik
Besonders ärgert das Paar, dass die Stadt ihnen keinen Lösungsansatz bietet. „Wir wären ja zu allem bereit. Aber da kommt nichts Konstruktives. Wir dürfen unser Auto weiterhin nicht selbst laden – und das, obwohl Offenbach in Sachen Elektromobilität ja eigentlich fortschrittlich sein will.“
Parallel zu den Verhandlungen mit der Stadt wendet sich Tautermann an die Politik. „Ich hatte mir erhofft, dass zumindest von dieser Seite versucht wird, das Problem zu lösen“, sagt er. „Aber auch da will man sich mit dem Thema anscheinend nicht auseinandersetzen und versucht, das auf die lange Bank zu schieben.“ So habe die SPD ihm mitgeteilt, er solle erst mal eine Genehmigung des Ordnungsamtes für das Legen eines Kabels im öffentlichen Raum einholen. „Erst dann wollten die sich mit der Sache beschäftigen“, berichtet Tautermann.
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Die Grünen hätten sich seiner Sache erst gar nicht angenommen. „Einmal wurde ich sogar trotz eines ausgemachten Termins einfach versetzt“, ärgert er sich. Als sich Tautermann dann an die CDU wendet, verspricht Fraktionsvize Andreas Bruszynski immerhin, man wolle das „grundsätzliche Anliegen“ in die nächste Fraktionssitzung zur Beratung aufnehmen.
Unterdessen versichert Stadtsprecherin Isabel Ahrens, dass der Vorgang zumindest beim Ordnungsamt nicht bekannt sei und lediglich eine Anfrage für ein Sondernutzungsrecht zur Aufladung von Elektrofahrzeugen seit dem 10. Februar vorliegt. Eine Anfrage bei der Bauaufsicht läge ebenfalls nicht vor.
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„Grundsätzlich wäre das Verlegen eines Kabels über den Gehweg eine sogenannte Sondernutzung, die genehmigungspflichtig ist.“ Bei der Erteilung einer solchen Erlaubnis seien immer die Interessen des Erlaubnisnehmers mit denen der Allgemeinheit an einem reibungslosen Verlauf des Verkehrs abzuwägen. „Selbst wenn das Kabel mit einer entsprechenden Brücke gesichert wäre, bestünde erhebliche Stolpergefahr und der Gehweg wäre nicht mehr barrierefrei“, erklärt Ahrens die Situation. Eine Verlegung des Ladekabels unter dem Gehweg stelle ebenfalls einen genehmigungspflichtigen Tatbestand dar. Eine solche unterirdische Verlegung bedinge zudem, dass an der Bordsteinkante immer noch eine kleine Ladesäule im öffentlichen Raum aufgestellt werden müsse, die die Nutzung der Fahrbahn einschränke. Isabel Ahrens: „Ob eine solche Genehmigung erteilt werden würde, ist zumindest fraglich.“
Für die Tautermanns ist die Reaktion ernüchternd. „Die Stadt ermuntert die Menschen immer wieder, auf Elektromobilität zu setzen“, sagt Swantje Tautermann. „Wenn es dann aber um die praktische Umsetzung geht, lässt sie den Bürger am langen Arm der Verwaltung verhungern.“ (Christian Reinartz)
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