Anwohner beklagen schleichenden Niedergang des Stadtteils Tempelsee

Der Stadteil Tempelsee in Offenbach leidet unter der fehlenden Nahversorgung und sozialen Treffpunkten. Die Bewohner sorgen sich um den schleichenden Niedergang.
Offenbach - Vor 100 Jahren begann die Geschichte Tempelsees – zumindest die der Neuzeit, denn Funde aus der Römerzeit belegen, dass es sich schon in früheren Zeiten dort gut wohnen ließ: 1922 bauten zwölf Siedler die ersten Häuser, nach und nach entstand ein Stadtteil. Doch 100 Jahre später präsentiert sich Tempelsee nicht mehr vorteilhaft: Es wohne sich zwar ruhig dort, heißt es, dennoch sind die Zeichen eines schleichenden Niedergangs unübersehbar.
„Die Nahversorgungssituation hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert“, sagt Sven Malsy. Der Stadtverordnete betont, dass er gern in Tempelsee lebt, doch bestimmte Problempunkte ließen sich nicht mehr wegdiskutieren. „Früher war hier mal ein Minimal-Markt, heute muss man für die Einkäufe entweder auf die Waldstraße oder nach Bieber“, sagt er. Für ältere Menschen sei das teils schon ein ordentlicher Weg, den sie dafür zurücklegen müssten, erklärt Anwohner Fritz Schüssler.
Offenbach: Wiederbelebung des Einkaufszentrum könnte Tempelsee helfen
Abhilfe würde die Wiederbelebung des kleinen Einkaufszentrums bei der Busschleife am Brunnenweg schaffen, doch Zentrum wie der dazugehörige Platz präsentieren sich wenig einladend: Einen kleinen Teil der Räume des Einkaufsmarktes nutzt die Volksbank für einen Geldautomaten. „Der war leider lange defekt und die Bank hat einen auf Nachfragen nur vertröstet“, weiß Kristian Schilling aus dem Stadtteil zu berichten. Inzwischen funktioniert der Automat wieder.
Ein Friseur, ein Kosmetikstudio und eine Änderungsschneiderei gibt es noch in dem kleinen Zentrum, die Räumlichkeiten der Kneipe stehen leer. Auf dem Brunnenstein, 1967 vom im Tempelsee lebenden Künstler Ottomar Gassenmeyer entworfen, sammelt sich nur Regenwasser. „Der ist schon ewig außer Betrieb“, sagt Malsy. Seit 2012 gehört der Brunnen nicht mehr den Stadtwerken, doch bereits zuvor wurde er abgestellt – Anwohner beklagten das Plätschern. „Selbst die Abflussrinne wurde weggemacht“, sagt Janina Spiegel.
Offenbacher Stadtteil Tempelsee: „Ein Märktchen wie auf dem Goetheplatz, das wäre schön“
Sie und andere jüngere Bewohner des Stadtteils wünschen sich eine Belebung. „Ein Märktchen wie auf dem Goetheplatz, das wäre schön“, sagt sie. Einen Platz gäbe es dafür, die Fläche zwischen der Busschleife. Die präsentiert sich derzeit ebenso trostlos wie dreckig: Drei Kastanien stehen inmitten von bemoosten und schiefen Pflastersteinen, mehrere Räder von „Call-a-bike“ sind hier abgestellt, dazu veraltete Sitzbänke und drei Glascontainer.
„Einladend ist der Platz so gar nicht“, sagt Schüssler. „Der wird auch nicht genutzt, außer um Flaschen in die Container zu werfen“, pflichtet ihm Johannes Schmickel bei. Nicht Hinsehen möchten die Nachbarn, als Kinder im Müll bei den Containern wühlen: Wo der Elektroschrott-Container stand, liegen überall Glasscherben verstreut.
Offenbach: Apotheke und Bäckerei werden in Tempelsee „unbedingt gebraucht“
„Wenn man den Platz sauber macht und umgestaltet, wäre das ein schöner Treffpunkt für den Stadtteil“, sind sich alle einig. Auch Halil Isik von der Änderungsschneiderei betont, dass eine Belebung des Platzes dringend nötig wäre. Für ein Stadtteilbüro oder für Initiativen aus dem Viertel böte sich die leer stehende Kneipe an, da das ganze Gebäude zentral liegt und auch mit dem Bus erreichbar ist.
Mit Apotheke und Bäckerei halten noch zwei wichtige Grundversorger die Stellung in Tempelsee. „Die werden hier auch unbedingt gebraucht“, erklärt Schmickel. Leider musste der neben dem Bäcker beheimatete Kiosk schließen, das Angebot wird nun schmerzlich vermisst. „Es gibt noch ein Kiosk an der Stadthalle, aber das liegt für einige doch sehr weit entfernt“, sagt Spiegel. Die Nachbarn hoffen, dass sich bald ein Nachfolger findet.
Der Park gehört eigentlich zu dem Pfund, mit dem Tempelsee wuchern kann: Doch aktuell ist die Brücke gesperrt, Bauzäune versperren den Weg. „Hoffentlich wird die Brücke bald wieder geöffnet“, ist von den Anwohnern zu hören. (Frank Sommer)