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4500 Offenbacher wählten nur den Bundestag

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Von: Thomas Kirstein

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Gratulationsbesuch aus Frankfurt: Oberbürgermeister Peter Feldmann (rechts) wollte sich persönlich mit seinem Parteifreund und künftigen Kollegen Felix Schwenke freuen.
Gratulationsbesuch aus Frankfurt: Oberbürgermeister Peter Feldmann (rechts) wollte sich persönlich mit seinem Parteifreund und künftigen Kollegen Felix Schwenke freuen. © Georg

Offenbach - Das Interesse an der Frage, wer Offenbachs neuer Oberbürgermeister wird, hat am Sonntagabend manches Entsetzen gedämpft, dass die Nationalpopulisten auch in Offenbach drittstärkste Kraft geworden sind. Wundern muss das AfD-Abschneiden freilich nicht. Von Thomas Kirstein

Schon bei der Kommunalwahl 2016 kamen die Rechtsextremen (9% AfD, 1,2% Rep) gemeinsam über zehn Prozent. Dass die örtlichen Republikaner bei der Stadtverordnetenwahl vor knapp einem Vierteljahrhundert mit 15,6 % schocken konnten, macht die 12 % der Nachfolger nicht weniger bedenklich. 5339 Offenbacher haben sich einfangen lassen. Das sind mehr als dreimal so viele als am 10. September die AfD-Direktkandidatin für den Posten des Oberbürgermeisters wählten. Die Differenz liegt auch an der unterschiedlichen Beteiligung nicht nur an den beiden OB-Wahlgängen, sondern auch an der aktuellen von Stich- und Bundestagswahl. Auf den ersten Blick verwundert der Abstand von 44 % zu 67,6 %. Tatsächlich sind 4500 Offenbacher ins Wahllokal gegangen und haben lediglich ihre Bundestags-Kreuzchen gemacht. Das macht aber keine 23 % weniger bei der OB-Wahl aus.

Hier liegt der eklatante Unterschied an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten; da Ausländer aus der Europäischen Gemeinschaft den Oberbürgermeister (wie auch die Stadtverordnetenversammlung) mitwählen dürfen, steigt die Zahl der potenziellen Teilnehmer auf mehr als 92.000. Jedoch ist das Interesse der Offenbacher Nichtdeutschen an der Teilhabe bei dieser Entscheidung sehr gering. Wie gestern getitelt, hätte die OB-Stichwahl nicht eindeutiger ausfallen können. Lediglich der sozialdemokratische Amtsinhaber Gerhard Grandke konnte 1999 mit 68,1 % klarer punkten als sein künftiger Nach-Nachfolger – damals allerdings bereits im ersten Wahlgang. Der designierte Verwaltungschef Felix Schwenke hat an diesem Sonntag durch die Bank alle Bezirke geholt. Eine Analyse wie nach dem 10. September, in welchen Teilen der Stadt welcher der Kandidaten die meisten Sympathien genoss, erübrigt sich somit.

Angesichts eines XXL-Abstands von Schwenke zum quasi untergegangenen CDU-Konkurrenten Peter Freier ist es dann nur eine ironische Marginalie: Freier hat das am ersten Wahlabend von ihm und den Seinen angepeilte Ziel, 4000 Stimmen aufzuholen tatsächlich erreicht. Nur nutzt das überhaupt nichts, wenn der andere sage und schreibe 14.000 Stimmen zulegt. Für die in der Tansania-Koalition bei aller Augenhöhe den Ton angebende Offenbacher CDU ist die OB-Wahl eine Katastrophe.

Das Ergebnis der parallelen Bundestagswahl ist auch kein Trost, die Union hat mit minus 6,3 % gegenüber 2013 nur geringfügig weniger verloren als die um 8 % eingebrochene Bundespartei. Die örtliche SPD wird es hingegen auch nicht aufrichten, dass sie nach Verlusten von 3,7 % immerhin noch über dem desaströsen Ergebnis der Mutterpartei liegt. Federn gelassen haben in Offenbach bei den Zweitstimmen auch die Grünen (– 1,9 %), während die Linke (+ 2,7 %) und besonders die FDP (+ 4,7 %) zulegten. Aber das alles wird halt sekundär angesichts des auch in Offenbach zu registrierenden Rechtsrucks. Der Blick in umliegende Städte und Gemeinden wie Hanau oder Mühlheim, wo die AfD auf 14,8 % beziehungsweise 13,5 % der Zweitstimmen gekommen ist, besänftigt da wenig.

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