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„So viele Wespen wie nie zuvor“: Kammerjäger im Dauereinsatz

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Von: Christian Reinartz

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Mit einem Blasebalg pumpt Kammerjäger Jonas Kitzinger Insektizid-Puder in einen Rollladenkasten. Geschützt ist er durch einen speziellen Wespenanzug.
Mit einem Blasebalg pumpt Kammerjäger Jonas Kitzinger Insektizid-Puder in einen Rollladenkasten. Geschützt ist er durch einen speziellen Wespenanzug. © Reinartz

Für viele sind sie die Plagegeister der Sommers: Wespen machen aktuell in Offenbach viel Ärger und viel Arbeit. Und es könnte noch heftiger werden.

Offenbach - Wenn das Telefon von Jonas Kitzinger klingelt, hat irgendwo in Offenbach wieder jemand ein Wespennest im Rollladenkasten oder unter den Dachschindeln entdeckt. „Hauptsache Hohlraum“, sagt Kitzinger, schlüpft in seinen Wespenanzug und schnappt sich einen kleinen Blasebalg mit langem Rohr. Dann nähert er sich vorsichtig dem Rollladenkasten, an dem eine Offenbacher Familie im Hinterhof der Kaiserstraße ein Wespennest entdeckt hat.

Als er den ersten Sprühstoß setzt, werden die Wespen unruhig. Kitzinger geht etwa drei Meter zurück. „Mit der Zeit lernt man, wann man Abstand halten sollte.“ Nur selten wird der Profi deshalb gestochen. Dabei ist es aktuell so schlimm wie noch nie. „Wir haben zur Zeit bis zu 40 Wespennester pro Tag, die meine Leute und ich entfernen“, berichtet er. „Im Moment gibt es in Offenbach so viele Wespen wie noch nie zuvor.“ Er habe extra zwei Dachdecker beschäftigt, die die besonders großen Nester aus den Rollladenkästen entfernen können, nachdem er den Wespen den Garaus gemacht hat. Kitzinger stellt aber klar: „Wir prüfen immer erst, ob es möglich ist, die Wespen umzusiedeln oder einfach gewähren zu lassen.“ Erst wenn Menschen in Gefahr seien, komme das Gift zum Einsatz.

Offenbach: Zahlreiche Wespennester in Kitas

Sein Kollege Yascha Schöttler, Inhaber der Schädlingsbekämpfung Tiefel, ist im Einsatz für die Stadt Offenbach und bestätigt Kitzingers Schilderungen. „Ich habe in diesem Sommer schon mehrere Kitas in Offenbach gehabt, bei denen ich schon zwei-, dreimal anrücken musste, weil die Wespen immer wieder Nester gebaut haben“, sagt Schöttler. Pro Tag schafft einer seiner Leute bis zu zwölf Nester. „Wir haben extra noch jemanden einstellen müssen, weil wir mit der Abarbeitung gar nicht hinterhergekommen sind.“ Und wenn einer anrufe, müsse es meist schnell gehen. „So gut wie immer wird da auch jemand angeführt, der allergisch ist“, schildert er die Lage. „Also müssen wir uns da noch mehr beeilen.“ Ein eigenes Wespen-Notmobil habe er deshalb mit Spezialausrüstung im Einsatz.

Doch nicht nur die Menschen werden durch die schwarz-gelben Insekten belästigt. Auch die Bienenpopulation bekommt die Wespenplage zu spüren. „Wir beobachten gehäuft, dass Wespen Bienenstöcke ausräubern und den Honig klauen“, sagt Jürgen Panthöfer, Vorsitzender des Offenbacher Imkervereins. „Zudem bekomme ich in diesem Jahr so viele Anfragen wie noch nie, ob wir Imker nicht ein Wespennest entfernen können. Insbesondere aus dem städtischen Bereich.“

Eine Wespe mit ihrem giftbewährten Stachel. F.: PantherMedia / nataba16-DennisJacobsen-Framed-Eckhard Eibner-Gerald Kiefer
Eine Wespe mit ihrem giftbewährten Stachel. F.: PantherMedia / nataba16-DennisJacobsen-Framed-Eckhard Eibner-Gerald Kiefer © -

Warum die Wespen gerade in diesem Jahr in so großer Zahl auftreten, weiß Nabu-Sprecher Berthold Langehorst. „Wir haben in Sachen Witterung ein geradezu perfektes Wespenjahr“, sagt der Biologe. Es sei schon im Frühling aber auch insgesamt sehr trocken und warm gewesen. Für Wespen die perfekte Ausgangslage. „Denn wenn es feucht ist, verpilzen die Waben schnell und es können nicht so viele Nachfahren produziert werden“, erklärt Langenhorst. „In diesem Jahr können die Wespenpopulationen ungestört und unter perfekten Bedingungen wachsen.“

Offenbach: Wespen-Plage dürfte noch schlimmer werden - Doch sie sind auch wichtig

Auch, wenn die vielen Wespen schon jetzt von weiten Teilen der Bevölkerung als Zumutung empfunden werden: Es wird wohl noch schlimmer kommen. „Bis Ende Juli, Anfang August sind die Wespen damit beschäftigt, ihre Nachfahren zu füttern, und sind deshalb auf der Suche nach tierischem Eiweiß“, erklärt Langenhorst. Wenn diese Phase abgeschlossen sei, flögen die Wespen nur noch zu ihrem eigenen Vergnügen, und zwar auf Süßes. Dann würden die sommerlichen Kaffee-Tafeln im Freien erst so richtig ins Visier genommen.

Doch auch, wenn das Schlimmste noch bevorsteht, dem Biologen ist es wichtig, Wespen nicht zu verteufeln. „Diese Tiere haben wichtige Funktionen, etwa in dem sie andere Insekten fressen, die uns sonst lästig werden würden.“ Auch sei wissenschaftlich erwiesen, dass Wespen den gleichen Anteil wie Bienen und Hummeln an der Bestäubung spielen.“ (Christian Reinartz)

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