1. Startseite
  2. Offenbach

Offenbacher Ampel-Koalition für Richtlinien für Schulbauten

Erstellt:

Von: Frank Sommer

Kommentare

Luftbild der Geschwister-Scholl-Schule
Während an der Geschwister-Scholl-Schule in Bieber alte Gebäude abgerissen wurden, beschäftigen sich die Stadtverordneten mit der schulischen Zukunft. So wird über den Neubau einer Grundschule an der Rumpenheimer Ernst-Reuter-Schule abgestimmt, es geht um die Schulsozialarbeit und nicht zuletzt um Richtlinien für Schulneubauten oder -sanierungen. © georg

Nicht der Marktplatz oder der Kaiserlei ist die größte Baustelle der Stadt, die Schulen sind es: Seit Jahren werden die Gebäude saniert und es wird noch Jahre dauern, bis auch die letzte Schule erneuert ist. Für die Sitzung der Stadtverordneten am Donnerstag, 27. Januar, hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nun Schulbaurichtlinien zur Diskussion gestellt.

Offenbach - Bei der Sanierung der bestehenden Gebäude wie bei Neubauten soll vermehrt auf in neun Punkte zusammengefasste Merkmale geachtet werden: Etwa, dass die Gebäude sich am Ganztagsbetrieb orientieren, die Voraussetzungen für Inklusion erfüllen oder dass den „jeweils aktuellsten Anforderungen an die Digitalisierung“ Rechnung getragen werden. Auch klimagerechte Bauten, Möglichkeiten für Bewegung für Schüler und Trinkwasserspender sind aufgeführt, ebenso wie die Einrichtung von Lernlandschaften für „individualisiertes Lernen“.

„Vieles wird bereits praktiziert“, sagt Planungsdezernent Paul-Gerhard Weiß, „es ist also nichts grundlegend Neues – die Koalition möchte aber die Standards transparenter machen.“ Am Beispiel der Forderung nach Berücksichtigung der Ganztagstauglichkeit der Gebäude etwa bedeutet dies, dass schon jetzt auf Betreuungsräume, Mensen oder eine Schulbibliothek Wert gelegt würde. „Mit den Lernlandschaften wollen wir neuen pädagogischen Anforderungen Rechnung tragen: Das fließt bereits in die Planung ein, etwa bei der neuen Mathildenschule oder der Geschwister-Scholl-Schule“, sagt Weiß. Dort seien Räume für kleinere Gruppen oder offene Lernräume eingeplant. Um Luxus handele es sich dabei aber nicht, betont Weiß mit Blick auf die Kosten für Sanierung und Neubau.

Auch dem Problem der „Elterntaxis“ möchte man mit den Richtlinien begegnen und die räumlichen Voraussetzungen vor den Schulen so abändern, dass Eltern animiert würden, ihre Kinder zur Schule laufen zu lassen. „Natürlich wäre es naiv zu glauben, wir könnten dieses Problem ganz verschwinden lassen“, sagt er, „aber wir möchten die Eltern dazu bringen zu verstehen, dass es dem Wohl der Kinder dient, wenn sie den Weg zur Schule selbst zurücklegen und sich in der Stadt auskennen.“

Was für manche Lehrer problematisch werden könnte: Auch Lehrerparkplätze sollen weniger werden. Weiß verweist in dieser Debatte darauf, dass den Lehrkräften ein Hessenticket kostenfrei zur Verfügung stünde.

„Es ist gut, dass etwas passiert in Sachen Sanierung und Neubau“, kommentiert Marc Wachtel, stellvertretender Vorsitzender des Stadtelternbeirats, den Koalitionsvorstoß. „Allerdings wäre es vielleicht gut gewesen, Lehrer, Schüler und Eltern miteinzubinden bei der Formulierung der Richtlinien.“

Denn manches klinge zwar gut, sei aber in der Praxis durchaus problematisch. „Nehmen wir das Beispiel Digitalisierung: Hier wäre eine Einheitlichkeit des Systems für alle Schulen im Stadtgebiet wünschenswert“, sagt Wachtel. Denn momentan nutze jede Schule eigene Programme und Systeme, bei einem Schulwechsel müssten sich Kinder wie Eltern stets umstellen. Natürlich müssten die Voraussetzungen für die Digitalisierung überall geschaffen werden, sagt Wachtel, doch es bräuchte auch eine ordnende Hand bei der Nutzung.

Mit der Formulierung, „die Voraussetzungen für eine inklusive Beschulung sind immer zu berücksichtigen“, hat Wachtel seine Schwierigkeiten: „Die ist nicht nur zu berücksichtigen, die muss immer geben sein – Inklusion darf schlicht nicht vergessen werden heutzutage.“ Die Barrierefreiheit als Voraussetzung für Schüler mit Gehbehinderung sei bisher stiefmütterlich behandelt worden, selbst bei Neubauten gebe es da Kritikpunkte.

Eigentlich, sagt Wachtel, sollten zwei Richtlinien verabschiedet werden, eine für Bestandsgebäude und eine für Neubauten. „Dann könnten jeweils strengere Maßstäbe angelegt werden: Bei Neubauten könnte eine Klimaneutralität vorgeschrieben werden statt nur Klimafreundlichkeit.“ Anderes in den Richtlinien falle eher in die Kategorie „gut gemeint“, sagt der Stadtelternbeirat. Etwa die geforderten Trinkwasserspender. „Da habe ich sofort das Bild von Vandalismus im Kopf – vielleicht wäre eine Wasserausgabe oder Automaten besser als Spender nach amerikanischen Vorbild, die rasch verdreckt sind.“

Eine Ergänzung kommt übrigens auch von den Freien Wählern: Diese fordern, dass Photovoltaikanlagen auf den Schuldächern zum Standard gehören sollten.

Von Frank Sommer

Auch interessant

Kommentare