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Offenbacher Dezernenten stellen sich Fragen der Bürger zum ÖPNV

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Von: Frank Sommer

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Nach der Diskussion stellten sich Sabine Groß und Martin Wilhelm weiteren Fragen der Bürger.
Nach der Diskussion stellten sich Sabine Groß und Martin Wilhelm weiteren Fragen der Bürger. © Sommer

Ein gerüttelt Maß Wut war spürbar am Mittwochabend in der Stadthalle: Die Stadt hatte kurzfristig zur Bürgerversammlung eingeladen, um die teils heftigen Einschnitte im ÖPNV zu erklären. Zwar konnte in einer der strittigsten Fragen, der Zukunft der Anbindung des Caritas-Zentrums, am Mittwoch ein Kompromiss verkündet werden (wir berichteten), doch beruhigte der die knapp 120 Bürger, die in die Stadthalle kamen, nur wenig.

Offenbach - Gerade Anwohner und Arbeitnehmer entlang der hauptsächlich betroffenen Linie 106 zeigten sich vom Kompromiss, dass montags bis samstags zehn und sonntags acht Busse vom Marktplatz über das Sana-Klinikum bis zur Caritas mit der neuen Linie 106 A fahren, wenig angetan. Mobilitätsdezernentin Sabine Groß, Kämmerer Martin Wilhelm, Christoph Schaaffkamp, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens KCW, und OVB-Geschäftsführerin Anja Georgi mussten während der über dreistündigen Fragerunde teils harsche Kritik über sich ergehen lassen.

Insbesondere die Gültigkeit des den Einsparungen zugrunde liegende Zahlenmaterials wurde von den Besuchern angezweifelt. Mehrfach erklärte Georgi, dass das Konzept auf automatisierten Fahrgastzählungen der Jahre 2019 und 2021 beruht. Wie die Fahrgastzählung erfolgte (per „Lichtdusche“ bei Betreten des Busses), oder ob nicht doch anderweitige Zählungen erfolgten, wollten die Besucher wissen. Dass subjektive Beobachtungen von vollen Bussen durchaus zu geringen Durchschnittszahlen passen würden, versuchte Schaaffkamp zu erläutern. „Die Linie 106 ist doch erst seit dem letzten Fahrplanwechsel attraktiv, da kann man doch nicht drei Jahre alte Zahlen heranziehen“, warf eine Besucherin ein.

Der Vorwurf der „Intransparenz“ fiel gleich mehrfach an dem Abend, Vertreter von Bürgerinitiativen und Fahrgastverbänden forderten eine Offenlegung des gesamten Datenmaterials. „Das sind Millionen Datensätze, das ist doch keine kleine Excel-Tabelle“, versuchte Georgi zu erklären. Das aufbereitete Material von 2019 könne aber weitergeleitet werden, da man dies auch den Stadtverordneten habe zukommen lassen.

Kämmerer Wilhelm musste mehrfach die klamme Finanzlage und das Erfordernis von Einsparungen betonen, etwas zu häufig wurde von Bürgermeisterin Groß dafür das Bild der zu kurzen Decke, die eben immer irgendwo nicht alles abdeckt, bemüht. „Dann muss die Decke größer werden“, warf ein Besucher ein. „Für weitere Gewerbesteuereinnahmen müssen wir neue Unternehmen ansiedeln“, entgegnete Wilhelm. Ob nicht die Parkraumbewirtschaftung Geld in die Kassen spülen würde, wollte ein Frau wissen. „Die bringt keine Erträge in Millionenhöhe“, erklärte der Kämmerer. Heftig musste Groß den Kauf der E-Busse verteidigen, die von Besuchern als kostentreiber angesehen wurden. „Ja, die sind noch teuer, aber wir brauchen sie“, erklärte sie.

Ob man mit dem RMV bezüglich einer Taktverschiebung für die Linie 551 verhandelt habe oder ob die X-Linien nicht den Süden der Stadt besser erschließen könnte, wollten andere wissen. Georgi bestätigte Gespräche, doch hätten diese keine Einigung erbracht. „Die X-Linien sind Schnellverbindungen, nicht zur lokalen Erschließung gedacht“, betonte sie.

Zehnmal werde die Caritas künftig am Tag angefahren, die „Schlafsiedlung“ An den Eichen dagegen 80-mal, rechnete ein Besucher vor – das hänge mit der dortigen Busschleife zusammen, sagte Georgi, „bei der Caritas gibts auch eine Schleife“, rief eine Frau zur Bühne hinauf. Mit welchen Einnahmeausfällen durch die Verschlechterung des Angebots gerechnet werden müsse, fragte ein Besucher. Die Erfahrung lehre, dass die Einnahmen ungefähr gleich blieben oder leicht zurückgingen, erläuterte Schaaffkamp.

Deutlich wurde die Bürgermeisterin bei den Fragen zu Auswirkungen des Einsparkonzeptes: Ja, das Angebot, etwa für die Bewohner der AWO-Wohnanlage am Valentin-Unkelbach-Weg, verschlechtere sich, sagte sie. Aber das Geld reiche eben nicht, das bisherige Angebot ohne Einsparungen fortzuführen. „Aber dass der ÖPNV für die Menschen von Bedeutung ist, das wird nach dieser Debatte niemand mehr bestreiten können“, erklärte Groß.

Von Frank Sommer

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