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Offenbacher Einkaufszentrum KOMM: Kampf gegen Müll und Vandalismus

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Von: Christian Reinartz

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Überfrachtete Abfalleimer, Müll auf dem Boden, demolierte Aufzüge: Das Offenbacher Einkaufszentrum KOMM am Aliceplatz macht dieser Tage einen schlechten Eindruck.

Offenbach – Wohin das Auge auch wandert, zeigen sich Spuren derer, die aus dem Shopping-Tempel ein Schmuddel-Center machen. Da liegt im Kellgerschoss ein ausgelaufener Kaffeebecher auf dem Boden, an den Türen eines Aufzugs klebt eine gelbliche Flüssigkeit. Das danebenliegende O-Saft-Trinkpäckchen lässt keine Zweifel daran, dass da jemand absichtlich das süße Zuckerwasser verspritzt hat. Im Aufzug selbst bietet sich einem ein Bild wie in einem Brennpunkt-Hochhaus: Die gesamte Schalttafel ist ramponiert, klebrig, verkratzt, einige Stockwerk-Beschriftungen sind offenbar herausgehebelt worden.

Wenig später wird der Weg zum Fahrzeug auf dem oberen Parkdeck im angrenzenden Q-Parkhaus zum Abenteuer. Nicht nur, dass im Bereich des Zugangs zu der Parkfläche jede Menge Müll liegt und die Betonpfeiler großflächig beschmiert sind. Eine Gruppe junger Männer lungert nur wenige Meter entfernt vom Eingang und pöbelt jeden an, dessen Gesicht ihnen nicht passt.

Offenbach: „Diese Leute zerstören und verdrecken immer wieder aufs Neue“

Center-Manager Tarek Abbady versucht erst gar nicht, die Situation schönzureden. „Wir haben in der Tat ein ernstes Problem mit der Sauberkeit eines speziellen Klientels in Offenbach.“ Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene seien es, die ihre Freizeit im Center und auf dem angrenzenden Parkdeck verbringen, schildert Abbady seine Eindrücke.

„Wir sprechen nicht von einem zufällig umgekippten Getränk“, stellt der KOMM-Chef klar. „Diese Leute zerstören und verdrecken immer wieder aufs Neue alles, was ihnen in die Quere kommt.“ Und das offenbar in einer Schlagzahl, die beträchtlich ist. „Im Grunde können unsere Reinigungskräfte, wenn sie unten angekommen sind, oben direkt wieder anfangen.“ Auch die Displays in den Aufzügen seien schon mehrfach ausgetauscht worden. „Mittlerweile gibt es Probleme bei der Ersatzteilbeschaffung.“

Überquellende Mülleimer, Dreck und Getränkereste auf dem Boden, zerstörte Aufzugdisplays: Der Zustand des KOMM-Einkaufszentrums wird von Kunden bemängelt.
Überquellende Mülleimer, Dreck und Getränkereste auf dem Boden, zerstörte Aufzugdisplays: Der Zustand des KOMM-Einkaufszentrums wird von Kunden bemängelt. © s: P

Initiativen des KOMM, die Situation in den Griff zu bekommen, waren kurzfristig erfolgreich. „Wir hatten etwa eine Kooperation mit dem Boxclub, bei der immer zwei Ehrenamtliche die Jugendlichen auf Augenhöhe angesprochen und für Verständnis geworben haben“, berichtet Abbady. Aber die Wirkung sei nur von kurzer Dauer gewesen.

Offenbach: Jugendliche flüchten vor Stadtpolizei in die Treppenhäuser

Kunden ist der schmuddelig wirkende Zustand des Centers längst aufgefallen. Immer wieder erreichen die Redaktion Schilderungen von vermüllten Fußböden und beschmierten Wänden. Leser D. etwa hat mit seiner Kamera das Ausmaß der Vermüllung und des Vandalismus an einem ganz normalen Samstagnachmittag festgehalten. „Der ganze Boden hat geklebt, überall lag an diesem Tag Müll rum“, beschreibt er seine Beobachtung. Seine Enttäuschung über den langsamen Niedergang des KOMM kann er nicht verbergen. „Früher war das wirklich ein schönes und sauberes Einkaufszentrum“, sagt er. Inzwischen seien zahlreiche Ladenflächen nicht mehr besetzt, es sei oft sehr dreckig, auf dem Parkdeck werde von düsteren Gestalten mit Drogen gedealt und herumgepöbelt.

Auch bei der Stadtpolizei sind die Probleme im und rund um das KOMM bekannt, wie Stadtpolizeichef Lothar Haack bestätigt. „Auf dem Parkdeck halten sich immer wieder Gruppen von Jugendlichen und jungen Männern auf, die sicher auch mal was rauchen oder verkaufen.“ Von einer echten Dealer-Problematik will der Ordnungshüter allerdings nicht sprechen. Er und seine Leute würden immer wieder alarmiert. „Doch bis wir da hochgefahren sind, verstreuen sich die Jugendlichen in alle Winde und flüchten durch die Treppenhäuser.“

„In Offenbach ist das eine besondere Herausforderung“

Immerhin hat Center-Chef Tarek Abbady aktuell Hoffnung, dass sich die Situation bald verbessert. „Wir haben unser Reinigungsunternehmen gewechselt und die Intervalle erhöht“, sagt er. Aktuell werde montags, mittwochs und freitags das ganze Haus grundgereinigt. „Und dienstags und donnerstags haben wir stundenweise Reinigungskräfte im Einsatz.“ Insgesamt fallen im KOMM seinen Angaben zufolge Kosten im „hohen fünfstelligen bis in den sechsstelligen Bereich“ an.

Abbady, der mehrere Einkaufszentren kennengelernt hat, stellt klar. „In Offenbach ist das eine besondere Herausforderung. Eine solche Situation haben wir in anderen Centern nicht.“

An die Stadtverwaltung hat Center-Manager Tarek Abbady einen Wunsch. „Ich habe den Eindruck, die Jugendlichen haben in ihrer Freizeit zu wenig Anlaufstellen in Offenbach“, sagt der KOMM-Chef: „Vielleicht muss man da ansetzen. Dann brauchen diese Jugendlichen auch nicht mehr ihre ganze Freizeit im KOMM und auf dem angrenzenden Parkdeck zu verbringen.“ (Christian Reinartz)

Kommentar: Am Anfang war das kaputte Fenster

Das Einkaufszentrum KOMM ist ein Paradebeispiel für die Broken-Windows-Theorie. Die besagt vereinfacht: Ist ein Fenster eingeschlagen und wird nicht schnell repariert, ist bald der ganze Stadtteil betroffen. Im Fall des KOMM ist das längst geschehen. Die Vermüllung und Zerstörungswut hat überhand genommen. Dazu kommen die vielen verwaisten Ladenflächen. Die wiederum haben zur Folge, dass dem Center-Management weniger Geld für die Reinigung zur Verfügung steht. Und das wiederum beschleunigt den Broken-Windows-Effekt. Ein Teufelskreis.

Die Verantwortung dafür ist nicht beim Management zu suchen, sondern in der besonderen Bevölkerungsstruktur Offenbachs mit ihrem hohen Anteil an Menschen mit niedrigem Bildungsstand und in schlechter wirtschaftlicher Lage. Menschen, die ihre Freizeit mangels bezahlbarer Alternative in einem Einkaufszentrum verbringen und oft nicht viel auf Aufgeräumtheit und Sauberkeit geben.

Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Um ihn letztlich zu gewinnen, müsste man das Haus zunächst wieder zu 100 Prozent auf Vordermann bringen – und dann einschreiten, sobald das erste Fenster eingeworfen wird. (Christian Reinartz)

Vergangenes Jahr verwehrte der Filialleiter eines Action-Marktes in Offenbach einem Vierjährigem den Gang auf die Toilette. Er drohte der Mutter mit der Polizei.

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