Selbstbestimmtes Leben ermöglichen
Offenbacher Intensiv-Pflege-WG feiert zehn Jahre Bestehen
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Vor zehn Jahren wurde in der Offenbacher Luisenstraße eine Wohngemeinschaft mit Intensiv-Pflege gegründet. Das Angebot ist gefragt, denn es soll so viel Selbstbestimmung wie möglich gewähren.
Offenbach – Es ist eine kleine Insel mitten im rauschenden Betrieb der Stadt. Im zweiten Stock eines Gebäudes an der Luisenstraße leben acht Menschen in einer Wohngemeinschaft zusammen. Sie alle teilen ein Schicksal: Sie leiden an Erkrankungen, die einen hohen Unterstützungsbedarf verursachen wie chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Tumorerkrankungen oder neuromuskuläre Beschwerden wie ALS oder Morbus Duchenne.
Zur WG gehört daher auch ein Team von hoch spezialisierten Fachkräften des Pflegedienstes IC Home 24, die die Bewohner rund um die Uhr ambulant betreuen. Immer mit dem Ziel, jedem soweit wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Seit zehn Jahren existiert die WG in Offenbach. Für jeden hier Lebenden gibt es ein Einzelzimmer, dazu kommen Versorgungs- und Gemeinschaftsräume. Die Männer und Frauen stammen aus den unterschiedlichsten Gegenden. „Wobei uns eine wohnortnahe Versorgung wichtig ist“, betont Silke Neumann-Rosenkranz, Prokuristin des Pflegedienstes.
Mann der ersten Stunde ist Tom Möller (Name geändert). Wie seine Hausgenossen ist er auf eine sogenannte Trachealkanüle angewiesen. Eingesetzt wird die Kanüle in der Luftröhre zur Unterstützung bei Atemproblemen oder Schluckstörungen. Das bringt nicht nur eine ständige Überwachung mit sich. Auch für den eventuellen Notfall muss rund um die Uhr jemand da sein, bei dem dann jeder Handgriff sitzt. „Es ist wichtig, dass wir jederzeit intervenieren können“, sagt die stellvertretende Pflegedienstleiterin Kaouthar Baltit. Daher seien ausschließlich examinierte Fachkräfte beschäftigt. „Alle verfügen nicht nur über spezielle Ausbildungen, sie bilden sich auch ständig weiter.“ Schließlich entwickele sich gerade auf dem Feld der Beatmungshilfe vieles.
Neben der fachlichen Versorgung ist es für das Pflegeteam ebenso von Bedeutung, den WG-Mitgliedern ein Höchstmaß an Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Privatsphäre zu ermöglichen. Im Falle von Tom Möller heißt das etwa, dass er dann seinen Tag beginnen kann, wenn er das möchte. „Hier muss niemand um eine bestimmte Uhrzeit am Frühstückstisch sitzen, jeder hat seinen individuellen Tagesablauf“, sagt Baltit. Gerne geht Möller einkaufen oder besucht ein Kickers-Spiel. Natürlich immer in Begleitung. „Aber dafür sind wir ja da“, meint Baltit.
Gepaart ist die Individualität jedes Bewohners stets mit hoher Professionalität der Fachkräfte. Bei allem Zusammenleben stehen Pflege und Betreuung im Vordergrund. Dazu gehören etwa reguläre Handlungen wie das Checken der Werte und der Geräte und die entsprechenden Instandhaltungen. Darüber hinaus auch Trainings mit Physio- und Ergotherapeuten. „Dabei sind die Behandlungswege nach ärztlicher Verordnung festgelegt“, betont Neumann-Rosenkranz.
Dabei handelt die Pflegecrew nicht nur nach den neusten Erkenntnissen der Medizin, sondern auch nach den Grundsätzen eines guten Miteinanders. So ist schon die Einarbeitungszeit neuer Kollegen der Regionalleiterin Birgit Becker ein besonderes Anliegen. „Gerade diese Phase ist wichtig, selbst wenn jemand länger braucht und diese Zeit bekommt, dann haben wir am Ende einen guten Mitarbeiter.“
Ein weiteres Standbein, auf dem die Wohngemeinschaft ruht, sind die Angehörigen. „Sie sind ein Teil unseres Miteinanders“, stellt Neumann-Rosenkranz fest. Indes sei der Bedarf für diese Art von Pflege hoch und werde durch eine älter werdende Gesellschaft beständig steigen, hebt Prokuristin Neumann-Rosenkranz hervor. „Entsprechend haben wir viele Anfragen und eine Warteliste.“
Von Barbara Scholze