„Es war anders geplant“: Traditionslokal ist nun Geschichte

In Offenbach hat die nächste Kneipe nach langen Jahren nun geschlossen. Der Inhaber von „Zum Buchhügel“ schwelgt in Erinnerungen und erklärt den Grund.
Offenbach – Das Kneipensterben geht weiter: Am Sonntag war die Gaststätte „Zum Buchhügel“ zum letzten Mal geöffnet, das Traditionslokal schließt nach rund 50 Jahren. Das Ende kam eher still, Wirt Peter Seidel wollte keinen großen Abschied. „Ich habe meine Stammgäste informiert – aber ich wollte mir keine Beileidsbekundungen anhören“, sagt er.
Der gelernte Koch hatte vor 19 Jahren das kleine Lokal übernommen. „Ich hatte zuvor 18 Jahre im Frankfurter Ostend die Marktschänke geführt, aber die wurde für den Umbau der Großmarkthalle abgerissen“, sagt Seidel. Über das Inserat „kleine Kneipe in Offenbach günstig abzugeben“ stieß er auf das Lokal im Lichtenplattenweg. „Der Makler sagte, es sei eine kleine, schnuckelige Rentnerkneipe“, erinnert sich Seidel, „ich habe sie mir angeschaut und gesagt, dass man daraus etwas machen könnte.“ Zuvor habe es ständige Betreiberwechsel gegeben, sagt er, doch mit ihm änderte sich das: 19 Jahre führte er das Lokal. Zunächst mit seiner Frau, seit deren Erkrankung allein. Nur eine Aushilfe stand ihm tageweise zur Seite.
Offenbach: Beliebte Kneipe „Zum Buchhügel“ schließt – Inhaber schwelgt in Erinnerungen
Es war die typische 70er-Jahre-Kneipe: Holz dominiert im Inneren, Fotos und Teller waren zur Zierde an den Wänden. Und natürlich Wimpel der Kickers, denn Seidel ist Kickers-Fan mit Herzblut, wie sich selbst bezeichnet. Nicht nur Fußballfans fanden sich bei ihm ein, auch bei Juristen war „Zum Buchhügel“ beliebt: Richter und Anwälte des Amtsgerichts trafen sich hier regelmäßig zum Skat, denn Seidels Lokal war eines der wenigen, das noch Kartenspiel erlaubte, bei manch anderer Gaststätte ist dies nicht mehr gern gesehen.
Von den Gästen geschätzt seien besonders die Schnitzelgerichte gewesen oder die im Frühjahr sein Spargelangebot. Mit Blick auf die Preise seiner Gerichte nennt sich Seidel den „Aldi unter den Gaststätten“: „Ich wollte immer, dass es bezahlbar für die Gäste bleibt.“
In einer Schublade seiner Theke fand sich auch immer ein Artikel der Offenbach-Post vom Februar 2013: Denn damals versuchten zwei Maskierte, Seidel zu überfallen. Obwohl sie ihn mit Pistolen bedrohten, gelang es ihm, sie verjagen. „Die mussten ohne Beute fliehen“, sagt er.
Wegen Eigentümer-Wechsel: Nächste Kneipe in Offenbach muss schließen – „Das tut weh“
Daraus, dass er sich das Ende seiner Tätigkeit als Wirt anders vorgestellt hat, macht Seidel keinen Hehl: „Ich wollte aus gesundheitlichen Gründen ohnehin aufhören, schließlich werde ich dieses Jahr 73, aber es war anders geplant.“ Ein Eigentümerwechsel des Hauses, das die Gaststätte beherbergt, hat alles verändert: Der neue Eigentümer hat Seidel gekündigt. Durch die Corona-Pandemie hatte Seidel zuvor von einem Fünf-Jahres-Mietvertrag auf einen jährlichen Vertrag gewechselt und so erhielt er die Kündigung. „Ich wollte lieber an einen Nachfolger übergeben, damit die Kneipe erhalten bleibt“, sagt er, „zwei Frauen hatten sich für die Gaststätte interessiert und wir waren uns auch einig, aber durch die Kündigung war das nicht mehr machbar.“
Dass er nun sein Lokal komplett leer räumen muss und „Zum Buchhügel“ verschwindet, sei nicht geplant gewesen. „Ich verliere damit den Abstand und muss alles entsorgen, das tut schon weh“, sagt er. Ob der neue Vermieter dort wieder ein Lokal eröffnen werde, wisse er nicht. Die Henninger-Brauerei wird diese Woche Verschiedenes abholen, andere Einrichtungsgegenstände hat Seidel bereits verkauft. „Den Rest wegzuwerfen und hier alles rauszureißen, das schmerzt – aber ich habe mich damit abgefunden“, sagt er. In Zukunft wolle er sich mehr um seine Gesundheit kümmern und seine Frau pflegen. Die OFC-Wimpel aus seiner Gaststätte aber werden freilich erhalten bleiben – bei ihm zu Hause. (Frank Sommer)
Erst letzte Jahr musste eine Kult-Kneipe in Dreieich-Offenthal für Wohnungen weichen.