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Offenbachs Kämmerer: „Pauschale für Flüchtlinge reicht hinten und vorne nicht“

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Von: Frank Sommer

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Kämmerer in Offenbach warnt: Mehr Unterstützung in der Flüchtlingsfinanzierung nötig.
Kämmerer in Offenbach warnt: Mehr Unterstützung in der Flüchtlingsfinanzierung nötig. © Privat

In Offenbach schadet die galoppierende Inflation der Wirtschaft. Bauprojekte kosten jetzt mehr Geld – und die Stadt muss hunderte Flüchtlinge versorgen.

Offenbach – Die Inflation steigt seit Monaten, der russische Angriffskrieg hat schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft und für neue Flüchtlingsströme gesorgt: Für die kommunalen Haushalte bedeutet dies Herausforderungen. Viele Offenbacher fragen sich, wie die ohnehin nicht mit Geld gesegnete Stadt damit umgeht.

Was die Entwicklung der Gewerbesteuer anbelangt, so kann Kämmerer Martin Wilhelm (SPD) vorerst Entwarnung geben: Diese liegt Stand Ende März bei rund 67,4 Millionen Euro. „Das entspricht ungefähr dem, was wir 2021 auch zu dieser Zeit hatten.“ Es könne aber durchaus sein, dass diese Prognose in den kommenden Monaten korrigiert werden müsse.

Direkte Auswirkungen auf die Offenbacher Unternehmen hätten ein Stopp der Gas- oder Öllieferungen aus Russland nicht – wohl aber könnten sich in zweiter oder dritter Linie Folgen ergeben. „Wir haben keine Stahl- oder Zementwerke, die unmittelbar betroffen wären“, sagt Kämmereileiter Markus Riedl. Noch hätten sich lokale Unternehmen nicht gemeldet, dass sie ihre Gewinnprognosen durch die Energieproblematik nach unten korrigieren müssten.

Problem der galoppierenden Inflation: Offenbach erwartet Extrakosten von einer Million Euro

Problematischer ist da die galoppierende Inflation: Momentan beträgt diese 7,3 Prozent und hat zuvorderst bei den Stadtwerken Auswirkungen in Bereichen des Bus- und des Reinigungsverkehrs. „Nach einer ersten Prognose beschert uns die Inflation Extrakosten von einer Million Euro bei den Geschäftsfeldern OVB und ESO“, sagt Wilhelm. Einen Finanzpuffer, um diese Zusatzkosten aufzufangen, gebe es nicht. Die zusätzliche eine Million Euro im SOH-Haushalt abzufangen, werde herausfordernd. Es könne gut sein, dass die Stadtwerke mit einem schlechteren Ergebnis abschließen werden.

Von den unterschiedlichen Ausgabenfeldern der Stadt seien rund 20 Prozent von der Inflationsentwicklung direkt betroffen. Hier könne erst im weiteren Jahreslauf errechnet werden, wie der städtische Haushalt davon betroffen ist. Im Baugewerbe ist schon seit einigen Jahren eine stetige Steigerung bemerkbar, mehrere Bauprojekte der Stadt – Marktplatz, Kaiserlei, Schulsanierungen – mussten erst kürzlich nach oben korrigiert werden.

Folgen der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine: Offenbach fordert Unterstützung vom Bund

Sehr viel unmittelbarer wirkt sich die Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine auf die Stadt aus, Wilhelm fordert dabei Finanzhilfen von Bund und Land. „Bis Freitag waren rund 600 Ukrainer in Offenbach gemeldet“, sagt er. Bisher erhält jede Kommune eine Pauschale von 1066 Euro pro Flüchtling vom Land – damit müssen Unterhalt, Verpflegung, Gesundheit, Sprachkurse und Eingliederung in den Arbeitsmarkt finanziert werden. „Die Pauschale reicht hinten und vorne nicht“, sagt Wilhelm, „der Satz ist völlig unrealistisch“. Allein dass die Flüchtlinge nicht krankenversichert sind, bedeutet eine erhebliche Belastung. „Es kommt nicht von ungefähr, dass wir als Stadt für Spenden für die Malteser-Notfall-Medizin aufrufen.“

Abhilfe erhoffen sich die Kommunen von den Verhandlungen mit Bund und Land diesen Donnerstag (07.04.2022). Wilhelm hofft, dass sich Regierung und Land auf eine Kostenübernahme einigen, damit die Kommunen nicht allein auf den Kosten sitzen bleiben. (Frank Sommer)

In der Vergangenheit hatte sich Offenbach auf die Ankunft der Flüchtlinge aus der Ukraine vorbereitet.

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