Offenbachs Kämmerer: Steuererhöhung noch nicht vom Tisch

Die Ankündigung, dass der kommunale Finanzausgleich (KFA) für Offenbach 15,5 Millionen Euro geringer ausfällt als erwartet, kam einem Paukenschlag für die Haushaltsplanung des kommenden Jahres gleich. Erschwerend kommt noch hinzu, dass für Umlage für den Landeswohlfahrtsverband tiefer in die Tasche gegriffen werden muss: Um vier Millionen pro Jahr erhöht sich dieser Kostenfaktor. Dazu hatte noch die vorige Tansania-Koalition die Grundsteuer um 100 Punkte gesenkt – nicht wenige sahen darin ein Manöver für den Kommunalwahlkampf.
Offenbach - Statt im „Haben“-Bereich angesiedelt zu sein, rutscht die Haushaltsplanung 2022 tief ins „Soll“. „Mit einem Minus von 44 Millionen Euro brauchen wir den Haushalt erst gar nicht dem Regierungspräsidium zur Genehmigung vorzulegen“, sagt Stadtkämmerer Martin Wilhelm (SPD).
Um doch einen genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen, hat Wilhelm deshalb der Stadt einen strikten Sparkurs verordnet: Sämtliche Wünsche der neuen Ampel-Koalition sind erst einmal auf Eis gelegt. „Wenn man als neue Koalition startet, möchte man gern auch etwas ändern“, sagt er, aber dafür gebe es keinen Spielraum.
Sparen müssen auch die einzelnen Ämter: 11,7 Millionen Euro sind bis 2025 gestrichen. Dafür wurde geschaut, wie viel jedes Amt im Jahr ausgegeben hat und entsprechend sind die Etat-Ansätze geändert. Zwar gibt es einen Anmietungsstopp für neue Büroflächen, da mehr städtische Mitarbeiter in Heimarbeit sind, doch viel Geld ließe sich so kaum einsparen.
600 000 Euro müssen im kommenden Jahr bei den Personalkosten eingespart werden, danach 1,2 Millionen Euro: Lediglich 6,25 Stellen sind 2022 neu vorgesehen für Aufgaben, die gesetzlich unabdingbar sind. Zwar gibt es noch 37,5 weitere neue Stellen, etwa einen Ansprechpartner für eine IT-Hotline für Schulen, doch belasten diese den städtischen Haushalt nicht: Sie werden vom Land finanziert.
Um zehn Millionen Euro sind die Sanierungspauschalen bei Schulen Kitas und Straßen bis 2025 reduziert worden. Wilhelm betont aber, dass das Schulbausanierungsprogramm nicht davon betroffen ist: „Im Schulbausanierungsprogramm können wir kommendes Jahr durch Rücklagen sogar mehr machen als dieses Jahr.“ Dafür aber mussten zwei Straßenbauprojekte abgespeckt werden.
Zwar werden noch Ausgaben im Bereich des Ausländeramtes (1,4 Millionen Euro) und der Kinderbetreuung (4,1 Millionen Euro) überprüft, doch Wilhelm erachtet eine Kürzung als unwahrscheinlich, da die Leistungen für die Stadt essenziell sind. Aus diesem Grund wird auch nicht an der Vereins- und Sportförderung gerüttelt. Auch der Luftreinhalteplan, das Sportstättenentwicklungskonzept und das Zukunftskonzept Innenstadt sind von Kürzungen ausgenommen. Eine Anhebung der Gewerbesteuer stehe nicht zur Diskussion, da dies den Bemühungen um Ansiedlung weiterer Unternehmen im Wege stehen würde.
Mit den genannten Einsparungen wäre der Haushalt genehmigungsfähig, das Minus könnte so von 44 Millionen auf 26 Millionen Euro gedrückt werden. „Die Grundsteuerreduktion um 100 Punkte müssten wir so nicht zurücknehmen“, sagt Wilhelm. Allerdings: Vom Tisch ist sie nicht. Sollten sich nämlich weitere Löcher im Haushalt auftun, Einnahmen wegbrechen oder sich Ausgaben anderweitig erhöhen, bliebe der Stadt nur noch die Anhebung der Grundsteuer als Möglichkeit, Einnahmen zu generieren.
Viel hängt daher von der Steuerschätzung ab, die im November veröffentlicht wird. Und von der Entwicklung der Corona-Lage: Ein weiterer Lockdown mit Einbußen der Wirtschaft würde auch die Haushaltsplanung über den Haufen werfen.
Anfang November will Wilhelm die Haushaltssatzung in die Stadtverordnetenversammlung einbringen, Anfang Dezember soll er beschlossen werden – Spielraum für Wünsche gibt es keinen.
Von Frank Sommer