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Offenbachs Ordnungsdezernent Weiß über Gastro-Lärm und genervte Bürger

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Von: Lena Jochum

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Für einige Offenbacher gehört der Lärm durch benachbarte Clubs und Bars zum Alltag. Immer wieder gibt es Beschwerden. Ordnungsdezernent Paul-Gerhard Weiß betont, dass die Stadtpolizei allen nachgeht.
Für einige Offenbacher gehört der Lärm durch benachbarte Clubs und Bars zum Alltag. Immer wieder gibt es Beschwerden. Ordnungsdezernent Paul-Gerhard Weiß betont, dass die Stadtpolizei allen nachgeht. © DPA

Immer wieder berichten Leser von Lärmbelästigung durch Kneipen, Clubs und Bars, die oftmals nicht in den Griff zu bekommen seien.

Offenbach – Grund genug, einmal bei Ordnungsdezernent Paul-Gerhard Weiß nachzuhaken, warum es so schwierig ist, derlei Problemen Herr zu werden.

Herr Weiß, ist das Thema Kneipen-Lärm ein grundsätzliches Problem in Offenbach?

Das Thema ist in vielen Städten ein Dauerbrenner, besonders im Sommer. Dann lassen manche Gaststättenbetreiber Fenster und Türen geöffnet und regulieren somit die Temperatur in den Räumen, obwohl das so nicht erlaubt ist. Dies kann zu Lärmbelästigungen bei benachbarten Anwohnern führen. Aber auch laute Gäste im öffentlichen Umfeld können stören.

Welche Regeln gibt es für das Betreiben von Bars, Kneipen oder Clubs in innerstädtischen Mischgebieten?

Von dem Gewerbetreibenden sind alle Vorkehrungen zu treffen, dass durch den Betrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit verhindert werden. Sofern Dritte durch Lärm erheblich belästigt werden können, sind Türen, Fenster oder sonstige Schallaustrittsöffnungen grundsätzlich geschlossen zu halten. Das Schließungsgebot für alle Schallaustrittsöffnungen gilt ab 22 Uhr. Bei Außenbewirtschaftung auf öffentlichen Flächen ist ein Sondernutzungsbescheid des Ordnungsamtes erforderlich, auf privater Fläche eine baurechtliche Genehmigung. Die Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung ist meist 22 Uhr, in manchen Bereichen auch 23 Uhr. Dann müssen auch eventuelle Aufräumarbeiten im Außenbereich beendet sein. Musikalische Darbietungen – auch über Tonwiedergabegeräte – sind normalerweise im Außenbereich nicht erlaubt.

Anhand welcher Kriterien wird festgelegt, wie lange ein gastronomischer Betrieb geöffnet sein darf? Und wie werden die Betreiber darüber informiert?

Den Rahmen geben das hessische Gaststättengesetz und die hessische Sperrzeitverordnung vor. Nach der gibt es nur eine Sperrstunde von 5 bis 6 Uhr. Mit einem Auflagenbescheid, den die Betreiber erhalten, begrenzt das Ordnungsamt aber generell die Außenbewirtung und kann bei häufigen Regelverstößen auch weitergehende Einzelregelungen treffen. Ein Gastronom hat sich vor der Betriebseröffnung allerdings auch selbstständig über alle sonstigen Regelungen für den Betrieb einer Gaststätte zu informieren. Selbstverständlich wird der Gaststättenbetreiber von Seiten des Ordnungsamtes bestmöglich unterstützt und Fragen werden beantwortet.

Werden die diesbezüglichen Vorgaben regelmäßig an eventuell geänderte Rahmenbedingungen – etwa neu geschaffenen Wohnraum in unmittelbarer Nachbarschaft – angepasst?

Entscheidend für Genehmigungen ist die Art des Baugebietes in Verbindung mit der TA Lärm. In einem Kerngebiet oder Mischgebiet beispielsweise gilt etwas anderes als in einem allgemeinen oder gar reinen Wohngebiet. Bezieht jemand eine neue Wohnung, kann er nicht damit rechnen, dass ein benachbarter Gaststättenbetrieb deshalb andere Vorgaben erhält, solange sich das Baugebiet nicht rechtlich oder tatsächlich ändert.

Wie wird sichergestellt, dass sich die Betreiber an die Vorgaben halten?

Es finden dauerhafte Kontrollen im gesamten Stadtgebiet statt. Das Ordnungsamt führt selbstständig Kontrollen in Gaststätten, Diskotheken, Shisha-Bars und auch in „normalen“ Speisegaststätten durch. Ebenso finden zahlreiche Kontrollen in Verbindung mit der Landespolizei, dem Zoll, der Lebensmittelüberwachung und dem Bauaufsichtsamt statt. Im Sachgebiet Gaststättenrecht werden vermehrt Shisha-Bars in Augenschein genommen. Besonders die Kontrolle der in den Shisha-Bars geforderten Sicherheitseinrichtungen wie Warngeräte und Lüftungsanlagen stehen hier im besonderen Fokus der Ordnungskräfte.

Welche Handhabe haben Ordnungsamt und Stadtpolizei in solchen Fällen?

Bei Ordnungswidrigkeiten werden entsprechende Verfahren eröffnet. Es ergehen dann je nach Verstoß empfindliche Bußgeldbescheide. Im Hessischen Gaststättengesetz sind Bußgeldhöhen bis zu 10 000 EUR möglich.

„Unsere Ämter lassen die Bürger nicht im Stich“, sagt Paul-Gerhard Weiß.
„Unsere Ämter lassen die Bürger nicht im Stich“, sagt Paul-Gerhard Weiß. © p

Wie erklären Sie sich, dass sich einige Bürger in dieser Hinsicht von den zuständigen Ämtern im Stich gelassen fühlen?

Unsere Ämter lassen die Bürger nicht im Stich. Gerade bei Gaststätten, Diskotheken und Spielhallen wird von Seiten des Ordnungsamtes großer Wert auf einen ordnungsmäßigen, geregelten und legalen Betrieb gelegt und intensiv kontrolliert. Aber nicht für jede Belästigung gibt es eine einfache oder schnell durchsetzbare Lösung. Oft spielt auch Lärm im weiteren Umfeld von Lokalen eine Rolle. Dann handelt es sich um die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für die man nicht das Lokal belangen kann. Aktuelles Beispiel: Es kam es zu einer Vielzahl von Beschwerden von zwei Beschwerdeführern aus einem Gebäude, in dem eine Shisha-Bar beheimatet ist. In fünf Monaten wurden 32 Kontrollen durchgeführt. Dabei konnten keine nennenswerten Störungen aus der Bar selbst festgestellt werden. Die Störungen gingen jeweils von der Straße oder dem Innenhof aus. Dabei handelte es sich auch um Schlägereien oder Hupen.

Wie reagiert die Stadtpolizei auf solche Fälle?

Bei allen Beschwerden, die von Gaststätten ausgehen, wird die Stadtpolizei tätig. Sie überprüft diese und sorgt für sofortige Ruhe. Ebenso werden dann auch entsprechende Dauerkontrollaufträge bei mehrmaligen Lärmbeschwerden angesetzt und durchgeführt. Gerade Lärm wird aber auch subjektiv unterschiedlich wahrgenommen. Manchmal fühlen sich Menschen durch die Belebung, den zugehörigen Verkehr und andere Geräusche belastet, die in dem betreffenden Baugebiet rechtlich nicht zu beanstanden sind.

Was kann seitens der Stadt perspektivisch anders gemacht werden, um solche Spannungen zu vermeiden?

In den beiden Corona-Jahren haben wir die Außenbereiche umfangreicher genehmigt als üblich, damit sich Menschen möglichst außen statt innen aufhalten. Das wollen wir nicht auf Dauer überall so lassen. Die Gastronomen wissen das auch. Und wenn gastronomische Betriebe wiederholt gegen geltendes Recht verstoßen, wird das auch Konsequenzen haben. Aber: Die Stadt verdichtet sich, es wohnen gerade in der City und ihrem Umfeld immer mehr Menschen. Gleichzeitig sind diese Bereiche auch beliebte Orte für Gastronomie und Aufenthalt. Darauf müssen wir uns einstellen: in unserem Verhalten, aber auch den Erwartungen.

Ist es überhaupt möglich, den Bedürfnissen aller gerecht zu werden?

Die Stadt kann nicht alle Interessenkonflikte auflösen und sie kann auch nicht die Gesetze ändern. Es darf aber jeder erwarten, dass geltendes Recht durchgesetzt wird und jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger die benötigte Hilfe und Unterstützung erhält.

Das Interview führte Lena Jochum.

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