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Ein Jahr nach Hausbrand in Bieber: So geht es voran

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Von: Veronika Schade

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Ein Blick auf die größte ausstehende Baustelle im Haus: das Dach. Die Arbeiten werden mit 50 000 Euro veranschlagt.
Ein Blick auf die nach dem Feuer größte ausstehende Baustelle im Haus in Bieber: das Dach. Die Arbeiten werden mit 50 000 Euro veranschlagt. © Schade

Noch immer kein Ende in Sicht: Nachdem ein Feuer das Haus in Bieber bei Offenbach zerstört hat, herrscht dort auch ein Jahr später eine Großbaustelle.

Offenbach – Es ist fast genau ein Jahr vergangen, seit ein Feuer das Haus des Ehepaars O‘Callaghan aus Bieber zerstört hat. Und noch immer ist es weit davon entfernt, bewohnbar zu sein. Es ist zwar wieder so etwas wie Alltag eingekehrt in das Leben der Beiden, doch die Sanierung des Hauses bleibt ein Vorhaben, das die gesamten finanziellen und persönlichen Ressourcen beansprucht.

Es ist der 16. Juni 2021, als im Obergeschoss des Klinkerhäuschens in der Langener Straße 36 beziehungsweise Rathausgasse in Bieber das Feuer ausbricht. Vermutlich war eine Computer-Sicherung im Arbeitszimmer durchgebrannt. Doch genau feststellen kann es die Feuerwehr im Anschluss nicht – zu zerstört sind die Räume, die wegen ihrer historischen Bauweise mit viel Holz und Stroh-Dämmung wie Zunder brennen.

Peter O‘Callaghan ist nicht zu Hause, seine schwer an Osteoporose erkrankte Frau Stephanie kann gerade noch von Nachbarn aus dem Haus gerettet werden. Doch der gesamte Besitz der Beiden ist zerstört, darunter die mehrere tausend Stück umfassende Schallplattensammlung.

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Nachbarn sind es auch, die eine Spendenaktion ins Leben rufen. Denn zu aller Tragik kommt für das Ehepaar aus Bieber hinzu, dass es keine Versicherung hat und somit auf den gesamten Kosten des Feuers sitzen bleibt. Als unsere Zeitung berichtet, spenden Leser mehr als 13 000 Euro auf das Spendenkonto, das die Gemeinde St. Nikolaus zur Verfügung gestellt hat.

Die neuen, denkmalgerechten Fenster sind eingebaut. Diese konnten dank Spenden finanziert werden. Doch ansonsten sind die Spuren des Feuers immer noch allgegenwärtig, das Haus ist längst nicht wieder bewohnbar.
Nach dem Feuer im Haus in Bieber wurden neue Fenster eingebaut – diese wurden durch Spenden finanziert. © Schade

„Ich bin unglaublich dankbar dafür“, betont der gebürtige Bieberer, der den Nachnamen seiner irischen Frau angenommen hat. Das Geld entspricht fast genau der Summe, die er für die neuen Fenster im ersten Stock aufwenden musste: „Der Denkmalschutz hatte da strenge Vorgaben. Es mussten Echtholzfenster sein, mit einem Bogen oben. Das geht nur als Maßanfertigung, und die ist teuer.“

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Die Fenster können sich also wieder sehen lassen, auch wenn die Rußspuren darüber von außen immer noch erkennbar sind. Auch drinnen sind die Spuren von Rauch und Flammen nach wie vor allgegenwärtig. Die Fliesen im Bad sind schwarz, ebenso wie ein alter Kleiderschrank, ein Erbstück von der Großmutter, der ansonsten das Inferno im Nebenzimmer überstanden hat.

Die gesamte Kleidung aber war nach dem Feuer unbrauchbar, musste weggeworfen werden. „Der Geruch geht einfach nicht raus“, sagt Peter O‘Callaghan. Als er seinen Hochzeitsanzug zur Reinigung brachte, habe man dort nach dem dritten Versuch resigniert.

Untergekommen war das Ehepaar zunächst im Hotel, später in einer Übergangswohnung und nun im Haus von Bekannten, wo es zur Miete wohnt. Das zerstörte Zuhause in Bieber lässt keinen finanziellen Freiraum. „Ich bin in einem Alter, wo ich in Rente gehen könnte“, sagt der 66-jährige Rechenzentrums-Techniker. Stattdessen muss er weiter arbeiten, davon jeden Monat zwei Wochen in Rufbereitschaft. Im Haus arbeitet er, wenn Zeit ist und bestenfalls, wenn sich Freunde finden, die helfen.

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Rund 30 000 Euro hat er nach dem Feuer insgesamt schon reingesteckt, davon 15 000 allein für die Entsorgung. Containerweise wurde Schutt rausgeholt. Trennwände mussten raus geschlagen werden. „13, 14 Mal habe ich schon durchgeputzt, und das Wasser war immer noch schwarz vor Ruß“, berichtet er.

Ansonsten sind die Spuren des Feuers immer noch allgegenwärtig, das Haus ist längst nicht wieder bewohnbar.
Die Spuren des Feuers an dem Haus in Bieber sind immer noch allgegenwärtig. © Schade

Doch die größte Baustelle steht noch aus – das klaffende Loch in der teils eingestürzten Decke offenbart den Blick darauf: das Dach. Auch hier sind aus Denkmalgründen nur bestimmte Ziegel vorgeschrieben. Der Zimmermann hat einen Kostenvoranschlag von 50 000 Euro gemacht. „Ich habe noch keine Idee, wie ich das bezahlen soll. Es ist ein Fass ohne Boden“, seufzt O‘Callaghan. Er hofft auf einen Zuschuss vom Landesamt für Denkmalpflege, über den seit fast einem Jahr noch nicht entschieden ist.

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Als Nächstes will O‘Callaghan die Wände verputzen und sich um das Badezimmer kümmern. Das bedeutet: weiter schrubben. „Die kriege ich schon irgendwie sauber, aber neue Armaturen müssen sein. Und die Elektrik im Haus muss auch komplett neu gemacht werden.“

Das Leben verlaufe nach dem Feuer wieder in halbwegs geordneten Bahnen, erzählt er. Auch zum Jahrestag, sagt er mit fester Stimme, schaue er nicht rückwärts. „Nur nach vorne. Es muss weitergehen.“ Sich noch mehr den Kopf zu zerbrechen, ändere nichts. „Man ist abgelenkt durch den Job, die Hunde. Aber man weiß halt, da ist diese Ruine. Da müssen wir durch.“ Nur wenn er das Martinshorn der Feuerwehr hört, bekommt er immer noch Herzrasen. „Das kriege ich wohl nicht mehr weg.“ Doch dass die Ruine eines Tages wieder ein Zuhause wird, daran hält er fest. (Veronika Schade)

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