Hygienewahn oder berechtigte Vorsicht? Keine Ostereier mehr in Offenbacher Kitas

In den Kindergärten in Offenbach werden wegen einer möglichen Salmonellen-Infektionsgefahr keine Ostereier mehr ausgepustet und angemalt.
Offenbach - Es gab Zeiten, da haben sich vor Ostern Kinder mit ihren Kindergärtnerinnen zusammengesetzt, einige Kartons voll Eier genommen, oben und unten ein Loch reingepikst, eine Schüssel bereitgestellt. Und dann wurde kräftig gepustet, bis die Backen rot wurden. Die ausgehöhlten Eier wurden daraufhin an Stäbchen befestigt, bunt angemalt und an Sträucher gehängt, der Eiermatsch in der Schüssel zu Rührei verarbeitet. Nachhaltigkeit gepaart mit Spaß – und keiner hat sich was Schlimmes dabei gedacht.
Diese Zeiten sind vorbei. Es gibt kaum noch Kindergärten, in denen mit echten Hühnereiern hantiert wird, in Offenbach findet sich kein einziger. Man hält sich an die Empfehlung des Gesundheitsamtes. Und dieses warnt vor einer möglichen Infektionsgefahr mit Salmonellenkeimen, weil die Erreger sich auf der Schale des rohen Eis befinden können. „Insbesondere in öffentlichen Einrichtungen wie Kitas muss der Gesundheitsschutz von Kindern und Personal an erster Stelle stehen“, heißt es dazu.
Auch das Deutsche Institut zur Risikobewertung empfiehlt: „Wer sich vor Infektionen mit Durchfallerregern schützen will, sollte auf das Auspusten von rohen Eiern mit dem Mund verzichten. Dies gilt insbesondere für kleine Kinder, weil sie besonders gefährdet sind, nach Aufnahme von Infektionserregern zu erkranken.“ In Einzelfällen können Salmonellen-Infektionen sogar tödlich enden. Eine rechtliche Vorgabe seitens des Landes aber gibt es nicht. „Das obliegt den Trägern der Kinderbetreuungseinrichtungen“, teilt das Hessische Gesundheitsministerium auf Anfrage mit.
Keine Ostereier mehr in Offenbacher Kitas: „Salmonellenkeime sind eine gefährliche Sache“
„Salmonellenkeime sind eine gefährliche Sache, deshalb werden bei uns weder Eier ausgepustet noch angemalt“, sagt Roberto Priore, Leiter des Eigenbetriebs Kindertagesstätten Offenbach. Auch in den elf evangelischen Kitas wird aus hygienischen Gründen darauf verzichtet, bestätigt Diakonie-Sprecherin Susanne Schmidt-Lüer. Andrea Kinski vom Kita-Zweckverband im Bistum Mainz teilt mit, dass das Bistum empfiehlt, Eier bereits ausgeblasen in die Kita zu bringen oder die Eier so auszublasen, dass der Mund nicht die Eierschalen berührt, also mit Hilfsmitteln wie etwa einem Strohhalm. Es werde geraten, Alternativen zu finden, also Eier aus Gips oder Kunststoff zu verwenden oder hart gekochte Eier zu bemalen.
In Offenbachs Kitas wird dies schon lange so praktiziert. „Ich bin seit 14 Jahren hier und kenne es gar nicht anders“, sagt Klaudia Schatton-Pawlak, Leiterin des Kindergartens Heilig Kreuz in Waldheim. Ein ältere Kollegin erinnert sich, wie früher die vorösterliche Zeit im Zeichen des Hühnereis stand. „Wir haben Flohmärkte rund ums Ei veranstaltet, für die wir mit den Kindern und ihren Eltern gebastelt haben.“ Dabei wurden echte Eier genommen. „Für die Kinder war es ein Erlebnis, mit dem Naturmaterial umzugehen. Mit den Eiern aus Kunststoff, Watte oder Styropor haben sie auch Spaß, aber es ist halt anders als das Original.“
Dass die Kinder trotzdem mit den Ostertraditionen vertraut gemacht werden, ist Zara Schuch wichtig, Leiterin der Kita Drachennest der Frei-religiösen Gemeinde: „Wir backen Osterzöpfe, bemalen Plastikeier, kreieren Eier aus Bastelmaterialien und basteln Osterkörbchen.“ Besonders beliebt sei die Osternestsuche, die einen Höhepunkt für die Kinder und die Erwachsenen darstelle.
Offenbach: Veganes Ei-Ersatzpulver zum Backen
Auch EKO-Leiter Priore betont, der Verzicht auf Hühnereier stelle kein Problem dar, die Osterzeit werde trotzdem angemessen gefeiert. „Eier werden auf Papier gemalt, ausgeschnitten, aufgeklebt. Es werden Körbchen gebastelt, künstliche Eier genutzt, Hasengeschichten vorgelesen und vieles mehr.“
Auch zum gemeinsamen Backen dürfen keine Eier mehr verwendet werden, wie Kindergarten-Leiterin Schatton-Pawlak berichtet. Für die Weihnachtsplätzchen musste ein eierfreies Rezept gefunden werden. „Mittlerweile verwenden wir ein veganes Ei-Ersatzpulver.“ Und obwohl sie viele Möglichkeiten zur kreativen Beschäftigung bieten, sind vielerorts auch Eierkartons tabu. Sie könnten nämlich mit potenziell belasteten Eierschalen in Kontakt gekommen sein.
Dass Kinder es durchaus schaffen, notwendige Hygieneregeln gut umzusetzen, davon sind die Erzieherinnen überzeugt: „Das haben sie in der Corona-Zeit bewiesen.“ (Veronika Schade)
Der Bedarf an Kita-Plätzen ist in Offenbach höher als das Angebot an Erziehern. Aber auch mit einem Kita-Platz ist die Betreuung nicht gesichert.