PPP-Projekt: Hätte man’s nur selbst gemacht ...

Dietzenbach/Offenbach - Die Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P&P Treuhand GmbH in Idstein im Auftrag des Landesrechnungshofs beschäftigt sich mit der Vergabe der Schulsanierung und Schulunterhaltung an die Firmen Hochtief und SKE. Von Michael Eschenauer und Christoph Zöllner
Durch diesen bundesweit beachteten Schritt hatte der Kreis Geld sparen wollen. Doch wenn die Prüfung der Experten zutrifft, ist genau das Gegenteil passiert: Man bezahlte viel zu viel - und hätte wohl Millionen gespart, wenn man’s selbst gemacht hätte. Insgesamt gab der Kreis, der mittlerweile Schulden in Höhe von über einer Milliarde Euro aufgetürmt hat, bis Ende 2013 für Sanierung und Unterhaltung seiner Schulen die unglaubliche Summe von 628 Millionen Euro aus. Die beteiligten Unternehmen werden laut P&P Treuhand bis 2019 einen Gewinn von mehr als 120 Millionen Euro einstreichen.
Bescheinigt wird dem Kreis Offenbach ein Mangel an Daten-Transparenz und Akten-Ordnung. Die personelle Ausstattung der Kosten- und Baukontrolle des Projekts beim Kreis sei den Anforderungen nicht angemessen, die Überprüfung lückenhaft gewesen. Immer wieder entsteht der Eindruck, dass die Vertreter der Kreisbehörden die Komplexität der Angelegenheit und die Ausgebufftheit der Vertragspartner auf vielen Feldern unterschätzt haben. Kardinaler Fehler war nach Einschätzung der Prüfer, die die Unterlagen der Kreisbehörden im Sommer 2014 mehrere Tage lang durchforsteten, die falsche Einschätzung der tatsächlichen Kosten, die die Vergabe der Schulunterhaltung an Fremdfirmen mit sich bringen würde. Gleichzeitig - ein weiterer schwerer Fehler - wurden jene Faktoren ignoriert, die die finanzielle Belastung bei einer Übernahme der Aufgaben durch die Kreisbehörden gesenkt hätten.
Jahreskosten für PPP von 95,1 Millionen Euro
Am Ende steht das Ergebnis, dass die Kosten der PPP-Verträge mit zuletzt 82,8 Millionen Euro pro Jahr deutlich über der Summe lagen, die in den Beschlussvorlagen für den Kreistag im Jahre 2004 aufgeführt wurde, nämlich 52,1 Millionen Euro pro Jahr. Die Gutachter prognostizieren bis zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs tatsächliche Jahreskosten für PPP von 95,1 Millionen Euro. „Der Kreis Offenbach kann sich dies bei der gegebenen Haushaltslage und Verschuldung nicht leisten“, so das Fazit. Es sei zwar angesichts der oft nicht nachvollziehbaren Berechnungen und der mangelhaften Datengrundlage nicht möglich, zweifelsfrei festzustellen, ob das PPP-Modell oder die Übernahme der Schulbewirtschaftung durch den Kreis kostengünstiger gewesen wäre, so die Autoren der Prüfstudie. Dennoch erspart man den Verantwortlichen im Kreishaus nicht die Feststellung, es spreche einiges dafür, dass die Eigenerledigung wesentlich kostengünstiger ausgefallen wäre. Der frühere Landrat Peter Walter (CDU) hatte allerdings stets angegeben, dass die Kosten um 18,5 Prozent höher gelegen hätten, wäre der Kreis in Eigenregie tätig geworden.
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Grundlegend bei der Entscheidung, die Unterhaltung der Schulen an Privatunternehmen zu vergeben, war der Kostenvergleich. Ein großer Fehler wurde beim Posten Energieeinsparung gemacht. Es finden sich in beiden Verträgen keine Klauseln, die dafür sorgen, dass für den Kreis positive Auswirkungen von energiesparenden Sanierungen berücksichtigt werden. Die Gutachter stellen fest, dass die vertraglichen Regelungen hier ausschließlich die PPP-Firmen begünstigt hätten. Denn Preissteigerungen im Bereich Energie wurden diesen über die Wertsicherungsklausel vergütet. Und ein Minderverbrauch schonte ebenfalls die Firmenkassen. Insgesamt sei davon auszugehen, dass in den Jahren von 2004 bis 2019 Energie in Höhe von 23 Millionen Euro eingespart werde. Diese Summe sei bei der Berechnung der Kosten für eine Eigenerledigung der Schulverwaltung gar nicht als kostenmindernd berücksichtigt worden.
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Auch die Einsparungen bei der Umsatzsteuer bei Eigenübernahme seien unberücksichtigt geblieben. Bei den angeblichen Einsparungen von Verwaltungskosten durch die Fremdvergabe machen die Prüfer nicht mit: Die für das Los Ost kalkulierten Einspareffekte - für Los West fehlt dies völlig - in Höhe von 15,9 Millionen Euro seien nicht nachvollziehbar beziehungsweise sehr zweifelhaft. Beim Vergleich Fremdvergabe/Eigenerledigung sei ferner die Überlegung weggefallen, dass man bei Letzterer von Konjunkturprogrammen hätte profitieren können. Fehler wurden auch bei der Ermittlung der jährlichen Kosten des PPP-Konzepts gemacht. So gehe man im 2004 prognostizierten Kostenverlauf von jährlichen Fixkosten in Höhe von 27,4 Millionen Euro für Los Ost und 24,6 Millionen Euro für Los West aus. Dies war aber falsch. Es ergeben sich - kaum überraschend - wegen allgemeiner Preissteigerungen und mengenmäßiger Veränderungen bei den durch Hochtief und SKE erbrachten Leistungen deutlich höhere Kosten bei PPP. Bei Los Ost im Jahre 2013 waren es 39,9 Millionen Euro, bei Los West waren es im gleichen Jahr 34,2 Millionen Euro.
Hinzu kommen, so die Gutachter, weitere Kostensteigerungen in Höhe von 64,1 Millionen Euro durch Controlling, Zinsausgaben für erforderliche Kredite, Vertragsabwicklungen und Rückstellungen für eine anhängige Klage. All dies sei bei der Ermittlung der PPP-Kosten vernachlässigt worden. Auf diese Weise gelangen die Prüfer zu dem eingangs erwähnten Wert von 82,8 Millionen Euro an tatsächlichen Kosten.