Rechner-Abwärme heizt Wohnungen

Im 175. Jahr ihres Bestehens entwickelt sich das Betriebsgelände der Energieversorgung Offenbach AG (EVO) mehr und mehr zu einem High-Tech-Campus. In den nächsten zwei Jahren soll auf dem Areal am Offenbacher Nordring ein weiteres Rechenzentrum entstehen. Es wäre das Dritte auf dem Gelände.
Offenbach - Das Besondere am neuen Projekt: Die Abwärme aus dem Rechenzentrum soll in das Fernwärmenetz der EVO eingespeist werden. „Das Abwärme-Projekt ist ein Baustein unseres Klimaschutzpakets für Stadt und Kreis Offenbach, mit dem wir die Klimawende in der Region vorantreiben“, berichtete Vorstandsvorsitzender Christoph Meier gestern bei der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens.
Das Rechenzentrum wird vom EVO-Partner Vantage Data Centers errichtet, der auf dem Campus bereits seit rund zwei Jahren das Rechenzentrum Main DC 1 betreibt. Dessen nachträglicher Anschluss ans Fernwärmenetz sei wegen des technischen und finanziellen Aufwands nicht vorgesehen, so Christoph Meier.
Baubeginn für das neue Rechenzentrum soll in diesem Frühjahr sein. Die Vorarbeiten haben im Januar begonnen – unter anderem müssen zwei Gebäude abgerissen werden. Der erste Teil des Data-Centers solle im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2024 in Betrieb gehen. Die EVO will die Abwärme mit Hilfe von Wärmetauschern und einer Wärmepumpe in ihr Fernwärmenetz einspeisen. In dieses Projekt investiert der Versorger einen gestern nicht näher bezifferten Millionenbetrag. „Die verfügbare Wärmemenge im Endausbau entspricht rund neun Megawatt. Das sorgt rein rechnerisch in mehr als 1200 Drei-Personen-Haushalten für warmes Wasser und warme Heizkörper“, sagte Meier weiter. Für diese Wärme müsse keine Kohle, kein Erdgas und kein Erdöl mehr verbrannt werden.
Meier bezeichnete das Konzept als ein „Leuchtturmprojekt“, in das viel Arbeit und viele gute Ideen eingeflossen seien. Mit dem Partner Vantage und im konstruktiven Austausch mit der Lokalen Agenda 21 habe die EVO alles unternommen, um das Rechenzentrum so ökologisch und effizient wie momentan möglich zu gestalten. Die Lokale Agenda lobt denn auch, „die EVO geht damit konsequent neue nachhaltige Wege“.
Für den Bau des neuen Komplexes, so Meier weiter habe nicht nur die gute Lage des EVO-Geländes inmitten des Rhein-Main-Gebiets gesprochen, sondern auch die unmittelbare Nähe zu einem der wichtigsten Internetknoten namens DE-CIX in Frankfurt. „In Luftlinie sind wir nur rund 800 Meter davon entfernt“, sagte der Vorstandschef. Damit sei die schnelle Anbindung des Rechenzentrums an die weltweiten Datenströme sichergestellt. Zugleich biete die zentrale Lage inmitten eines engmaschigen Stromnetzes mit dem EVO-Umspannwerk in seinem Zentrum die bestmöglich sichere und zuverlässige Versorgung der Datenserver mit der notwendigen elektrischen Energie.
Wie der Vorstandsvorsitzende weiter berichtete, haben Vantage und die EVO ihre Zusammenarbeit kürzlich neu geordnet. Das neue Rechenzentrum werde von Vantage allein betrieben und vermarktet. „Wir kümmern uns dafür um alle Fragen rund um das Thema Energie, die für Rechenzentren immer wichtiger werden“, so Meier hervor. Zugleich habe die EVO ihre Geschäftsanteile am Rechenzentrum Main DC 1 an Vantage verkauft. Die damit verbundenen Erlöse, über deren Höhe die Partner Stillschweigen vereinbart haben, sollen nach Angaben des Energiemanagers der Finanzierung zwingend notwendiger Investitionen in die nachhaltige Energieversorgung von Stadt und Kreis Offenbach dienen. Meier: „Unter anderem sollen die Mittel in den Ausbau unseres Hochspannungsnetzes und in die zukünftige ökologische Wärmeversorgung der Stadt Offenbach fließen.“
Von Matthias Dahmer