Reduzierte Betreuungszeiten in einem Drittel der Offenbacher Kitas

Der Fachkräftemangel im Erziehungswesen sorgt dafür, dass ein Drittel der städtischen Kitas in Offenbach nur reduzierte Betreuungszeiten anbieten können.
Offenbach – Dass Fachkräftemangel in Deutschland herrscht, ist kein Geheimnis. Auch Erzieherinnen werden händeringend gesucht – zwar hat jedes Kind ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, doch gibt es schlicht nicht genug Fachpersonal. In Offenbach hatte sich jüngst eine Mutter an unsere Zeitung gewandt, da sie wieder arbeiten gehen möchte, die städtische Kita, die ihre Tochter besucht, jedoch nur „Notbetreuung“ mit reduzierten Zeiten anbietet.
Ein Einzelfall ist dies sicher nicht. Im Gespräch mit unserer Zeitung räumt Roberto Priore, Leiter des Eigenbetriebs Kindertagesstätten Offenbach (EKO), ein, dass ein Drittel der städtischen Einrichtungen mit eingeschränkten Betreuungszeiten arbeiten muss.
Teilweise nur maximal sechs Stunden Betreuung
Vor fünf Jahren hat die Stadt in den EKO-Kitas die maximale Betreuungszeit von 8,5 auf 10 Stunden erhöht, doch in einem Drittel der Kitas ist es momentan nicht möglich, diese anzubieten. Vereinzelt können sogar nur sechs Stunden angeboten werden. „Dass das für die Eltern eine Belastung darstellt, ist keine Frage“, sagt er. Allerdings: Lediglich 15 Prozent der Eltern haben die zehnstündige Betreuung gebucht.
Bedingt ist die Einschränkung der Betreuungszeiten durch den Fachkräftemangel, es fehlt an Erzieherinnen. Laut Bertelsmann-Stiftung fehlen in diesem Jahr in Hessen 10 700 Fachkräfte in Kitas, bis 2030 sogar 25 000.
Zeitarbeitskräfte können Mangel nicht kompensieren
In Offenbach gibt es 93 Kitas, davon 29 vom EKO. Die Finanzierung dieser Einrichtungen stellt mit 47 Millionen Euro den größten Haushaltsposten dar. 6500 Kinder (U3 wie Ü3) werden in Offenbach in Kitas betreut, vom EKO 3150. Zwar werden beständig neue Plätze geschaffen, doch fehlt es weiter an qualifizierten Mitarbeitern. Zudem hätten einige Angestellte während der Corona-Pandemie ihre Arbeitszeiten verringert und seien noch nicht zu den vorigen Zeiten zurückgekehrt. Dazu kämen noch Krankheitsfälle, sagt Priore.
„Wir schauen schon, dass wir bei Krankheitsfällen Personal aus benachbarten Kitas holen oder mit Zeitarbeitskräften arbeiten, aber das funktioniert nicht immer“, sagt die stellvertretende EKO-Leiterin Annette Gork.
Hilfskräfte ersetzen rechtlich keine Erzieherinnen
Aus rechtlichen wie versicherungstechnischen Gründen muss ein bestimmter Personalschlüssel eingehalten werden: Dass eine Fachkraft eine Gruppe von sechs Kindern allein betreut, ist rechtlich nicht möglich. „Wenn ein Kind auf Toilette begleitet werden muss, wären die übrigen allein“, sagt sie, „das Kinderförderungsgesetz gibt den Einrichtungen einen Schlüssel für Fachkräfte vor, den können wir nicht unterschreiten.“ Bei Engpässen werde daher versucht, vor allem die Kernzeiten der Betreuung abzudecken und mit Eltern wie Elternbeirat das Gespräch zu suchen.
Den Vorstoß des Landes, die Hürden für die Anforderungen für den Erzieher-Beruf zu ändern, sei prinzipiell richtig, sagt die zuständige Dezernentin, Bürgermeisterin Sabine Groß. In Offenbach werde auch schon auf Mitarbeiter, die die Erzieherinnen unterstützen, zurückgegriffen. Allerdings dürfen diese keine Gruppen leiten, spielen für den Fachkräfteschlüssel somit keine Rolle.
EKO wirbt mit Paten um neue Fachkräfte
„Wir müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen einhalten“, betont Gork. Den Unmut mancher Eltern, weshalb eine bestimmte Kita die Zeiten einschränkt, obwohl der Zahl nach genügend Personen vorhanden seien, kann sie nachvollziehen. Doch es komme eben auf die Zahl der qualifizierten Fachkräfte an.
Diese zu erhöhen, sei oberstes Ziel, sagt Groß. Offenbach sei dabei ein guter Arbeitgeber für potenzielle Auszubildende: Für Neuanfänger beim EKO gibt es Paten zur besseren Einarbeitung, eine Willkommensmappe mit praktischen Tipps wird gerade erarbeitet, mit Jobticket, Jahressonderzahlung und Leistungsentgelt sei die Bezahlung attraktiv. Für ausländische Bewerber gibt es zudem Sprachkurse.
Ein von Eltern kritisiertes Ärgernis verspricht die Stadt zu beseitigen: Die Internetauftritte der Kitas sollen demnächst nicht nur die prinzipiell mögliche Betreuungszeit anzeigen, sondern auch jeweils die aktuell eingeschränkten.
Von Frank Sommer